Von Daniel Haueis
Die Kriterien für die Vergabe von Wohnungskrediten wurden verschärft – von den Banken müssen nun 20 Prozent Eigenmittel verlangt werden, zudem darf die Rückzahlungsrate höchstens 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens betragen. Das vermindert die Nachfrage nach Krediten für den Hausbau oder Wohnungskauf auch im Bezirk Landeck: Es gab „deutlich weniger Kreditanfragen bei den stationär im Bezirk Landeck tätigen Banken“, berichtet Dir. Roger Klimek, MBA, Mitglied des Bezirksausschusses der Wirtschaftskammer Landeck – Sparte Bank und Versicherung und Vorstandsvorsitzender-Stellvertreter der Raiffeisenbank Oberland-Reutte eGen. Wenn es derzeit zu einer Absage kommt, dann meist aufgrund fehlender Eigenmittel. Bisher gab es erst wenige Kreditablehnungen aufgrund der neuen Verordnung, das liege aber weniger daran, dass die Verordnung „doch nicht so streng ist“, als an der deutlich gesunkenen Zahl der Kreditanfragen.
GEFAHR DER ALTERSARMUT. So kann man aber auch in eine Zwickmühle geraten: Kredit für den Wohnungskauf gibt es keinen, die Wohnungsmiete aber ist teurer als die Kreditrückzahlung gewesen wäre. Man kann sich also kein Eigentum schaffen, muss aber dennoch mehr Geld fürs Wohnen ausgeben. „Diese Zwickmühle gab es bereits vor der neuen Verordnung“, analysiert Roger Klimek. Steigende Zinsen (noch auf einem niedrigen Niveau im langjährigen Vergleich), stark gestiegene Preise für Wohneigentum, die generelle Teuerung und das sich derzeit wieder verringernde Angebot an neu geplanten Wohnbauprojekten und die zusätzlichen Restriktionen der Verordnung für nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien (KIM-VO) werden diese Zwickmühle aber extrem verschärfen. „Die Folge kann Altersarmut für all diejenigen bedeuten, die nicht auf eine starke finanzielle Unterstützung durch die Familie hoffen können“, hat der Finanzfachmann keine guten Nachrichten.
ÜBERARBEITUNG GEFORDERT. Die Grundidee der Verordnung war u.a. Menschen vor Überschuldung zu schützen (was die Banken im Bezirk ohnehin tun). Die Verordnung wurde aber zu einem Zeitpunkt konstruiert, als Zinssteigerungen, Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg-Folgen, Teuerung u.a. nicht absehbar waren. Daher verhindere sie unter den derzeitigen Rahmenbedingungen eher den Zugang zu Eigentum als vor Überschuldung zu schützen – siehe Kästchen „Beispiele für nicht genehmigbare Kredite“. „Die Forderung nach einer Überarbeitung der KIM-VO ist bereits von mehreren Seiten gefordert und wird meines Erachtens auch kommen müssen“, sagt Klimek. Verschärfen aber nicht schon die nun wieder steigenden Zinsen die Situation im Bereich Immobilienfinanzierung? „Die stationären Banken in unserer Region haben auch in der Niedrigstzinsphase stets bei der Kreditvergabe auch steigende Zinsen in der Beurteilung der Rückzahlungsfähigkeit berücksichtigt“, weiß Roger Klimek. Darum werde es durch die jüngsten und noch bevorstehenden Zinssteigerungen keine am Markt spürbaren Immobilienverwertungen bei Privatpersonen geben. Klar ist aber auch: Der Spielraum des frei verfügbaren Einkommens werde deutlich geringer werden.
Beispiele nicht genehmigbarer Kredite
(dgh) Banken haben auch gewisse Ausnahmekontingente, über die noch der Großteil der Finanzierungswünsche abgewickelt werden konnte. Wenn diese erschöpft sind, sind diese Kredite aber nicht mehr umsetzbar. Ein Beispiel eines dann abzulehnenden Kredites: Ein 25-Jähriger mit einem Verdienst von 2.500 Euro und Eigenmittel in Höhe von 10.000 Euro (die für die Einrichtung verwendet werden) möchte eine gebrauchte Garconniere mit 30 m2 um 130.000 Euro kaufen. Die Rückzahlungsrate beträgt 505,62 Euro – also wohl ähnlich viel wie die Miete dieser Garconniere kos-tet. Dieser Kredit wird nicht gewährt. Der junge Mann müsste also ähnlich viel Geld ausgeben und weiterhin mieten, während er beim Kauf Eigentum erwerben würde. Aber auch andere haben Schwierigkeiten: Wer etwa eine Wohnung um 400.000 Euro verkaufen will, noch 100.000 Euro an Kredit offen hat und sich ein neues Objekt um 500.000 Euro kaufen will, hat Schwierigkeiten, eine Zwischenfinanzierung zu bekommen, denn: Eigenmittel, die durch den Verkauf eingesetzt werden können, können nicht beim Kauf der neuen Immobilie angesetzt werden. „Somit besteht bei diesem Beispiel bei dem Kunden eine Finanzierung von 100.000 Euro und es sollen weitere 500.000 Euro finanziert werden. Das geht bei den wenigsten. Hier ist die Verordnung dringendst anzupassen, denn das ist widersinnig“, sagt Klimek.
Kreditvergaberichtlinien im Fokus von LH Mattle
(ahai) LH Anton Mattle nutzte die Landeshauptleutekonferenz, um sich für die Erleichterung bei Kredit-Vorgaben einzusetzen und deren Dringlichkeit aufzuzeigen: „Besonders junge Menschen sollten durch die Schaffung von Eigentum auf eine gute Zukunft bauen können – mit den bestehenden Kreditvorgaben wird ihnen diese aber verbaut“, erklärt LH Mattle. Vor allem die benötigten Eigenmittel in Höhe von 20 Prozent des Kaufpreises mache es jungen Menschen „schier unmöglich, sich etwas Eigenes zu schaffen“. Gleichzeitig sei es nicht nachvollziehbar, dass Zwischenfinanzierungen in den aktuellen Kreditvergaberichtlinien der Finanzmarktaufsicht keine Beachtung fänden. So ist es beispielsweise derzeit nicht möglich, dass beim Kauf einer neuen Wohnung eine bereits im Eigentum befindliche Wohnung erst dann als Eigenmittel angerechnet wird, wenn sie veräußert wurde. Die zeitliche Finanzierungslücke wird trotz bestehendem Immobilien-Vermögen nicht gefüllt. „Es braucht Erleichterungen … Ansonsten braucht es eine Anpassung der Verordnung, um auch in Form des in Tirol vorgesehenen Eigenmittelersatzdarlehens junge Menschen bei der Schaffung von Wohnungseigentum zu unterstützen. Wir müssen uns weiterhin dafür einsetzen, dass Menschen, die sich Eigentum in unserem Land aufbauen wollen, dies auch können“, so Mattle. Dabei handelt es sich auch um eine Forderung vonseiten der Tiroler Landesregierung, die im Regierungsprogramm verankert ist: „Wir stehen zu unserem Wort und setzen uns massiv dafür ein, dass der Mindestanteil für Eigenmittel gesenkt wird und beispielsweise Landesdarlehen, die zinsfrei angeboten werden, oder die Wohnbauförderung als Eigenmittel anerkannt werden. Damit wird der Eigentumserwerb unterstützt“, so LH Mattle abschließend.