In seiner Eröffnungsrede betonte Bürgermeister Richard Bartl, dass es für ihn mehrere Knackpunkte im aktuellen Projekt gebe. Insbesondere sprach er sich dagegen aus, die Zweigleisigkeit zu weit ins Wohngebiet hineinzuführen. Zunächst müsse geklärt werden, wie es in Richtung Schönwies überhaupt weitergehen soll. Bereits in den 1990er-Jahren wurde eine Tunnelvariante angedacht und es wurden Probebohrungen durchgeführt. Damals wurde auch eine alternative Trassenführung in Richtung Inn geprüft, für die Dipl.-Ing. Egg einen Plan erarbeitet hatte. Diese Variante könnte zudem mit dem erforderlichen Hochwasserschutz kombiniert werden.
PROJEKTVORSTELLUNG. Ein zehnköpfiges Team der ÖBB war bei der Gemeindeversammlung vor Ort – darunter die Projektleitung, ein Humanmediziner sowie eine Juristin. Moderiert wurde die Veranstaltung von Martin Pellizzari, Fachreferent für Projektinformation bei den ÖBB. Projektziele sind die Herstellung der Barrierefreiheit sowie die Attraktivierung des Bahnhofs Imst-Pitztal. Geplant sind unter anderem die Errichtung einer Park-&-Ride-Anlage mit Parkdeck sowie einer Bike-&-Ride-Anlage. Durch den zweigleisigen Ausbau bis zur Haltestelle Imsterberg und die Schaffung einer Begegnungsmöglichkeit westlich des Bahnhofs Imst-Pitztal sollen eine höhere Fahrplanstabilität sowie mehr Pünktlichkeit und Resilienz bei Betriebsabweichungen erreicht werden. Darüber hinaus sollen durch Streckenverbesserungen Fahrzeitgewinne auf der Arlbergachse erzielt werden. Auch die Sicherheit soll etwa durch die Auflassung von Eisenbahnkreuzungen erhöht werden. Die Varianten „Tunnel Imsterberg“ und die alternative Trassenführung entlang des Inns werden laut ÖBB nicht weiterverfolgt. Zum Unmut vieler anwesender Bürger bleibt somit derzeit nur die zweigleisige Variante durch das Ortsgebiet als Option bestehen. Für den Bahnübergang gibt es vonseiten der ÖBB derzeit noch keinen konkreten Lösungsvorschlag – geplant ist jedoch, die bisher drei Bahnübergänge künftig auf nur einen zu reduzieren. Das Vorhaben gilt als erster Schritt zur Umsetzung des Angebotskonzepts im Tiroler Oberland. Langfristiges Ziel ist die Verdichtung des Nahverkehrs sowie ein einheitliches Haltesystem für die Bahnhöfe Imst-Pitztal und Ötztal im Fernverkehr. Das Projekt sei laut ÖBB mit allen Varianten des Zielnetzes 2040 kompatibel.
VIELE FRAGEN, KEINE KONKRETEN ANTWORTEN. Altbürgermeister Alois Thurner zeigte sich sichtlich verwundert darüber, dass die ÖBB mittlerweile nur noch eine einzige Variante des geplanten Ausbaus verfolgen. In seiner Amtszeit in den 1990er-Jahren wurde eine Tunnelvariante geplant, die jedoch schlussendlich nicht realisiert wurde – unter anderem deshalb, weil damals Projekte in den östlichen Bundesländern Vorrang hatten. Das aktuelle Projekt rund um den Bahnhof Imst sei grundsätzlich in Ordnung und wurde bereits damals von den umliegenden Bürgermeistern eingefordert. Dennoch fehlen nach wie vor wichtige Informationen – etwa zu der geplanten Zweigleisigkeit, den Bahnübergängen oder zur zusätzlichen Lärmbelastung. „Wir müssen jetzt reagieren“, forderte Thurner. Warum funktionieren solche Projekte in anderen Bundesländern, aber bei uns nicht? Projektleiter Dipl.-Ing. Harald Schreyer argumentierte gegen die Tunnelvariante mit der mangelnden Wirtschaftlichkeit. Die Kosten seien seit den 90er-Jahren deutlich gestiegen, außerdem hätten sich die sicherheitstechnischen Anforderungen verändert. Zudem verwies er auf den höheren Verkehrsbedarf im Osten Österreichs, was dort den Ausbau dringlicher mache. Zahlreiche besorgte Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit, um den ÖBB-Vertretern Fragen zu stellen. Etwa warum der zweigleisige Ausbau nicht nur bis zur TIWAG erfolgen kann anstatt bis ins Siedlungsgebiet? Die Antwort lautete, dass aufgrund der kurzen Strecke nicht das gewünschte Ergebnis erzielt würde. Ein weiterer Einwand betraf den Nutzen für Pendler: Was bringt uns im Oberland ein zweigleisiger Ausbau bis nach Imsterberg, wenn man in Innsbruck dennoch auf den Railjet aus Salzburg warten muss? Auch zur geplanten Tunnellösung zwischen Bahnhof Imst und Imsterberg, die nur rund 200 Meter lang wäre, gab es kritische Fragen: Wie groß ist die Zeitersparnis überhaupt? Es kann sich doch nur um wenige Sekunden handeln. Zudem wurde gefragt, was passieren würde, wenn ein Grundstückseigentümer nicht verkaufen wolle. Laut Auskunft der ÖBB-Juristin sei eine Enteignung im Moment kein Thema. Gemeindevorstand Christoph Schuler gab zu bedenken, dass früher oder später ohnehin ein Tunnel durch den Schattenberg notwendig werde, sollte der zweigleisige Ausbau in Richtung Schönwies fortgeführt werden. „Dann kommt es doch auf die rund 700 Meter mehr auch nicht mehr an – und man könnte gleich die ursprünglich geplante Tunnelvariante umsetzen“, so Schuler. Als die Diskussion zunehmend emotionaler wurde, kam auch die Frage, wie viele Züge auf dem zweiten Gleis überhaupt stehenbleiben würden. Auch dazu gab es keine konkrete Antwort. Unter den Anwesenden befand sich auch der Bürgermeister von Mils, Bernhard Schöpf. Zunächst wollte er sich bewusst zurückhalten, meldete sich dann aber doch zu Wort: Es müsse einmal deutlich gesagt werden, dass sich damals die Bürgermeister von Imsterberg und Mils gemeinsam gegen eine Trasse durch die Milser-Au ausgesprochen und sich klar für das Tunnelprojekt starkgemacht haben. Leider seien damals seitens der ÖBB andere Projekte forciert worden. Es könne aber nicht sein, dass nun die Bevölkerung die Versäumnisse von damals ausbaden müsse. Abschließend erklärte Bürgermeister Richard Bartl, dass er sich bereits in Gesprächen befinde. Das Projekt sei bereits 2019 von der Bundesregierung beschlossen worden – die Gemeinde selbst sei jedoch erst vor rund einem Jahr darüber informiert worden. Man hoffe jetzt auch auf politische Unterstützung, insbesondere von Landeshauptmann Toni Mattle und vom ÖBB-nahen Verkehrs- und Umweltlandesrat René Zumtobel. Ob der Zug tatsächlich ungebremst weiterfährt, wird sich zeigen – doch fest steht, dass die Kritik aus der Region immer lauter wird und der Druck auf die Verantwortlichen wächst.