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Das Außerfern hat gewählt

Die Wahlbeteiligung lag unter der von 2016. Alle Gemeinden mit eindeutigem Ergebnis, keine Stichwahl im Bezirk Reutte

Zwei Gemeinden – Wängle und Musau – hatten die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl im Bezirk Reutte unter ein besonderes Licht gestellt: In Wängle hatte sich der Gemeinderat im Herbst 2021 selbst aufgelöst. Die Neuwahl erfolgte bereits am 9. Jänner. In Musau war bis zum Stichtermin am 28. Jänner keine Liste eingereicht worden. Bürgermeister und Gemeinderat bleiben für weitere sechs Jahre im Amt. Zwölf Gemeinden reichten nur eine Liste ein, in 22 Gemeinden stellte sich jeweils nur ein Kandidat der Wahl zum Bürgermeister.
28. Feber 2022 | von Sabine Schretter/Sonja Kofelenz
Sie werden weiter auf eine konstruktive Zusammenarbeit für Reutte setzen: Der wiedergewählte Bürgermeister Günter Salchner und Wahlunterlegener Klaus Schimana (v.l.). 
Von Sabine Schretter und Sonja Kofelenz.
Wie wählte Tirols westlichster Bezirk?
Im Bezirk Reutte waren bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen insgesamt 26.068 Bürger wahlberechtigt. Das Recht zur Mitbestimmung nahmen dabei 17.281 Menschen in Anspruch, was einer Wahlbeteiligung von 66,29 Prozent entspricht. Von den eingegangenen Stimmen mussten 731  als ungültig gewertet werden. Die niedrigste Wahlbeteiligung war in Vils, der einzigen Stadt des Bezirkes Reut-te, mit 53,32 Prozent zu verzeichnen. Fleißige Wahlgänger waren in Gramais zur Urne unterwegs. Dort wurde mit 94,59 Prozent die höchste Wahlbeteiligung verzeichnet. Fünf der 37 Außerferner Gemeinden sind nun in den Händen von Bürgermeis-terinnen: In Gramais, der kleinsten Gemeinde Österreichs, liegen die Geschicke in den nächsten sechs Jahren bei Stefanie Krabacher.  Jungholz, Außerferner Enklave, wird für eine weitere Periode von Bgm. Karina Konrad geführt. Im Auszeitdorf Pfafflar, an der vieldiskutierten Motorradroute über das Hahntennjoch gelegen, heißt die neue Bürgermeis-terin Petra Krabacher. Im einzigen Außerferner Rathaus, in Vils, sitzt für sechs Jahre Carmen Strigl-Petz auf dem Bürgemeistersessel. Mag. Eva Wolf konnte in ihrer Heimatgemeinde Lechaschau einen überragenden Sieg einfahren.   Waltraud Zobl-Wiedemann wurde in Schattwald von Wolfgang Ramp abgelöst. Dort schob sich die zweitgereihte Liste auf den ersten Platz vor, stellt den neuen Bürgermeister und hält die Mandatsmehrheit. Ähnlich verhält es sich in Biberwier, die Liste auf Listenplatz 2  reihte sich vor die Liste 1, stellt den Bürgermeister und hält die Mehrheit im Gemeinderat. In Häselgehr wurde Harald Friedle zum Bürgermeister gewählt – ohne auf die Listenmehrheit bauen zu können. Auch in Pinswang steht der neu gewählte Bürgermeister Richard Wörle ohne eine Listenmehrheit da.  Rüdiger Reyman ist Höfens neuer Bürgermeister. Die Mehrheit an Mandaten liegt aber bei der zweiten wahlwerbenden Liste, der Gemeindeliste Höfen – LISTE 2. In 19 Gemeinden bleibt der amtierende Bürgermeister für weitere sechs Jahre im Amt. In keiner Außerferner Gemeinde gibt es eine Stichwahl.

Günter Salchner bleibt Marktchef.
Mit besonderer Spannung wurde am Wahlsonntag auf den Bezirkshauptort Reutte ge-blickt: Günter Salchner war nach Luis Oberers Rücktritt knapp ein Jahr im Amt und entschlossen, dieses zu verteidigen. Klaus Schimana bekundete ebenfalls große Ambitionen auf den Bürgermeistersessel. Die Listen beider Kandidaten zeigten, dass ein Generationswechsel ansteht – manche Urgesteine schienen nicht mehr auf. Beide Listen deklarierten sich als unabhängig, die Liste „Team Schimana“ jedoch mit großer Affinität zur ÖVP. 1.729 Wähler machten ihr Kreuz bei Günter Salchner, er erhielt damit 63,29 Prozent der Stimmen. 1.003 Personen entschieden sich für Klaus Schimana (36,71 Prozent). Er sei ausgeprochen glücklich über das Ergebnis der Wahl, erklärte ein erleichterter Bürgermeister Günter Salchner gegenüber der Presse. Seine Bürgermeisterliste „Wir lieben Reutte“ zieht mit neun Mandaten in den Gemeinderat ein. Es gibt somit keine absolute Mehrheit mehr im Reut-tener Gemeinderat. „Es ist bei fünf antretenden Listen extrem schwierig, eine absolute Mehrheit zu erreichen. Das war auch nie unser explizites Ziel. Wir wollten mandatsstärkste Fraktion in Reutte bleiben, und das ist uns heute gelungen“, so Salchner.  Klaus Schimana hält mit seiner Liste „TEAM Schimana“ sieben Mandate. Auf die Grünen mit Spitzenkandidatin Margit Dablander entfallen zwei Mandate. „Wir sind mit diesem Wahlergebnis sehr zufrieden.“ 2016 konnten die Grünen mit dem ehemaligen Gemeinderat Soner Tiytili viele Stimmen der türkischen Kommunity für sich verbuchen. „Diese Stimmen wanderten heuer zu Gizem Atak (Liste Günter Salchner) und Erol Karamollaoglu (Liste Team Schimana). Trotzdem holten wir zwei Mandate, darauf sind wir sehr stolz“, freut sich Margit Dablander und ist überzeugt, sich in guter Zusammenarbeit mit „den beiden ,Großen‘, die uns ja brauchen, für Reutte einsetzen zu können. Mit einem Mandat zieht erstmals seit 18 Jahren die FPÖ in den Reuttener Gemeinderat ein. Sandra Föger, der Nummer drei auf der freiheitlichen Liste, war die Freude darüber deutlich ins Gesicht geschrieben. Bezirksobmann Fabian Walch freut nicht nur das Ergebnis in Reutte, er sieht die Wahlziele im gesamten Bezirk erreicht: „Wir sind so stark wie noch nie im Bezirk vertreten. In Reutte werden wir jetzt sechs Jahre gute Oppostitionspolitik betreiben – mit dem Ziel, unsere Mandatszahl in sechs Jahren zu erhöhen“, sagt er im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Leer ausgegangen ist die Sozialdemokratie. „Wir sind sehr enttäuscht, konnten mit unseren Themen leider nicht genug Wähler motivieren. Ich werde jetzt nicht alles hinschmeißen, mich aber langsam zurückziehen, um für junge Leute Platz zu machen“, so Spitzenkandidat Gottfried Strauss. Man werde die sechs Jahre jetzt nutzen, um Aufbauarbeit zu leisten und dann wieder in den Gemeinderat zu kommen. Stefan Zaggl-Kasztner, SPÖ Bezirksvorsitzender, bedankt sich bei allen, die im Wahlkampf für die SPÖ gelaufen sind und bei allen Wählern, die ihr Kreuz bei der SPÖ machten. Bgm. Günter Salchner bedauert, dass die Soziakdemokratie nicht mehr im Gemeinderat vertreten ist. Der ganz klare Auftrag lautet für ihn, weiterhin gut für Reutte zusammenzuarbeiten. Jetzt freut er sich aber auf eine Auszeit mit seiner Familie, „was in der letzten Zeit viel zu kurz gekommen ist“.
Groß war die Enttäuschung bei Salchners Kontrahenten Klaus Schimana. „Woran es gelegen ist, kann ich noch nicht sagen. Das wird in den kommenden Tagen genau zu analysieren sein.“ So seine Worte zur Presse. Über einen Teilerfolg kann er sich dennoch freuen: Man konnte mit der Liste ein Mandat dazugewinnen und somit die absolute Mehrheit der Bürgermeisterliste brechen. „Wir werden eine fleißige Oppositionsfraktion sein. Wenn die Themen passen, bauen wir auf gute Zusammenarbeit. Unsere Themen werden wir aber stärker einbringen.“
Alle Wahlergebnisse der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl vom 27. Februar sind unter wahlen.tirol.gv.at zu finden.

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