Ziel ist es, den eigenen Strom selbst zu verwerten und mit dem Überschussstrom einen Gewinn zu erwirtschaften
Bei den jüngsten Gemeinderatssitzungen in Reith und Leutasch drehte sich alles um das Thema Energie. Beide Gemeinden schlossen mit der TIWAG einen neuen Stromliefervertrag ab, außerdem produzieren beide Gemeinden in einem Trinkwasserkraftwerk bzw. einer großflächigen Solaranlage selbst Strom und möchten die dort erzeugte Energie möglichst selbst verbrauchen und den Überschuss gewinnbringend vermarkten. Denn die Vermarktung der Restenergie an die „OeMAG“ zahle sich laut den beiden Bürgermeistern nicht mehr aus. Sie gründeten eine eigene Genossenschaft: die „Energiegemeinschaft Seefelder Plateau“, die auch den Bürgern zugute kommen könnte.
Von Bernhard Rangger
Sowohl in der Gemeinde Reith als auch in Leutasch ging es bei den Gemeinderatssitzungen kürzlich vor allem um das Thema Energie. Das lag allerdings nicht nur an der Gründung der Energiegemeinschaft, sondern auch an der TIWAG, die den Gemeinden im vergangenen Dezember einen Stromgroßabnehmerpreis von 45 Cent pro Kilowattstunde auf drei Jahre verkauft hatte und nunmehr auf Druck des Landes neue Angebotsvarianten auf Grund der sinkenden Kosten legte. Sowohl Reith als auch Leutasch wählten von vier Varianten die Variante I, also eine sofortige Strompreissenkung auf 20,9 Cent und eine Strompreisbindung bis 2025. Nur das Alpenbad Leutasch entschied sich für Variante II. Dort bezahlt man heuer den höheren Preis und in der Folge 18,37 Cent. Der Reither Bürgermeister Dominik Hiltpolt erklärte bei der Gemeinderatssitzung: „Finanzverwalter Christoph Nairz hat alle vier Varianten hochgerechnet und keine allzugroßen Preisunterschiede herausgefunden. Wir wollen also die Stromkosten sofort senken und das Risiko, dass es zu einem neuerlichen Preisanstieg kommt, minimieren!“ Ähnlich die Argumentation vom Leutascher Dorfchef Jorgo Chrysochoidis: „Sollte der Strompreis neuerlich stark fallen, erwarten wir, dass auch die Tiwag wieder an die Gemeinden herantritt. Vorerst lassen wir uns auf keine Spekulationen ein, dass der Preis in den nächsten Jahren neuerlich fällt!"
RECHTSFORM „GENOSSENSCHAFt“. Mit deutlich unterschiedlichen Strategien überzeugten die beiden Bürgermeister hingegen ihre Gemeinderäte von einer „Energiegemeinschaft Seefelder Plateau“: Der Reither Bürgermeister projizierte ein professionelles Erklärvideo auf die Leinwand und erklärte die Vorteile einer Genossenschaft für die Gemeinde damit, dass man bei einer Genossenschaft nur ein kleines Risiko eingehe, die Kosten gering seien und man einfach Mitglieder aufnehmen könne. Eine Energiegemeinschaft benötigt zwei Mitglieder. Der Vorteil von Reith und Leutasch sei der, dass Reith über ein Trinkwasserkraftwerk verfüge, das dauerhaft Strom produziert (Volleinspeiser) und Leutasch am „Alpenbad“ eine große Photovoltaikanlage betreibt, die vor allem im Sommer große Stromüberschüsse erzeuge (Überschusseinspeiser). GR Hans-Jörg Binder fragte, ob die räumliche Distanz nicht von Nachteil sei. Dazu Bürgermeister Hiltpolt: „Fast das gesamte Plateau wird über das neue Umspannwerk am ehemaligen Gschwandtkopf-Parkplatz in Auland versorgt. Dies ist die Voraussetzung, dass wir eine Energiegemeinschaft bilden können!“ Der Leutascher Bürgermeister Jorgo Chrysochoidis argumentierte mit den Einspeistarifen, die man von der „OeMag“ erhalte: „Vor etwas mehr als einem Jahr hätten wir noch 45 Cent pro Kilowattstunde erhalten, derzeit bekommen wir nur noch 14 Cent. Würden wir einen Verein gründen, dürften wir keinen Gewinn erwirtschaften. Mit einer Genossenschaft oder einer GmbH ist das möglich. Für eine GmbH braucht es aber mehr Stammkapital. Außerdem kann auch eine Genossenschaft investieren und ist vorsteuerabzugsberechtigt!“
MEHRHEIT UMSTRITTEN. Für die Gründung der „Energiegemeinschaft Seefelder Plateau“ wurde ein Gründungsvorstand bestellt, der aus den beiden Bürgermeistern und GF Bettina Neuner vom Alpenbad Leutasch besteht. Während ursprünglich vereinbart war, dass Reith und Leutasch 500 Genossenschaftsanteile zu zehn Euro erwerben und das Alpenbad einen, beschloss der Reither Gemeinderat 501 Anteile zu kaufen, um unter den Partnern gleiche Stimmenverhältnisse herzustellen. Der Mitgliedsbeitrag pro Jahr beträgt 150 Euro. Jeder Partner kann den von ihm erzeugten Strom selbst nutzen. Stromüberschüsse werden auf die Genossenschaftsmitglieder verteilt. Überschüsse werden an die „OeMag“ verkauft. Ziel ist es mit dem Delta, das man zwischen den Gemeinden handelt, einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften. Die Aufnahme von privaten Genossenschaftern ist angedacht, wird aber nur dann realisiert, wenn die erzeugte Menge dafür ausreicht. Beide Bürgermeister unisono: „Wir richten diese Genossenschaft ein, um Erfahrungen zu sammeln!“
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