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Uni auf Distanz – neu und ungewohnt

7. April 2020 | von Sabine Schretter
Uni auf Distanz – neu und ungewohnt
Fernlehre ist derzeit an der Tagesordnung. Einige Außerferner Studenten berichten über ihre Erfahrungen damit. Foto: Pixabay

Aber die Außerferner Studenten lassen sich nicht hängen


Seit 10. März finden an den österreichischen Universitäten und Fachhochschulen keine Lehrveranstaltungen mehr statt. Auch alle Bibliotheken und Universitätssportstätten sind geschlossen. Lediglich der notwendige Forschungsbetrieb läuft auch während der Corona-Krise weiter.

Plötzlich ging alles sehr schnell. Kaum hatte das Sommersemester im März begonnen, endete es abrupt. Die Corona-Krise nahm Österreich immer mehr in Beschlag und als eine der ersten Maßnahmen wurden zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus die Universitäten und Fachhochschulen geschlossen – und das wird bis 30. April so bleiben. Die RUNDSCHAU fragte bei einigen Außerferner Studenten nach, wie sie diese Situation erleben. „Es passierte mehr oder weniger mitten während einer Vorlesung“, schildert Olivia S., Publizistikstudentin in Wien. „Plötzlich hielt der Professor inne und sagte, dass dies wohl für einige Zeit die letzte Live-Vorlesung wäre.“ Alle Universitäten des Landes stellten mit sofortiger Wirkung ihren Präsenzlehrbetrieb auf Fernlehre ein. Logistisch und in der praktischen Umsetzung eine Herausforderung für alle Beteiligten. Als sukzessive auch das öffentliche Leben an den Studienorten zurückgefahren wurde, traten viele Studenten, so auch die Befragten, die Heimreise an. Es geht nun längst nicht mehr nur darum, sich auch Distanzlehrveranstaltungen einzustellen. Viele Studenten arbeiten neben ihrem Studium, haben sich für Praktika oder Ferialjobs während der Sommerferien angemeldet. Auch die Frage, ob die erforderlichen Leistungspunkte ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) erreicht werden können, belastet. Außerferner Studenten wohnen größtenteils zur Miete an ihren Studienorten. Semestertickets wurden bereits bezahlt, ebenso die Studiengebühren. Dann kommen auch finanzielle Sorgen auf.
Zukunftsgedanken.

Wie geht es nun den Außerferner Studenten in ihren „Fronturlauben“? Nicht alle konnten befragt werden, aber es wurden mittels Fragebogen Meinungen von Studierenden verschiedener Studienrichtungen und Universitäten erhoben. Sie alle beschäftigt ein gemeinsamer Gedanke, nämlich: „Werde ich mein Studium rechtzeitig wieder aufnehmen können, ohne zu viel Studienzeit zu verlieren?“ Wie ein roter Faden zieht sich durch die Fragebögen, dass Universitäten und Professoren sehr bemüht sind, einen Lehrbetrieb auf Distanz aufrechtzuerhalten und den Studenten ihr Weiterarbeiten auch zu Hause zu ermöglichen. Geht es um reine Vorlesungen, funktioniert das recht gut. Streaming, PowerPoints und mp4-Dateien stehen zur Verfügung – allerdings nicht in allen Fächern. Für Medizinstudenten der höheren Semester gibt es große Probleme, erzählt die davon betroffene Lena K.. Die meisten Professoren sind Ärzte und derzeit mit weitaus schwerwiegenderen Problemen beschäftigt. Klinische Praktika fallen komplett aus, müssen oft als Famulaturen abgearbeitet werden. Zwar kann man sich als „klinische Assistenz“ zum freiwilligen Helfen an der Klinik zur Verfügung stellen, was als Famulatur angerechnet wird. Ob aber jeder auch die Chance bekommt, ist eine andere Frage. Auch Laborpraktika, wie sie zum Beispiel Pharmaziestudenten absolvieren müssen, finden nicht statt. An der Uni Innsbruck bemühen sich die Professoren, über Videos und mit Folien eine Art virtuelles Labor zu ermöglichen. Wie dann die praktische Prüfung aussehen soll, verursacht aber bei so manchem Kopfzerbrechen. „Ich würde eine Verlängerung des Sommersemesters in die Ferien hinein in Kauf nehmen, wenn sich dadurch mein Studienverlauf nicht verzögern würde“, sagt Agnes K., Pharmaziestudentin in Innsbruck. Victoria S. studiert Erziehungswissenschaften und Philosophie in Innsbruck. „Ich habe in diesem Semester mit einen Universitätslehrgang für Psychotherapie begonnen, der sehr viel Geld kostet. Darauf habe ich mich sehr gefreut, leider ist jetzt alles gestoppt und ich hoffe, dass ich die Kosten ersetzt bekomme, denn ob ich im Sommer meinen Ferialjob antreten kann, ist auch noch nicht sicher.“ Nicole C. ist an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien eingeschrieben und ärgert sich, dass in ihrem Fach „Lebensmittel- und Biotechnologie“ die Fernlehre nicht besonders gut klappt. „Viele Prüfungen werden einfach nur verschoben, anstatt sie online abzuhalten. Gerade die BOKU hätte alle technischen Möglichkeiten, einen Fernlehrebetrieb durchzuführen.“
Der Austausch fehlt.

Was mit der Zeit immer mehr an den Nerven zerrt ist, dass ein regulärer Universitätsbetrieb und ein regelmäßiger persönlicher Austausch mit Studienkollegen und Professoren derzeit nicht stattfinden kann, aber wichtig für Motivation und Studienerfolg ist. „Zu Hause habe ich meine gewohnten Arbeitsplatz nicht, mir fehlen die Bibliotheken, wo ich sehr gerne auch zum Lernen hingehe. Es wird immer schwieriger, sich wirklich zu motivieren!“, so lautet eine der gemeinsamen Aussagen. Dennoch tut es gut zu wissen, dass alle gerade im selben Boot sitzen. Skypen und ausführliche Handykonferenzen sind daher an der Tagesordnung. So motiviert man sich gegenseitig und lenkt sich ab, wenn man wirklich einmal durchhängt. Noch etwas, das alle eint: „Es gilt jetzt, zusammenzuhalten und sich gegenseitig zu unterstützen. Sport treiben, mit der Familie Gesellschaftsspiele spielen, chillen und vieles mehr helfen dabei, jeden Tag auf’s neue Motivation zu finden, sich fern der Uni dem Studium zu widmen“.

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