DIE WIRKUNGSSTÄTTE VON GEORG SIMON. Die Pfarrkirche Pinswang befindet sich auf einer Anhöhe im Ortsteil Unterpinswang und gehört zu den schönsten im Bezirk Reutte. Sowohl die Kirche selbst als auch der Friedhof stehen unter Denkmalschutz. Die Historie der heutigen Pfarrkirche geht auf den seligen Bruder Ulrich von Musau zurück. Dieser war ein örtlicher Wundertäter, auf dessen Anrufung hin viele Heilungen bezeugt sind. Nach seinem Todesjahr 1380 wurde eine Kapelle erbaut, aus der dann 1414 die Wallfahrtskirche zum seligen Bruder Ulrich entstand. In den Jahren 1725 bis 1729 entstand die Pfarrkirche in ihrer heutigen Form und wurde 1732 geweiht. Die Fresken im Inneren zeigen Mariä Himmelfahrt, die Schlacht am Lechfeld und an der Emporenbrüstung den Tod des seligen Ulrich von Musau, die Überführung des Leichnams über den Lech sowie die Begräbnisstätte auf dem Kirchbichl in Unterpinswang. Zur Pfarrkirche gehörte selbstverständlich auch ein Widum, in dem die Geistlichen seit jeher schon gewohnt haben. Da dieses bei der Ankunft von Pfarrer Simon nicht mehr zeitgemäß war, beschloss der Pfarrkirchenrat 2003 die Generalsanierung und innerhalb eines Jahres entstand ein „Schmuckstück“ auf dem Kirchbichl direkt neben der Pfarrkirche.
„IN DEN RÜCKSPIEGEL SCHAUEN …“So begann Dekan Mag. Franz Neuner den Lebenslauf von Georg – „Schorsch“ – Simon. Dieser wurde am 25. März 1934 in Mittenwald geboren und wuchs mit zwei Brüdern und einer Schwester bei den Eltern auf. Nach dem Abschluss von Volks- und Hauptschule besuchte er das Gymnasium und schloss dieses mit dem Abitur ab. Bei ihm zu Hause wurde viel gewerkelt und gebastelt, was auch der Grund dafür sein könnte, dass Georg sich nach dem Abitur nicht für ein Studium, sondern für eine Lehre als Uhrmacher entschied. Sein erster Chef bescheinigte ihm gewissenhaftes Arbeiten und war mit ihm äußerst zufrieden. Weitere Jahre als Uhrmacher in Fachbetrieben führten ihn nach Freilassing und München.
Im Laufe der Jahre entschied sich Georg jedoch für eine berufliche Veränderung. Deshalb begann er 1961 das Studium an der philosophisch-theologischen Hochschule in Freising, das er 1967 abschloss. Nach seiner Priesterweihe und Primiz in Mittenwald war er in Emmering/Fürstenfeldbruck, in Schnaitsee, München und Rosenheim als Kaplan tätig. Danach wirkte er 15 Jahre als Pfarrer in Peiting und Dekanstellvertreter im Dekanat Rottenbuch. Ab 1991 führte er 13 Jahre lang die Pfarre Grainau und gründete dort auch eine Kolpingfamilie. Seine volle Unterstützung für und im geistlichen Beruf hatte er uneingeschränkt durch seine Eltern, Freunde und Weggefährten, die ihm immer hilfreich zur Seite standen. Einer davon war Pfarrer Rupert Bader aus Vils, der ebenfalls bayerische Wurzeln hatte und den er 1981 bei seiner Primiz in Peiting begleiten durfte. Er war es auch, der den Pfarrer in Ruhe und Seelsorger Georg mit 01. September 2004 nach Pinswang „brachte“.
EIN GUTER HIRTE UND SEELSORGER. Georg Simon wechselte vom aktiven Berufsleben als Pfarrer 2004 in den Ruhestand. Er übernahm die Seelsorge der Gemeinden Pinswang und Musau für fast weitere zwanzig Jahre, die ihm an so manchen Tagen mehr abverlangte als seine frühere „Vollbeschäftigung“. Es gibt viele Definitionen von Seelsorger und dessen Aufgaben, aber gerecht werden diese dem Wirken vom „Pinswanger und Musauer Pfarrer“ nicht. „Er war wirklich ein guter Hirte und wollte nur eines: dass es allen gut geht. Kirchgänger, Nicht-Kirchgänger – für ihn gab es keine schwarzen Schafe. Ein guter Seelsorger und für viele ein Freund“, so führte Dekan Mag. Neuner unter anderem in seiner beeindruckenden Rede zur Verabschiedung aus. Reden und Zuhören sind Balsam für die Seele. Georg Simon beherrschte das Zuhören, das Führen von Gesprächen, die Kontaktaufnahme und den gastfreundlichen Umgang perfekt. Jeden Montag – viele Einwohner glaubten, er habe sich einen freien Tag genommen – besuchte er die Kranken der beiden Gemeinden im Krankenhaus, machte Hausbesuche in beiden Ortschaften und brachte den Leuten die Kommunion, wenn es gewünscht war. Aufmerksamkeit(en) gehörten zu seinem Leben, wie z. B. Schokolade, Ostereier und die gleichen Kappen für die Ministrantinnen und Ministranten und den „Pfarrer“ selbst. Georg Simon war geschickt, begabt und vielseitig. Die monatlichen Pfarrbriefe druckte er in der eigenen kleinen Druckerei im Pfarrhaus, war bei allen besonderen Anlässen anzutreffen, bei denen er jedoch nie im Vordergrund stehen wollte. Unvergesslich werden auch seine Bibelrunden, die Bittgänge in beiden Gemeinden sowie die Israelreise mit seinen Gläubigen bleiben.
Georg Simon war auch Seelsorger über die Grenzen von Pinswang und Musau hinaus und ich möchte hier von einer besonderen Begegnung erzählen. An einem Sonntag bei der Messe stand eine Frau, die ich in der Pinswanger Kirche noch nie gesehen hatte, neben mir in der Kirchenbank. Pfarrer Simon hielt gerade seine Predigt. Sie war ziemlich erkältet und suchte in ihrer Handtasche vergebens nach einem Papiertaschentuch. Bei näherem Hinsehen bemerkte ich, dass aus ihren Augen ein paar Tränen flossen. Ich reichte ihr einige Papiertaschentücher. Nach dem Gottesdienst konnte ich noch einige Worte mit ihr wechseln und sie erzählte mir, dass sie aus der Nähe von Lechbruck komme, Pfarrer Georg Simon aus seiner Zeit in Peiting her kenne und seine Eucharistiefeiern und Predigten sehr wertschätze, weil diese ihr „Herz berühren“. Das sei auch der Grund, dass sie des Öfteren zu „ihrem Seelsorger“ nach Pinswang komme. Nichts könnte das seelsorgerische Wirken von Georg Simon besser beschreiben als diese Begegnung. Die Bevölkerung von Pinswang und Musau verneigt sich und nimmt dankbar Abschied von ihrem langjährigen Pfarrer in Ruhe und Seelsorger, der auf seine bescheidene Art und Weise wirklich Großartiges geleis-tet hat. Die Lücke, die Georg Simon in seinen Pfarrgemeinden hinterlässt, ist nicht in Worte zu fassen.
… UND WIE WIRD ES WEITERGEHEN? Da in vielen Gemeinden Pfarrer fehlen und diese Situation sich in allernächster Zeit auch nicht ändern wird, werden die Gemeinden Pinswang und Musau von der Pfarre Vils „mitversorgt“. Dies bedeutet allerdings, die über 20 Jahre dauernde „Komfortzone“ – was die Seelsorge anbelangt – zu verlassen und gemeinsam mit viel Bemühen und Engagement das Vermächtnis, das Seelsorger Georg Simon hinterlassen hat, weiter- zuführen.
Die schöne Pinswanger Pfarrkirche St. Ulrich – 20 Jahre Wirkungsstätte von Pfarrer in Ruhe und Seelsorger Georg Simon. RS-Foto: Dengg