Ein Schelmenroman begeistert Haiming
Dietmar Wachter stellt sein neues Buch „Der schöne Karl“ vor
8. April 2025 | von
Peter Bundschuh

Autor Dieter Wachter (l.) und als Vorleser „The Voice“ Bernhard Zobl präsentieren den neuen Wachter-Roman „Der Schöne Karl“ in der Bibliothek Haiming. RS-Foto: Bundschuh
Die Geschichten von und um Dietmar Wachters Großonkel sind unglaublich, trotzdem wahr, und wenn Recherchelücken zu überbrücken waren, doch sehr wahrscheinlich. Der Roman behandelt das Leben eines abenteuerlichen Glücksritters, zeichnet darüber hinaus aber auch eine Skizze der sozialen Lebensumstände, angefangen vom letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis in die 2000er Jahre. Dietmar Wachter führt aus: „Die Geschichte kam aus dem Nichts, es war ein reiner Zufall, unsere eigene Familiengeschichte. Ein Verwandter aus Vorarlberg betrieb seit Jahren Ahnenforschung und hatte kistenweise Unterlagen zu unserer Großfamilie, die sich über mehrere Länder verstreut. So bekam ich also einen Stoß an Auswanderungsakten aus Berlin, Memoiren, Tagebücher von Zeitzeugen, Biografien und authentische Gerichtsurteile. Und dazu die lückenhafte Biografie meines Großonkels Karls, mit einem heillosen familiären Durcheinander, das schwer zu durchschauen war – das Leben eines Menschen weist immer Lücken auf.“ Vielleicht ähnlich wie in seinem Berufsleben recherchiert Wachter professionell, hält sich so weit wie möglich an Tatsachen fest, fragt nach dem, was war, und geht nach Möglichkeit nicht auf Spekulationen ein. Im Grunde beschreibt er eine Welt, die ihm verhältnismäßig nahe ist, in der er sich auskennt, und ist damit schriftstellerisch sehr gut beraten. Inhaltlich gelingt es dem Autor, das wirre Konvolut an Informationen zu sortieren und dem Leser methodisch, teilweise in Briefform, näherzubringen. Sprachlich hält sich Wachter an das bewährte Konzept seiner Kriminalromane und bleibt bei seinem Schreibstil. Soll heißen: Der Leser findet sich in der Lektüre zurecht.
STRASSENKINDER UNTER SICH. Das Milieu, in dem der Protagonist aufwächst, würde man oberflächlich betrachtet als „unterste Schublade“ bezeichnen, aber Vorsicht: Abgesehen von Äußerlichkeiten muss man da genauer hinsehen. Die Schule ist Karls Sache nicht, aber er ist klug und lernt, wo immer er Gelegenheiten dazu findet, und diesbezüglich ist sein Umfeld reich. Er fühlt sich zum schlitzohrigen Pferdehandel hingezogen und lässt sich vom fahrenden Volk allerlei Tricks beibringen, aber gegensätzlich dazu bietet das noble Meran auch einen idealen Schauplatz dazu, sich feine Manieren anzueignen. Ja, und der junge Karl kommt in der Damenwelt ganz hervorragend an, was er reichlich ausnutzt. Weltanschaulich ist er ein Pragmatiker, der sich nach Möglichkeit heraushält, und auf der Suche nach Aufstiegsmöglichkeiten aller Art greift er wie selbstverständlich auch auf kriminelle Methoden zurück. Des schönen Karls recht klar definiertes Lebensziel ist Heiratsschwindel und Hochstapelei. Für beides bringt er beachtliche Kompetenz mit. Und wie sieht das Ende aus? Bekehrt sich der schöne Karl, flüchtet er aus der Realität, bleibt er auf Lebenszeit die „Made im Speck“ oder wohin mögen die Geschehnisse sonst führen? Da stellen sich schon allerhand Fragen.
EIN „HELD“ SCHLÄGT SICH DURCHS LEBEN. Die Gattung des pikaresken Romans entstand im Spanien des 16. Jahrhunderts. Als „der“ Klassiker des Schelmenromans darf „Don Quijote“ von Miguel Cervantes gelten. In unseren Tagen hat beispielsweise Michael Köhlmeier mit „Die Abenteuer des Joel Spazierer“ den Nagel so ziemlich auf den Kopf getroffen und auch Dietmar Wachter, seines Zeichens Ex-„Kriminaler“ aus Landeck, ist mit seiner Geschichte über den schönen Karl ein beachtlicher Wurf in Sachen Schelmengeschichte gelungen, so wie es sich gehört, mit allem Drumherum. Vom Entwicklungsroman, dem grob gesagt letztlich die Erkenntnis einer menschlichen Entwicklung zugrunde liegt, unterscheiden sich die Geschichten um den zumeist schlauen bis skrupellosen Schelm deutlich. Unter Einbeziehung der klassischen „Schelmen–Musts“ ist es Dietmar Wachter gelungen, mit „Der schöne Karl“ einen länderübergreifenden Alpen-Schelmenroman aus knorrigem, aber auch fein strukturiertem Wurzelholz zu schnitzen. Und am Ende des Tages bleibt: Den Sprung ins kalte Wasser, weg von den erfolgreichen Krimis, hin zu einer anderen literarischen Kategorie, hat der Autor ohne Strampeln, Prusten und Wasserschlucken geschafft. „Der schöne Karl“ ist im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen. ISBN 978-3-99126-287-9 und im Buchhandel, z. B. Tyrolia, erhältlich.
STRASSENKINDER UNTER SICH. Das Milieu, in dem der Protagonist aufwächst, würde man oberflächlich betrachtet als „unterste Schublade“ bezeichnen, aber Vorsicht: Abgesehen von Äußerlichkeiten muss man da genauer hinsehen. Die Schule ist Karls Sache nicht, aber er ist klug und lernt, wo immer er Gelegenheiten dazu findet, und diesbezüglich ist sein Umfeld reich. Er fühlt sich zum schlitzohrigen Pferdehandel hingezogen und lässt sich vom fahrenden Volk allerlei Tricks beibringen, aber gegensätzlich dazu bietet das noble Meran auch einen idealen Schauplatz dazu, sich feine Manieren anzueignen. Ja, und der junge Karl kommt in der Damenwelt ganz hervorragend an, was er reichlich ausnutzt. Weltanschaulich ist er ein Pragmatiker, der sich nach Möglichkeit heraushält, und auf der Suche nach Aufstiegsmöglichkeiten aller Art greift er wie selbstverständlich auch auf kriminelle Methoden zurück. Des schönen Karls recht klar definiertes Lebensziel ist Heiratsschwindel und Hochstapelei. Für beides bringt er beachtliche Kompetenz mit. Und wie sieht das Ende aus? Bekehrt sich der schöne Karl, flüchtet er aus der Realität, bleibt er auf Lebenszeit die „Made im Speck“ oder wohin mögen die Geschehnisse sonst führen? Da stellen sich schon allerhand Fragen.
EIN „HELD“ SCHLÄGT SICH DURCHS LEBEN. Die Gattung des pikaresken Romans entstand im Spanien des 16. Jahrhunderts. Als „der“ Klassiker des Schelmenromans darf „Don Quijote“ von Miguel Cervantes gelten. In unseren Tagen hat beispielsweise Michael Köhlmeier mit „Die Abenteuer des Joel Spazierer“ den Nagel so ziemlich auf den Kopf getroffen und auch Dietmar Wachter, seines Zeichens Ex-„Kriminaler“ aus Landeck, ist mit seiner Geschichte über den schönen Karl ein beachtlicher Wurf in Sachen Schelmengeschichte gelungen, so wie es sich gehört, mit allem Drumherum. Vom Entwicklungsroman, dem grob gesagt letztlich die Erkenntnis einer menschlichen Entwicklung zugrunde liegt, unterscheiden sich die Geschichten um den zumeist schlauen bis skrupellosen Schelm deutlich. Unter Einbeziehung der klassischen „Schelmen–Musts“ ist es Dietmar Wachter gelungen, mit „Der schöne Karl“ einen länderübergreifenden Alpen-Schelmenroman aus knorrigem, aber auch fein strukturiertem Wurzelholz zu schnitzen. Und am Ende des Tages bleibt: Den Sprung ins kalte Wasser, weg von den erfolgreichen Krimis, hin zu einer anderen literarischen Kategorie, hat der Autor ohne Strampeln, Prusten und Wasserschlucken geschafft. „Der schöne Karl“ ist im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen. ISBN 978-3-99126-287-9 und im Buchhandel, z. B. Tyrolia, erhältlich.