Bischof Hermann Glettler stellt im „Kårrnerwaldele“ aus
Kunst ist Freude und Kontemplation. Kunst regt an und auf, differenziert und verbindet. Kunst erklärt und stellt Fragen – erklärt Bischof Hermann Glettler in Graf.
Von Alois Pircher
Kunst spielt im Leben von Hermann Glettler schon lange eine wichtige Rolle. Der Bischof absolvierte neben seiner Ausbildung als Theologe und Religionspädagoge auch ein Studium der Kunstgeschichte. Nebenbei besuchte er als außerordentlicher Hörer an der Kunstakademie Stuttgart Kurse bei Prof. Rudolf Schoofs. Wichtige Künstler und künstlerische Wegbegleiter waren und sind der deutsche Maler, Grafiker und Bildhauer Max Beckmann, der Tiroler Maler Max Weiler und der Südtiroler Künstler Walter Pichler, dem er sich in seiner Diplomarbeit intensiv widmete. Er sei zwar bildender Künstler, der Musik und der Literatur könne man aber selbstverständlich die gleichen Eigenschaften zusprechen, stellt der Bischof fest.
EIN BERGBAUERNBUA – BISCHOF – KÜNSTLER. Auf einem Bergbauernhof nördlich von Graz geboren, wurde Glettler sowohl von der Stille und Abgeschiedenheit seiner näheren Heimat wie auch von der städtischen Umgebung seiner Schul- und Studienzeit maßgeblich beeinflusst. Seine Kaplanjahre verbrachte er an der Peripherie und an Brennpunkten der Steiermark. Im obersteirischen Industriegebiet mit großen strukturellen Problemen und Abwanderung junger Menschen wie auch in der Südsteiermark, einem alten Grenzland. In einem Sabbatjahr in Paris lernte er eine lebendige Stadtkirche kennen, aber auch, wie Kirche ihre Mission in einer Umgebung, die stark von Migration und dem Zusammentreffen vieler Religionen geprägt ist, leben kann. Zurück in Graz, übernahm er eine stark multikulturelle Gemeinde. Er öffnete als Kunstvermittler seine Kirchen für die Kunst und setzte sowohl politische wie auch soziale Zeichen. Die Barmherzigkeit Jesu war seine Botschaft. Prozessionen und künstlerisches einladendes Auftreten der Kirche wurden zum wahrgenommenen Ausdruck einer offenen Kirche. Die Kunst holte die Gläubigen ab, lud zum Dialog ein und verhalf auch zur Hilfe im sozialen Bereich. Barmherzigkeit wurde nicht nur gebetet, sondern auch gelebt. Es gelang Pfarrer Glettler sein Bild der Nächstenliebe auch auf viele Gläubige zu übertragen.
DIE FREMDE GESTALT. Eigentlich wollte er keine Ausstellung mit seiner Kunst, so der Bischof, Gerald Kurdoglu Nitsche sei aber so lästig gewesen. Glettlers Befürchtung war, der Betrachter suche nur die Botschaft des Bischofs und nicht die Intention des Künstlers. Er habe mit möglichst wenigen Materialien, improvisierend, dem zeitlichen Stress geschuldet, gearbeitet. Nicht die künstlerische Perfektion war erstrebt, sondern die Einladung zur Betrachtung, zum Nachdenken. Die häufig vorkommenden Scheiben (Kreise) stehen zum einen für die perfekte geometrische Figur. Die Kreise erzeugen aber auch ein(e) Drehung(moment), ermöglichen ein Verstecken, schaffen einen Freiraum und erinnern vielleicht auch an die Eucharistie, meint Glettler mit einem Augenzwinkern. Thema des Werkzyklus mit 25 Bildern ist die „fremde Gestalt“, womit der Bischof auf sein vor zwei Jahren gemeinsam mit seinem Freund Psychiater Michael Lehofer geschriebenes Buch über einen unbekannten Jesus Bezug nimmt. Ein echter Glettler für 700 Euro. Hier kommt wieder die soziale Komponente seiner Kunst zu tragen. Der gesamte Reinerlös des Verkaufs kommt der heurigen Haussammlung der Tiroler Caritas zugute. Der Bischof war als Bischofsvikar in Graz für die Caritas verantwortlich – so ist ihm diese kirchliche Organisation ein besonderes Anliegen. Er hoffe, möglichst viele seiner Bilder, am besten alle, finden einen Käufer. Denn die Not ist, wenn auch häufig schamhaft versteckt, auch bei uns noch allgegenwärtig. Und in der Fastenzeit sei es durchaus angebracht mit ärmeren Mitmenschen zu teilen, schloss Bischof Hermann Glettler.
Die Ausstellung ist noch bis 11. April im „Atelier im Kårrnerwaldele“ in Grins-Graf zugänglich, zu „jeder Tages- und Nachtzeit“ (06766130098). Galerist Gerald Kudoglu Nitsche versichert, keine Galerieprozente zu nehmen, vielmehr lade er zu Galeriepromille ein.
Werkzyklus „die fremde Gestalt“ von Bischof Hermann RS-Foto: Pircher
Werkzyklus „die fremde Gestalt“ von Bischof Hermann RS-Foto: Pircher
Werkzyklus „die fremde Gestalt“ von Bischof Hermann RS-Foto: Pircher
Werkzyklus „die fremde Gestalt“ von Bischof Hermann RS-Foto: Pircher
Bischof Hermann, LT-Präsident Toni Mattle und der Zammer Pfarrer und Künstler Herbert Traxl RS-Foto: Pircher
Viele interessierte Besucher RS-Foto: Pircher