Von Manuel Matt
Meistens nur bis zur Zwölf hinauf – und dann mit Vorliebe auch nur die Eins, Vier und Fünf: Dass Blues-Musiker derart zu zählen pflegen, liegt natürlich nicht an einer genreübergreifenden Rechenschwäche. Sondern weil’s halt einfach Tradition ist, die Sache mit Tonika, Subdominante und Dominante im Zwölf-Takt-Schema, garniert mit ein paar blauen Tönchen zwischen kleiner und großer Terz, verminderter und reiner Quinte. So in Stein gemeißelt ist das aber längst nicht mehr. Wär’ auch wurscht, weil die Mojo Blues Band eh nicht so wirkt, als ob sie sich irgendetwas vorschreiben lassen würde. Maximal vielleicht von A.C. Reeds oder Jo Ann Kelly, die sich mit den Wiener Bluesbrüdern in der Vergangenheit hin und wieder die Bühne teilen durften. Aber nur vielleicht, denn wer derart viele Eigenbau-Klassiker fabriziert hat, die selbst ein Muddy Waters wohl nicht ungern geschrieben hätte, muss sich wirklich nichts sagen lassen. Um genau das zu singen, was raus muss – und sei’s die Retourjause am nächsten Morgen, was zumindest für ein paar Tage den Schnapsladen um die Ecke meiden lässt. So, wie Erik Trauner solch’ universelle Erfahrungen dem Publikum verkauft, ist ihm fast alles zu verzeihen: Selbst das Anbringen eines Fender-Gurts an seiner Gibson-335er. Einzige Ausnahme wäre, wenn er denn nicht endlich aus seinem Mundharmonika-Holster zieht. Den gesanglichen Hauptpart übernimmt dann Siggi Fassl, dem Chuck Berry auch gitarrentechnisch gewiss nicht mehr viel beibringen könnte. Für ausgerenkte Unterkiefer sorgt Charlie Furthner: Vor lauter Staunen über sein Klavierspiel, das olympische Hüften wackeln lässt. Am Schlagzeug hält’s Didi Mattersberger eher mit den Hindus: Weil Shiva mit unendlich vielen Gliedmaßen im Einklang – und Herfried Knapp, der kann nur Ninja sein. Wegen den flotten Jutsus am Bass. Vielleicht ist’s aber nur eine sehr eigentümliche Art, bis zwölf zu zählen.
So gut, dass es fast schon wie Hexerei wirkt: Charlie Furthner (Piano & Gesang), Didi Mattersberger (Schlagzeug) und Herfried Knapp am Bass (v.l.) RS-Fotos: Grüneis