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„Es ist sehr traurig“

Linz Textil Landeck: Betrieb in der letzten industriellen Spinnerei Österreichs eingestellt

Diese Woche wurde die Produktion von Baumwollgarn in der Spinnerei Landeck eingestellt. Nach mehr als 120 Jahren schließt eine Fabrik, die einst bis zu 800 Arbeitsplätze geboten hat.
21. März 2023 | von Daniel Haueis
„Es ist sehr traurig“
​​​​​​​Die Baumwolle, wie sie in der Landecker Fabrik ankam und gereinigt wurde, und … RS-Foto: Archiv
Von Daniel Haueis

Es ist ein Kapitel österreichische Industriegeschichte, das in Landeck diese Woche beendet wird: Die Spinnerei Landeck stellt die Produktion ein. 1901 vom Schweizer Industriellen Johannes Paravicini gegründet, war sie angeblich die erste Fabrik in Europa mit elektrischen Zwirn- und Spinnmaschinen – der Strom kam damals aus dem Kraftwerk Wiesberg (das nun in Besitz der Donau Chemie ist). Und dieser elektrische Strom ist es, der das Ende der Fabrik in Land­eck besiegelt hat: Die Linz Textil, die seit 1994 im Besitz der Fabrik in Bruggen ist, war angesichts der gestiegenen Energiekosten „chancenlos gegen Mitbewerber“, wie Mag. Friedrich Schopf erklärt. Der Vorstand der Linz Textil Holding AG und Geschäftsführer der Linz Textil GmbH kann nur bedauern: „Es ist sehr traurig, … aber die hohen Energiekosten haben zur Schließung geführt.“ So endet mit dem ehemaligen „Vorzeigebetrieb“ (Schopf) auch die Textilindustrie in Landeck, die Spinnerei bot zu den besten Zeiten bis zu 800 Arbeitsplätze.

LAGER ENDE APRIL LEER. Die Linz Textil hat einen Sozialplan ausgearbeitet, der 375.000 Euro für die rund 70 verbliebenen Mitarbeiter vorgesehen hat, es gab auch ein Jobangebot eines Bludenzer Unternehmens an die Linz-Textil-Mitarbeiter in Landeck. Wie viele dieses angenommen haben, kann Mag. Schopf nicht sagen. Der Sozialplan sei jedenfalls „im guten Einvernehmen mit dem Betriebsrat“ verhandelt worden. „Ich kann bestätigen, dass die Verhandlungen sehr gut verlaufen sind“, sagt Ursula Berger von der ProGe-Gewerkschaft. Es sei für die Betroffenen sehr schmerzhaft, da viele bereits seit Jahrzehnten im Betrieb beschäftigt sind. Einen finanziell adäquaten Arbeitsplatz zu finden, sei nicht so leicht. „Viele Kolleg:innen haben Zukunftsängste und Sorge, das Leben nicht mehr finanzieren zu können. Die Teuerungswelle macht dies nicht einfacher“, so Berger. Der Sozialplan federe die Situation ab. Lob gibt es von Friedrich Schopf für die Mitarbeiter, die Anfang dieser Woche die letzten Baumwollfäden gesponnen haben: „Sie haben alles korrekt erledigt“, so Schopf. Die Maschinen stehen also schon still, das Lager wird bis Ende April leer sein – bis dahin ist das gesamte produzierte Garn ausgeliefert.

INTERESSE AN MASCHINEN. „Es gibt ein reges Interesse an den Anlagen, verkauft sind sie aber noch nicht“, sagt der Vorstand über die Maschinen in Landeck. Wie er bereits vorhergesagt hat, kommen die Kauf­interessenten vielfach aus Übersee – Garn industriell zu spinnen, ist in Europa aufgrund der Wettbewerbssituation kaum mehr möglich. Zuletzt gab es aber auch Anfragen aus der Türkei: Beim Erdbeben wurde auch Spinnerei-Equipment zerstört, für den Wiederaufbau kämen die modernen Maschinen aus der Fabrik in Bruggen gerade recht.



Einige Interessenten

Ein innovativer Unternehmer-Campus?

Die Immobilien in Landeck will die Linz Textil weiterhin vermieten: „Es gibt laufend Gespräche mit Interessenten“, sagt Friedrich Schopf, Namen nennt er vor Abschluss aber keine. Für die rund 40000 Quadratmeter interessiert sich aber auch die Stadtgemeinde. „Wir haben unsere Intention und den dringenden Wunsch geäußert, dass auf dem Areal möglichst viele Arbeitsplätze entstehen sollen. Die Firma hat mir versichert, dass dies auch in ihrem Interesse liegt“, erklärt Bgm. Herbert Mayer. Der Stadtchef ist bereits seit Bekanntwerden der Schließungspläne mit der Linz Textil in Verbindung – die Stadt hat ihr Kaufinteresse deponiert, respektiert aber natürlich die Vermietungspläne der Firma. Wirtschaftslandesrat Mario Gerber ist in die künftige Nutzung des Standorts eingebunden: „Für den Wirtschafts- und Lebensraum Landeck ist das auch eine große Chance. Ich habe dem Bürgermeister die volle Unterstützung seitens des Landes zugesichert“, sagt Gerber. Ähnlich wie in Wattens könnten auch in Bruggen Start-Ups angesiedelt werden und würde so ein innovativer Unternehmer-Campus möglich. LR Gerber hat eine entsprechende Prüfung bei der Standort­agentur Tirol in Auftrag gegeben. „Ich denke, eine Vermittlung und Unterstützung durch die Standortagentur Tirol könnte hier für die Linz Textil sehr hilfreich sein“, meint Bgm. Mayer.
„Es ist sehr traurig“
… sie, zu Garn gesponnen, wieder verließ. Diese Woche aber endete die Produktion nach mehr als 120 Jahren. RS-Foto: Archiv

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