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Schlägt Kaisers jetzt alternativen Weg ein?

4. Feber 2020 | von Sabine Schretter
Schlägt Kaisers jetzt alternativen Weg ein?
Beim Reduktionsgatter am Holzrinner im Kaisertal scheiden sich die Geister. Bgm. Lorenz unterbreitete einen alternativen Vorschlag. Foto: Lorenz

Land hält an vereinbarter Vorgehensweise fest. Bgm. Norbert Lorenz für alternative Methoden in der Tbc-Bekämpfung 


In Kaisers kehrt keine Ruhe ein. Weil die vorgeschriebene Abschusszahl von 58 Stück Rotwild jagdlich nicht erfüllt werden konnte, sollen die fehlenden 20 Stück in einem Reduktionsgatter erlegt werden (die RUNDSCHAU berichtete). Die hohe Abschussquote ist im Rahmen der Tbc-Bekämpfung notwendig. Norbert Lorenz, Bürgermeister in Kaisers, sieht das Wild leiden und setzt sich für alternative Methoden der Seuchenbekämpfung ein. 

Von Sabine Schretter

Aufgrund des Gerichtsurteils dürften dem Jagdausübungsberechtigten (Jagdpächter Dr. Gert Forschner) und seinem in der Gemeindejagd angestellten Berufsjäger (Jagdaufsichtsorgan Johannes Holzknecht) die Rotwildabschussanordnungen derzeit nicht auferlegt werden. Dieser Gerichtsbeschluss ist für Bgm. Lorenz der Angelpunkt, darauf sei die ganze Diskussion zurückzuführen. „Der Jagdpächter Dr. Gert Forschner und der Berufsjäger stellten sich gegen die Abschussquote von 58 Stück, und darum geht es. Der Jagdpächter erklärte, dass diese Quote nicht bewältigbar sei und die Jagd vernichten würde. Der Pächter will natürlich eine attraktive Jagd mit ausreichend Wild“, erklärte Bgm. Norbert Lorenz im Telefonat mit der RUNDSCHAU. 
Alternativ ansetzen.

Der Gemeindechef von Kaisers hat einiges unternommen, um die Gatterjagd zu verhindern. So bot er an, mit Unterstützung den Reduktionsabschuss von 58 Stück Rotwild zu erfüllen. Einer anfänglichen Zustimmung durch den Landesveterinärdirektor Dr. Josef Kössler und Amtstierarzt Dr. Johannes Fritz folgte dann doch die Errichtung des Reduktionsgatters bei der „Holzrinner-Rotwildfütterung“ im Kaisertal. „Für mich ist alles ein Machtkampf der Landesveterinärbehörde gegen die Jägerschaft“, ist Bgm. Lorenz überzeugt. Kaisers müsse auch deshalb reduzieren, da das Mycobacterium caprae (Tbc) auch im  Stanzertal, im benachbarten Bezirk Landeck, festgestellt worden war. Das Stanzertaler Wild habe sich beim Wild aus Kaisers angesteckt und damit sei die Reduktion gerechtfertigt. „Wenn die Seuche sicher mit der Reduktion gestoppt werden kann, ist der Gedanke ja nicht falsch, dennoch sollten auch alternative Methoden der Bekämpfung Beachtung finden“, so Norbert Lorenz.

In einem Brief an die Bezirkshauptmannschaft Reutte stellte er zudem fest, dass sich die Pläne der Veterinärbehörde, die fehlenden 20 Stück Rotwild in einem Wildgatter tierschonend zu erlegen, nicht so wie geplant umsetzen ließen. Jetzt würden die Behörden den Druck erhöhen – und das alles zu Lasten des leidenden Wildes. Das Wild gerate immer mehr unter Stress und meide das Gatter. Hungernde Tiere holen nun ihr Futter aus dem Wald, was Forstschäden nach sich zieht. 

Seit drei Jahren ist beim landwirtschaftlichen Nutzvieh im oberen Lechtal kein einziger Tbc-Fall aufgetreten. Beim Wild ist eine Durchseuchungsrate von 2,8 Prozent festzuhalten. Angesichts dieser Tatsachen unterbreitete Bgm. Lorenz auch als Grundstückseigentümervertreter der Gemeinde Kaisers den Vorschlag, das Reduktionsgatter am Holzrinner im Jagdjahr 2020 stehenzulassen. Rechnet man die noch fehlenden 20 Stück Rotwild mit den fünf Stück Zuwachs zu der „Gutachterlichen Einschätzung“ vom gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Helmut Neubacher, (11. November 2019) dazu, kommt man auf einen Gesamtabschuss (25 + 35) von 60 bis 65 Stück Rotwild im Jagdjahr 2020/21. Dieser Abschuss sei von den Jägern zu leisten. Wenn dann am 15. Dezember 2020 Bilanz gezogen wird, kann im Notfall zeitgerecht das Reduktionsgatter aktiviert werden. Norbert Lorenz informierte abschließend über eine Veranstaltung am 30. Jänner in Elbigenalp, wo über alternative Methoden der Tbc-Bekämpfung gesprochen wurde.

Stellungnahme Land Tirol. Auf Nachfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Reutte, ließ BH Katharian Rumpf der Redaktion die offizielle Stellungnahme des Landes zukommen, in der es lautet: „Nachdem die Abschussanordnungen in Kaisers über Jahre hinweg nur sehr mangelhaft und in einem für die Seuchenbekämpfung unzureichenden Ausmaß erfüllt wurden, hat das Landesverwaltungsgericht sogenannte Ersatzmaßnahmen zur Erfüllung der Abschussvorschreibungen angeordnet. Aufgrund dieses Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts ist es schon allein aus rechtlichen Gründen nicht möglich, in der Tbc-Bekämpfung zur Tagesordnung überzugehen. Vor diesem Hintergrund wird auch das Vorbringen des Bürgermeisters eingehend geprüft. Bis auf Weiteres wird die mit allen Beteiligten vereinbarte Vorgangsweise beibehalten.“ Gegenüber der RUNDSCHAU betonte BH Rumpf, dass es etliche sehr konstruktive Gespräche mit Bgm. Norbert Lorenz gegeben habe. Es gibt aber eben das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtshofes, das umzusetzen sei. Bgm. Norbert Lorenz hofft indes auf die Realisierung seines Vorschlags.

Am Donnerstag, dem 30. Jänner, fand in Elbigenalp eine Informationsveranstaltung zum Thema alternative Methoden der Seuchenbekämpfung statt. Günter Blum von der Keshe-Foundation, einer gemeinnützigen Stiftung, die durch selbst entwickelte neue Technologien den Weltfrieden sichern will, berichtete von einem wissenschaftlichen Versuch, infizierte Tiere mit speziell aufbereitetem ionisierten Wasser zu heilen. Bei kranken Tieren, die dieses Wasser trinken, soll der Erreger Mycobacterium caprae ausgeschwemmt werden. Er sucht jetzt um einen Termin bei Landesvetrinär Dr. Josef Kössler an, um diesem den Sachverhalt darzustellen. Bgm. Norbert Lorenz steht diesem alternativen Ansatz sehr positiv gegenüber und erklärt im Gespräch mit der RUNDSCHAU: „Im Zillertal sind aktuell drei infizierte landwirtschaftliche Nutztiere bekannt. Nutztiere befinden sich im Stall, man könnte diese Methode gut an ihnen testen. Allerdings müssen da alle mit der Situation Befassten mitspielen.“ Für eine Testung an Wildtieren müsste die Wasserstelle bei einer Fütterung eisfrei gehalten werden. „Dazu braucht es ein Gerät, das aus China angefordert werden muss. Bis das Gerät da ist, dauert es bis April“, erklärt Norbert Lorenz. Diese Methode anzuwenden, ist mit Kosten verbunden. „Ich denke, dass wir da schon einen unserer Jagdpächter gewinnen könnten“, so Kaisers Bürgermeister und schließt ab: „Als Grundeigentümer hoffen wir sehr, dass wir möglichst schnell auch beim Rotwild aus dem Seuchengesetz raus und wieder ins Jagdgesetz kommen.“ Ob die alternative Methode in Kaisers zum Einsatz kommt, hängt jetzt davon ab, ob es ein Gespräch mit dem Landesveterinär geben wird. 

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