„Ein Abend der besonderen Art“
Die Schnitzschule Elbigenalp öffnete ihre Pforten
19. Mai 2025 | von
Marlen Perl
Wohl kaum eine andere Bildungseinrichtung im Außerfern bietet eine solche Vielfalt an kreativem Schaffen wie die 1835 durch Anton Falger gegründete ehemalige Zeichenschule. Die seit 1951 unter dem Namen „Schnitzschule Elbigenalp“ bekannte Ausbildungsstätte ermöglicht Kunstinteressierten eine vierjährige Fachausbildung in zwei wählbaren Ausbildungszweigen: Der traditionellen Bildhauerei sowie seit 1989 auch im Berufsfeld Malen, Vergolden und Schriftdesign.
PRÄSENTATION DER ABSCHLUSSARBEITEN. Jedes Jahr – so auch heuer – lädt die Privatschule zu einem „Abend der besonderen Art“ ein, der um 17.30 Uhr mit begrüßenden Worten von Direktor Bernhard Strolz eröffnet wurde. Trotz der Tatsache, dass ein solches Abschlussprojekt laut den Neuerungen der Prüfungsordnung durch das Bundesministerium nicht mehr vorgesehen war, entschieden sich der Lehrkörper sowie auch die Schülerschaft dafür, diese lehrreiche Tradition beizubehalten. Dafür waren allerdings einige Änderungen hinsichtlich der vorgegebenen Kriterien sowie der Bewertung notwendig. Das festgelegte Thema „Zeit – Geschichte“ wurde von den jungen Erwachsenen individuell in ihren Werken umgesetzt – etwa von der Darstellung des traditionellen Almabtriebes über Werke mit mythologischem sowie historischem Fokus, der Darstellung von Vergänglichkeit in Form von Liebe, Gesundheit, Alter und Zeit, bis hin zu umwelt- sowie globalisierungskritischen Interpretationen. Schick gekleidet und bestens vorbereitet führten die 14 Jungkünstler ihre aufwändig gestalteten Arbeiten vor und ließen die zahlreich erschienenen Familienangehörigen am Ideenfindungs- sowie Schöpfungsprozess, den angewandten Techniken und an den Hintergründen der Werke teilhaben. Die Verteidigung des Projektes vor einer aus Teilen des Lehrkörpers bestehenden Fachjury sowie die anschließende Bewertung fanden bereits eine Woche zuvor statt.
VERNISSAGE. Das zweite Highlight des Abends stellte die Eröffnung der Vernissage der namhaften Künstler Veronika Kolp und Josef Zeisler dar. Die von den „Gebrüdern Dengel“ musikalisch umrahmte Veranstaltung begann – nach ersten Gruß – sowie Dankesworten an die zahlreich erschienenen (Ehren-)Gäste durch Direktor Bernhard Strolz – mit der persönlichen Vorstellung der beiden Schöpfer, wobei deren Werdegänge beschrieben und größere Meilensteine der beeindruckenden künstlerischen Lebenslaufbahnen akzentuiert wurden:
VERONIKA KOLP. Die 1969 in Mils geborene Künstlerin legte durch den Besuch der HTL für angewandte Malerei in Innsbruck bereits in jungen Jahren die Grundlage für ihren fortan kreativ geprägten Berufsweg. Die Fachschule für Kunsthandwerk und Design blieb ihr dabei nicht fremd. Als Vergolder- und Straffierer- sowie Maler-Meisterin war sie hier, vor rund dreißig Jahren, als Lehrerin tätig. Nach ihrer jahrelangen Beschäftigung als Pädagogin – vor allem als Restauratorin – entschied sie sich 2009 dafür, auch als Künstlerin zu arbeiten. Ihre Werke konnten bislang in verschiedenen Einzel- sowie Gruppenausstellungen im In- und Ausland bewundert werden, bis zum 28. Mai finden sich Veronika Kolps aktuellen Portraits, die vor allem die Gleichzeitigkeit sowie die unterschiedlichen Facetten von Menschen thematisieren, auch in der Privatschule in Elbigenalp – ein Besuch lohnt sich.
JOSEF ZEISLER. Als „Vater des Tiroler Krippenwesens“ sowie eine „wichtige Persönlichkeit der fünften Jahreszeit“, der Fasnacht, wird Künstler Josef Zeisler von seinem ehemaligen Schüler sowie mittlerweile Fachlehrer in Elbigenalp, Hanspeter Prandstätter, vorgestellt. Zeisler schloss 1966 die Gewerbeschule für Holz- und Steinbildhauerei (heutige HTL) in Innsbruck ab. Im Anschluss absolvierte er ein Ferialpraktikum bei Hans Falkner in Axams, wo er einige Jahre tätig war, bis er sich – nach zwei Jahren bei der Militärmusik in Innsbruck – für eine Karriere als freischaffender Künstler entschied. Von 1976 bis zu seiner Pensionierung 2003 prägte er mit seiner besonnenen Art sowie seinem Reichtum an Wissen und Erfahrung unzählige Nachwuchskünstler an der HTL Innsbruck als Lehrer für Holzbildhauerei. Auch Zeislers aufwändig gestaltete Kunstwerke können aktuell noch in Elbigenalp bewundert werden.
LANGE NACHT DES KUNSTHANDWERKS. Im Anschluss an die Programmpunkte sowie die Besichtigung der Ausstellung bot sich den Besuchern in den beiden Gebäuden der Schnitzschule die Möglichkeit, den jungen Künstlern bei ihrer kreativen Schaffensarbeit über die Schulter zu blicken und Fragen zu stellen. Bei einem vielseitigen kulinarischen Angebot der hauseigenen Küche konnten sich die Besucher stärken und den gelungenen Abend ausklingen lassen.