Von Martin Grüneis
Betreffend der Mitglieder verzeichnete das Tiroler Lebensmittelgewerbe in den vergangenen zehn Jahren einen Anstieg von 15,6 Prozent (469 auf 542). Von ihren wirtschaftlichen Aktivitäten profitieren nicht nur sie selbst, sondern die gesamte Tiroler Wirtschaft, wie die aktuelle Wertschöpfungsanalyse zeigt. Die Tiroler Lebensmittelgewerbe tragen demnach 512,9 Millionen Euro zur Tiroler Wertschöpfung und 657,1 Millionen Euro zum Tiroler Bruttoregionalprodukt bei. Damit einher geht ein Beschäftigungseffekt in Höhe von 6319 Personen (Vollzeitäquivalenten) sowie ein Einkommenseffekt von 272,4 Millionen Euro jährlich. „Die Zahlen untermauern unseren wichtigen Stellenwert in Tirol. Die Ergebnisse unserer Leistungen spürt das ganze Land“, erklärt WK-Innungsmeister Georg Schuler. Diese breiten Auswirkungen ergeben sich aus der direkten Nachfrage nach Produkten der Lebensmittelgewerbe und aus den Leistungen der Zulieferer und Vorleistungserbringer. Zudem berücksichtigte die Studie all die Einkommen, die direkt und indirekt entstehen und zum großen Teil wieder für Konsum ausgegeben werden.
MEHR MITARBEITER IN METZGEREIEN, WENIGER IN KONDITOREIEN. Die Zahl der Beschäftigten in den vier Berufsgruppen stieg von 2012 bis 2022 um 8,5 Prozent auf 4007. Die größten Zuwächse verzeichnen die Metzger mit einem Plus von 29,5 Prozent und die Nahrungs- und Genussmittelbetriebe mit 22,9 Prozent. Bei den Konditoren gab es in den letzten zehn Jahren einen Rückgang um 31 Prozent und bei den Bäckern um 1,2 Prozent. „Der Rückgang bei den Konditorinnen und Konditoren ist dabei im Wesentlichen auf den Zeitraum 2018 bis 2020 zurückzuführen. Inwieweit dieser Rückgang der Pandemie geschuldet ist, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen“, informiert Stefan Jenewein von der GAW.
STEUERN UND ABGABEN. Von den Aktivitäten der Unternehmen der Tiroler Lebensmittelgewerbe profitieren auch die öffentlichen Haushalte. Das Aufkommen aus Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen belaufe sich auf 409,8 Millionen Euro pro Jahr und bestehe zu einem überwiegenden Teil aus Lohn-, Einkommens- und Körperschaftsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen (inkl. Lohnnebenkosten) sowie der Umsatzsteuer. Von 2010 bis 2020 seien die Umsätze der gewerblichen Lebensmittelproduzenten zwar auf 589,2 Millionen Euro gestiegen, inflationsbereinigt stünde aber ein Umsatzverlust von 12,9 Prozent zu Buche. „Die Teuerung erfasst unsere Betriebe wie eine Lawine. Wir können die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise nicht 1:1 an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben“, erklärt Georg Schuler und ergänzt: „Entwickelt sich der Umsatz so weiter, dann werden die negativen Auswirkungen alle Tirolerinnen und Tiroler spüren.“ So würde die Studie belegen, dass in diesem Fall die Wirtschaftsleistung in Tirol um 72,5 Millionen Euro zurückgeht und 588 Vollzeitarbeitsplätze im Land verloren gehen. „Somit würden in Tirol jährlich 26,6 Millionen Euro an Einkommen verloren gehen“, so Stefan Jenewein. Im Rahmen der Studie wurde auch die Stimmung unter den Mitgliedsbetrieben mittels Fragebogen und Interviews abgefragt. Demnach ist mehr als die Hälfte der Mitglieder vom Fachkräftemangel in einem sehr starken bzw. existenzbedrohenden Ausmaß betroffen, bei den Metzgern sind es sogar 84,2 Prozent. Außerdem sind 70,2 Prozent der Unternehmen von den hohen Energiekosten sowie 68,4 Prozent von der allgemeinen Teuerung in einem sehr starken bzw. existenzbedrohenden Ausmaß betroffen.
FÖRDERUNGEN. Die Wirtschaftskammer Tirol fordert daher umgehende Reformen seitens der Bundes- und Landespolitik. „Der Energiekostenzuschuss 2 muss dringend umgesetzt werden. Seit November 2022 gibt es nur Ankündigungen und keine Planungssicherheit. Und bleiben die Energiepreise auf dem hohen Level, braucht es noch einen zusätzlichen Bonus für unsere Mitglieder“, fordert WK-Innungsmeister-Stellvertreter Gerd Jonak. Im Sinne der Gleichbehandlung solle der neue TIWAG Landwirtschaftsbonus zu einem Wirtschaftsbonus erweitert werden, der auch gewerblichen Betrieben zur Verfügung steht. „Weiters muss die Nahversorgerprämie den realen Gegebenheiten angepasst werden“, erklärt Jonak. Aktuell gibt es nur eine Förderung, wenn in der Standortgemeinde die Nahversorgung gefährdet ist. „Die Prämie muss für alle Mitglieder der Tiroler Lebensmittelgewerbe gelten, unabhängig von der örtlichen Nahversorgerstruktur. Ist die Versorgung im Ort bereits gefährdet, dann ist es zu spät“, appelliert der WK-Innungsmeister-Stellvertreter. Einer langjährigen Forderung verleihen die Tiroler Lebensmittelgewerbe nun Nachdruck: Alle öffentlichen Einrichtungen sollten motiviert und befähigt werden, Produkte der heimischen Metzgereien, Bäckereien, Konditoreien und Nahrungs- und Genussmittelbetriebe zu beziehen.