Dicke Luft in Oetz
Infoabend zum geplanten Hotelprojekt offenbart tiefe Gräben
10. Juni 2025 | von
Benjamin Hofer

Hotelier Sigurd Kleon (am Mikrofon) und Bürgermeister Hansjörg Falkner stellen sich der Diskussion. Foto: Hofer
Von Benjamin Hofer
Seit über zwei Jahrzehnten fristet das ehemalige Hotel Berghof im Ortsteil Schrofen ein stilles Dasein – eine stumme Erinnerung an vergangene Blütezeiten, die inmitten der eindrucksvollen Landschaft eher von Vergänglichkeit als von Aufbruch kündet. Nun jedoch regt sich neues Leben. Der örtliche Unternehmer Sigurd Kleon plant an eben jener Stelle eine umfassende Neuentwicklung: ein Hotelprojekt, das dem Ort wirtschaftlichen Schwung verleihen soll. Ursprünglich war eine weitläufige Anlage mit 300 Betten vorgesehen, doch nach Gesprächen mit Gemeindevertretern wurde die Kapazität schließlich auf 150 Betten reduziert. Ende März erteilte der Gemeinderat mehrheitlich die Genehmigung – gegen die Stimmen der Opposition. Bürgermeister Hansjörg Falkner spricht von einer Chance für Oetz, denn in der geplanten Anlage sieht er nicht nur eine infrastrukturelle Aufwertung, sondern auch eine kulinarische Bereicherung für die Einheimischen sowie zusätzliche Kommunalsteuereinnahmen. Ein Impuls, der der lokalen Wirtschaft neue Perspektiven eröffnen könne. Doch der verheißungsvolle Entwurf birgt auch Schatten. Über 500 Unterschriften haben Anrainer:innen gemeinsam mit der oppositionellen Liste „Oetzer Zukunft“ gesammelt. Ihr Vorwurf: Das Projekt sei überdimensioniert, ökologisch fragwürdig und untergrabe demokratische Grundsätze.
Befriedigungsbemühen. In Reaktion auf die zahlreichen Unterschriften lud Bürgermeister Falkner zu einem eigens anberaumten Informationsabend im Saal EZ, flankiert von Projektinitiator und Venter Hotelier Sigurd Kleon, Architekt Dietmar Rossman und Raumplaner Andreas Mark, um den Schulterschluss mit den Bürgern zu suchen. Ziel war es, Transparenz zu schaffen, offene Fragen zu beantworten und womöglich die erhitzten Gemüter zu besänftigen. Dabei wurden der Planungsverlauf, die vorgenommenen Anpassungen sowie die maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen umfassend dargelegt. Besonders betonten die Initiatoren die bereits erzielten Kompromisse: So sei die Bettenan-zahl halbiert, die Erschließung erfolge über eine neue Zufahrt direkt von der Landesstraße und die Architektur solle sich harmonisch in die Landschaft einfügen – mit naturbelassenen Holzfassaden, klarem Glas ohne Spiegelung, dezenten Naturtönen und begrünten Dächern. Außerdem soll eine strenge Zweckwidmung verhindern, dass das Areal später als Wohnbaufläche lukrativ umgewidmet werde. Besonderes Augenmerk richtete der Bürgermeister auf den Vorwurf der Verkehrsbelastung – eigentlich, so seine Argumentation, werde der Ortsteil Schrofen durch die neue Zufahrt sogar entlastet. Temporäre und einspurige Sperrungen während der Bauphase seien unvermeidlich, eine dauerhafte Totalsperre der Kühtai-Landesstraße jedoch sei, so Falkner, „völlig an den Haaren herbeigezogen“. Die angespannte Wasserversorgungslage, so räumte er ein, ist sanierungsbedürftig – allerdings unabhängig vom Projekt. Außerdem könnten die aus der Umwidmung erzielten Einnahmen von bis zu 750.000 Euro hierbei einen Beitrag leisten.
Dimension als Zankapfel. Die anschließende Diskussion offenbarte verschiedene Ebenen des Konflikts – ein Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit, sozialer Verantwortung, demokratischer Beteiligung und der Sorge um das vertraute Ortsbild. Investor Kleon betonte mehrfach die ökonomischen Zwänge des Projekts: „Auf der wirtschaftlichen Seite sind die 150 Betten eigentlich die unterste Grenze.“ Die Baukosten, die Auflagen für Personalwohnungen und Infrastruktur ließen kleinere Projekte schlicht unrentabel erscheinen. Doch für viele Anwesende wog der drohende Verlust des vertrauten Landschaftsbildes schwerer. Ein Bürger erhob sich von seinem Sessel und warf aufgewühlt ein: „Mit diesem Großprojekt hat man es geschafft, das Erscheinungsbild des Schrofens nachhaltig zu zerstören.“ Zwar verwiesen die Planer auf Maßnahmen zur optischen Entschärfung – etwa die intensiven Abtragungen und unterirdischen Gebäudekomplexe, welche zur Reduktion der Bauhöhe führen, doch blieb die Sorge um die landschaftliche Integrität omnipräsent. Hinzu kamen soziale Bedenken – kritisch wurden auch die niedrigen Kollektivvertragslöhne im Gastgewerbe betrachtet: „Der KV-Lohn eines Kochs liegt bei 1.725 Euro netto. Diese Löhne sind ein Witz.“ Gleichzeitig wachse der Druck auf den Wohnungsmarkt. Einheimische würden, so der aufgebrachte Anrainer, zunehmend verdrängt, während Arbeitskräfte vermehrt aus dem Ausland angeworben werden müssten. Schließlich entzündete sich die Debatte auch an der Frage der demokratischen Legitimation. Während die Gemeinde betonte, der Planungsprozess sei transparent und offen geführt worden, forderten Kritiker eine substanziellere Einbindung: „Man sollte jetzt wirklich hinsetzen, mit den Anrainern reden und das Projekt so anpassen, dass es für den Ort passt.“
Ein Abend, zwei Fronten. Die hitzige Auseinandersetzung offenbart einmal mehr die Gratwanderung, vor der viele alpine Gemeinden stehen: Zwischen touristischer Expansion und dem Erhalt gewachsener Strukturen, zwischen ökonomischer Vernunft und identitären Ängsten, zwischen kommunalen Einnahmeerwartungen und der Skepsis der Anrainer. Die Bemühungen um Transparenz und der Versuch, den Sorgen der Bevölkerung Gehör zu schenken, könnten ein erster Schritt zur Verständigung gewesen sein – ob dies jedoch reicht, um die aufgeheizte Stimmung nachhaltig zu beruhigen, bleibt abzuwarten.
Seit über zwei Jahrzehnten fristet das ehemalige Hotel Berghof im Ortsteil Schrofen ein stilles Dasein – eine stumme Erinnerung an vergangene Blütezeiten, die inmitten der eindrucksvollen Landschaft eher von Vergänglichkeit als von Aufbruch kündet. Nun jedoch regt sich neues Leben. Der örtliche Unternehmer Sigurd Kleon plant an eben jener Stelle eine umfassende Neuentwicklung: ein Hotelprojekt, das dem Ort wirtschaftlichen Schwung verleihen soll. Ursprünglich war eine weitläufige Anlage mit 300 Betten vorgesehen, doch nach Gesprächen mit Gemeindevertretern wurde die Kapazität schließlich auf 150 Betten reduziert. Ende März erteilte der Gemeinderat mehrheitlich die Genehmigung – gegen die Stimmen der Opposition. Bürgermeister Hansjörg Falkner spricht von einer Chance für Oetz, denn in der geplanten Anlage sieht er nicht nur eine infrastrukturelle Aufwertung, sondern auch eine kulinarische Bereicherung für die Einheimischen sowie zusätzliche Kommunalsteuereinnahmen. Ein Impuls, der der lokalen Wirtschaft neue Perspektiven eröffnen könne. Doch der verheißungsvolle Entwurf birgt auch Schatten. Über 500 Unterschriften haben Anrainer:innen gemeinsam mit der oppositionellen Liste „Oetzer Zukunft“ gesammelt. Ihr Vorwurf: Das Projekt sei überdimensioniert, ökologisch fragwürdig und untergrabe demokratische Grundsätze.
Befriedigungsbemühen. In Reaktion auf die zahlreichen Unterschriften lud Bürgermeister Falkner zu einem eigens anberaumten Informationsabend im Saal EZ, flankiert von Projektinitiator und Venter Hotelier Sigurd Kleon, Architekt Dietmar Rossman und Raumplaner Andreas Mark, um den Schulterschluss mit den Bürgern zu suchen. Ziel war es, Transparenz zu schaffen, offene Fragen zu beantworten und womöglich die erhitzten Gemüter zu besänftigen. Dabei wurden der Planungsverlauf, die vorgenommenen Anpassungen sowie die maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen umfassend dargelegt. Besonders betonten die Initiatoren die bereits erzielten Kompromisse: So sei die Bettenan-zahl halbiert, die Erschließung erfolge über eine neue Zufahrt direkt von der Landesstraße und die Architektur solle sich harmonisch in die Landschaft einfügen – mit naturbelassenen Holzfassaden, klarem Glas ohne Spiegelung, dezenten Naturtönen und begrünten Dächern. Außerdem soll eine strenge Zweckwidmung verhindern, dass das Areal später als Wohnbaufläche lukrativ umgewidmet werde. Besonderes Augenmerk richtete der Bürgermeister auf den Vorwurf der Verkehrsbelastung – eigentlich, so seine Argumentation, werde der Ortsteil Schrofen durch die neue Zufahrt sogar entlastet. Temporäre und einspurige Sperrungen während der Bauphase seien unvermeidlich, eine dauerhafte Totalsperre der Kühtai-Landesstraße jedoch sei, so Falkner, „völlig an den Haaren herbeigezogen“. Die angespannte Wasserversorgungslage, so räumte er ein, ist sanierungsbedürftig – allerdings unabhängig vom Projekt. Außerdem könnten die aus der Umwidmung erzielten Einnahmen von bis zu 750.000 Euro hierbei einen Beitrag leisten.
Dimension als Zankapfel. Die anschließende Diskussion offenbarte verschiedene Ebenen des Konflikts – ein Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit, sozialer Verantwortung, demokratischer Beteiligung und der Sorge um das vertraute Ortsbild. Investor Kleon betonte mehrfach die ökonomischen Zwänge des Projekts: „Auf der wirtschaftlichen Seite sind die 150 Betten eigentlich die unterste Grenze.“ Die Baukosten, die Auflagen für Personalwohnungen und Infrastruktur ließen kleinere Projekte schlicht unrentabel erscheinen. Doch für viele Anwesende wog der drohende Verlust des vertrauten Landschaftsbildes schwerer. Ein Bürger erhob sich von seinem Sessel und warf aufgewühlt ein: „Mit diesem Großprojekt hat man es geschafft, das Erscheinungsbild des Schrofens nachhaltig zu zerstören.“ Zwar verwiesen die Planer auf Maßnahmen zur optischen Entschärfung – etwa die intensiven Abtragungen und unterirdischen Gebäudekomplexe, welche zur Reduktion der Bauhöhe führen, doch blieb die Sorge um die landschaftliche Integrität omnipräsent. Hinzu kamen soziale Bedenken – kritisch wurden auch die niedrigen Kollektivvertragslöhne im Gastgewerbe betrachtet: „Der KV-Lohn eines Kochs liegt bei 1.725 Euro netto. Diese Löhne sind ein Witz.“ Gleichzeitig wachse der Druck auf den Wohnungsmarkt. Einheimische würden, so der aufgebrachte Anrainer, zunehmend verdrängt, während Arbeitskräfte vermehrt aus dem Ausland angeworben werden müssten. Schließlich entzündete sich die Debatte auch an der Frage der demokratischen Legitimation. Während die Gemeinde betonte, der Planungsprozess sei transparent und offen geführt worden, forderten Kritiker eine substanziellere Einbindung: „Man sollte jetzt wirklich hinsetzen, mit den Anrainern reden und das Projekt so anpassen, dass es für den Ort passt.“
Ein Abend, zwei Fronten. Die hitzige Auseinandersetzung offenbart einmal mehr die Gratwanderung, vor der viele alpine Gemeinden stehen: Zwischen touristischer Expansion und dem Erhalt gewachsener Strukturen, zwischen ökonomischer Vernunft und identitären Ängsten, zwischen kommunalen Einnahmeerwartungen und der Skepsis der Anrainer. Die Bemühungen um Transparenz und der Versuch, den Sorgen der Bevölkerung Gehör zu schenken, könnten ein erster Schritt zur Verständigung gewesen sein – ob dies jedoch reicht, um die aufgeheizte Stimmung nachhaltig zu beruhigen, bleibt abzuwarten.