Das Schnapsbrennen hat in Tirol eine lange Tradition. Obwohl seine Familie selbst keine Brennerei betrieb, kam Christian Seiser schon früh mit diesem Handwerk in Berührung. Mittlerweile produziert er selbst diverse hochwertige Edelbrände. Dass es soweit kam, ist aber Zufall.
WAR ES SCHICKSAL? 2014 war Seiser zu Besuch bei einem Bekannten. Dessen Vater machte ihn darauf aufmerksam, dass er von einer kleinen Destille wisse, die zu haben wäre. Da ihm die Zeit zum Brennen fehlte, lehnte er zuerst dankend ab. Das Angebot war aber so verlockend, dass er die Anlage doch kaufte und natürlich dann auch ausprobieren wollte. Als Christian Seiser mit seiner Frau am Wolfgangsee Urlaub machte, kam es zum nächsten entscheidenden Zufall: Ein international vielfach prämierter Brenner war dort beheimatet. „Bei dem sind wir dann zugekehrt“, erklärt der Rietzer Schnapsbrenner. Sie kamen mit ihm ins Gespräch und schließlich wurden sie von ihm in seine Brennerei eingeladen. Noch im gleichen Jahr besuchte Seiser den Schnapsbrenner für drei Tage in seiner Brennkammer. „Das war einerseits amüsant, ich habe mir aber auch viele Sachen aufschreiben und dann umsetzen können“, blickt Seiser zurück. Im selben Jahr nahm er dann erstmals an der Tiroler Schnapsprämierung teil. Die Weichsel 2015 wurde gleich zum Sortensieger gekürt. „Da halfen natürlich einige Erfahrungen und Kniffe, welche ich mir von diesem erfolgreichen Brenner vom Wolfgangsee abschauen konnte“, erklärt Seiser und fügt an: „Es waren also einige Zufälle, die dazu geführt haben, dass ich relativ schnell eine sehr gute Qualität produzieren konnte.“
LANDESSIEGER. In den darauffolgenden Jahren war Seiser aus beruflichen Gründen nicht mehr allzu aktiv. 2020 fasste er sich dann ein Herz und wollte wieder mehr in das Brennen von Edelbränden investieren. Nachdem sich Seiser eingehend informiert hatte, schaffte er sich eine Kolonnenbrennerei an. Diese hat zwar gewisse Vorteile, doch alleine dadurch macht man freilich noch keinen besseren Schnaps. Seiser hat sich ferner zum Ziel gesetzt, in den nächsten rund zwei Jahren ein qualitativ hochwertiges Sortiment an Edelbränden aufzubauen. Heuer reichte der Rietzer schlussendlich sechs seiner Brände (Apfelbrand Cuvée 2022, Apfelbrand Delbarestivale 2022, Birnenbrand Williams 2023, Kirschbrand 2023, Pflaumenbrand Spänling 2022, Vogelbeerbrand 2022) bei der Tiroler Schnapsprämierung ein, wo sie von einer Expertenjury unter die Lupe genommen wurden. „Dann bist Landessieger“, freut sich Christian Seiser: „Das war für mich gewaltig, aber gleichzeitig auch überraschend, weil mit dem kannst du nicht rechnen – da muss alles zusammenpassen und auch ein wenig Glück gehört dazu.“ Die zweite Teilnahme an der Landesprämierung brachte also gleich die zweite Auszeichnung für den Rietzer Brenner. „Viel besser kann es nicht laufen“, schmunzelt Seiser.
DIE KUNST DES BRENNENS. Der Zenit sei aber noch lange nicht erreicht. „Da ist schon noch etwas drin“, weiß Seiser. Bereits Kleinigkeiten können beim Kolonnen-Brennen zu einem besseren oder auch schlechteren Ergebnis führen. Daher möchte er beim Brennen nicht abgelenkt werden, erzählt Seiser: „Du musst immer konzentriert bei der Sache sein.“ Grundlage für einen erstklassigen Schnaps sei allerdings ein gutes Obst. „Das ist die halbe Miete“, so der Edelbrand-Sommelier. Wenn aber andere Faktoren, wie beispielsweise die Vergärung, nicht stimmen, kommt am Ende trotzdem nur ein durchschnittliches Produkt heraus. „Du weißt bis zum Schluss nicht, wie gut das Produkt wird. Du kannst auch ein super Obst haben und der Schnaps ist nur Durchschnitt. Das ist zugleich auch das Spannende“, verrät Seiser. Die Theorie hinter den Vorgängen sei für ihn immer wichtig gewesen. Seiser scheut sich außerdem nicht, andere Brenner nach ihren Erfahrungen zu fragen. Er selbst möchte seinen Kunden jedenfalls nur das Beste anbieten, und ist daher mit sich selbst am kritischsten. Ob ein Edelbrand gut ist, hängt aber immer auch vom persönlichen Geschmack ab. Seiser selbst bevorzugt Apfel, Weichsel und diverse Steinobstbrände. Als Edelbrandsommelier sieht er es als seine Aufgabe an, den Leuten die Vielfalt der Geschmacksrichtungen und somit Alternativen zum Klassiker „Williams“ aufzuzeigen.
BEITRAG ZUR ERHALTUNG DER ARTENVIELFALT. Auch in Zukunft will Christian Seiser weiter experimentieren und seine Produktpalette erweitern. So ist er mit seiner Gin-Kreation mit heimischen Botanicals sehr glücklich – dieser würde bei den Leuten bestens ankommen. Derzeit feilt Seiser außerdem auch an der Herstellung von Brandy – die ersten Fässer lagern bereits. Ob sich die Arbeit gelohnt hat, wird sich aber erst nach einigen Jahren Lagerung zeigen. Vor allem aber interessiert sich Christian Seiser für selten gewordene regionale Obstsorten – er wäre für jeden Kontakt dankbar! In seiner Heimatgemeinde gibt es beispielsweise eine besondere Wildpflaume, den Rietzer Rossbrater. „Die hat aus meiner Sicht einen ganz eigenen Stil und ein riesiges Potenzial, aber es gibt kaum noch Bäume“, erklärt Christian Seiser. Als Brenner sieht er sich auch als Bewahrer der Vielfalt. Gerne würde er ein Projekt starten, das den Rietzer Rossbrater eine Plattform bietet, damit dieser wieder flächendeckend angebaut wird. Diese Idee hatte aber nicht nur Seiser, sondern unabhängig davon auch ein Bekannter, der bereits versucht, einen Jungbestand aufzubauen.
Die edlen Flaschen von Christian Seiser fallen sofort ins Auge und laden zum Genießen ein. Das Etikett besteht aus der Sortenbezeichnung und dem Logo in Form des Gemeindegebiets von Rietz mit den Koordinaten der Rietzer Wasserquelle. RS-Foto: Grüneis