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Problemwölfe ab April im Visier der Jäger

Landtag hat jetzt die Novelle des Tiroler Jagdgesetzes beschlossen, jetzt haben auffällige Beutegreifer ein Problem

Der Jahresbericht 2022 des Landes Tirol über Bär, Wolf, Luchs und Goldschakal liegt nun vor: Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der nachgewiesenen Wölfe wie auch die Zahl der gerissenen und vermissten Weidetiere neuerlich erheblich erhöht. Mit 413 toten und 527 vermissten Weidetieren sind die Nutztierverluste gegenüber 2021 um die Hälfte gestiegen. 19 verschiedene Wolfsindividuen und drei verschiedene Bären wurden 2022 in Tirol verzeichnet. Immer mehr zum Problem wird auch der Goldschakal. Die großen Beutegreifer verur-sachten Schäden in der Höhe von 235.000 Euro. Die Landespolitik hat jetzt reagiert und ein Gesetz beschlossen, mit dem die Entnahme von Problemwölfen schneller vollzogen werden kann.
14. Feber 2023 | von Gebi G. Schnöll
Problemwölfe ab April im Visier der Jäger<br />
Dieser Wolf wurde von einer Wildkamera Ende November des Vorjahres im Gemeindegebiet von Pfunds aufgenommen. Foto: Michael Fritz
86 Prozent aller im vergangenen Jahr gerissenen Weidetiere gehen auf das Konto von Wölfen, zehn Prozent wurden von Bären getötet, für vier Prozent der gerissenen Nutztiere sind Goldschakale verantwortlich. Hauptbetroffen war Osttirol mit 235 gerissenen und 267 abgängigen Tieren. „Die Zahlen sprechen für sich. Wir können nicht tatenlos zuschauen, wie jedes Jahr mehr und mehr Almtiere Wolfsangriffen zum Opfer fallen. Die Großraubtiere bedrohen den Fortbestand der Almwirtschaft. Deshalb haben wir im Februar-Landtag eine rasche und unbürokratische Eingriffsmöglichkeit geschaffen“, erklärt LH-Stv. Josef Geisler, der keine Alternative zum neuen Tiroler Weg im Umgang mit Großraubtieren sieht. Im abgelaufenen Jahr hat das Land Tirol Abschussbescheide für fünf ausgewachsene Wölfe erlassen. Diese fünf Individuen haben einen Großteil aller im Vorjahr in Tirol tot aufgefundenen Schafe gerissen. „Aufgrund von reflexartigen Einsprüchen von Naturschutzorganisationen konnte kein einziger dieser schadenstiftenden Wölfe entnommen werden. Das ändern wir nun, indem wir Verordnungen erlassen, die unmittelbar wirksam werden und auch die Anonymität der Jägerschaft gewährleisten“, so Geisler.

„IN DER ALMWIRTSCHAFT STECKT VIEL HERZBLUT“ Das Land Tirol unterstützt aber auch Maßnahmen zur Abwehr von Großraubtieren und prüft die Machbarkeit, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit von Herdenschutzmaßnahmen. 115 Kilometer wolfsabweisenden Zaun haben Tirols SchafhalterInnen mit Unterstützung des Landes Tirol für die Heimweiden im Tal allein im vergangenen Jahr angeschafft. „Im Tal ist es meist machbar und auch zumutbar, die Weidetiere mit wolfsabweisenden Zäunen zu schützen. Auf unseren hochalpinen Almen schaut die Situation ganz anders aus. Dort ist technischer Herdenschutz mit Zäunen schlicht und ergreifend nicht möglich“, verweist LH-Stv. Josef Geisler auf die Besonderheit der Almen. Auf zwei Schafalmen im Tiroler Oberland wurden die vor zwei Jahren gestarteten Herdenschutz-Pilotprojekte fortgesetzt, zwei weitere sind 2022 dazugekommen. Das Land Tirol unterstützte die Projekte mit 290.000 Euro. Die Erfahrungen im ersten Projektjahr haben gezeigt, dass es pro Alm mindestens zwei Hirten und mehrere Hütehunde zur Umsetzung der gelenkten Weideführung mit eingezäunten Übernachtungsplätzen braucht. Das wirkt sich auch auf die Kosten aus. Pro Schaf mussten auf den Projektalmen in der Almsaison 2022 durchschnittlich 114 Euro für Schutzmaßnahmen aufgewendet werden. Dem gegenüber stehen durchschnittliche Verkaufserlöse von 130 Euro für Lämmer und rund 400 Euro für Zuchttiere. In Tirol werden rund 70.000 Schafe und Ziegen gealpt. „Die Almwirtschaft in Tirol wird mit viel Herzblut und Idealismus zum Wohle der Allgemeinheit aufrechterhalten. Die Kosten für die Abwehr von Wolfsangriffen stehen in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Erlösen“, sieht LH-Stv. Geisler die generelle Schützbarkeit von Almen nicht gegeben. Außerdem gäbe es kaum qualifiziertes Hirtenpersonal. In Tirol gibt es 2.100 Almen, auf rund 400 meist hochalpine Almen werden Schafe aufgetrieben.

„LEGISTISCHER GRENZGANG IST DAS RISIKO WERT!“ Die zur Entnahme von Problemwölfen notwendige Novellierung des Tiroler Jagdgesetzes wurde im Feber-Landtag mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ, „Liste Fritz“ und NEOS beschlossen. Damit können ab April auffällige Raubtiere schneller entnommen werden, Grüne und Naturschutzorganisationen wie der WWF kritisieren, dass durch die neue Verordnung das Beschwerderecht wegfällt. ÖVP Tirol-Jagdsprecher Michael Jäger weiß als Landwirt aus eigener Erfahrung, wie groß die Unsicherheit bei vielen Bauernfamilien während der Almsaison ist. „Ich kenne viele Almbauern aus der Gegend, die wirklich bange Stunden erlebt haben, weil sie Angst um ihr Weidevieh haben. Es kann nicht sein, dass Tierschützer – allen voran Umweltministerin Gewessler – den Wolfsschutz über alles stellen, und unsere Nutztiere auf den Almen elendig zugrunde gehen. Mit dem Verordnungsweg wagen wir zwar einen legistischen Grenzgang, aber unsere Tiere, und allen voran die Almwirtschaft ganz generell, sind uns dieses Risiko wert!“

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