Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Braunbär zerfleischte im Pitztal drei Schafe

11. Juni 2019 | von Gebi G. Schnöll
Der mit einer Wildkamera gefilmte Bär, der im St. Leonharder Ortsteil Boden drei Schafe bestialisch gerissen hat. Foto: Privat
Florian Melmer: „Meine Schafe mussten qualvoll verenden!“ RS-Foto: Schnöll
Diese drei Schafe hatten Glück: Sie sind den tödlichen Krallen des Braunbären nur knapp entronnen. Foto: privat

Im Bauch eines Mutterschafes kamen auch zwei Lämmer ums Leben – Land Tirol mahnt Nutztierhalter zur Vorsicht


In Sankt Leonhard im Pitztal war vergangene Woche der sprichwörtliche „Bär los“. In der Nacht auf Mittwoch wurden nämlich auf einer Weide drei Schafe gerissen. Zuerst vermutete man einen Wolf, danach streunende Hunde. Eine Wildkamera entlarvte schließlich den wahren Täter: Einen Braunbär, der vom Trentino in Richtung Norden unterwegs sein dürfte.

Von Gebi G. Schnöll

Florian Melmer: „Meine Schafe mussten qualvoll verenden!“ RS-Foto: Schnöll


Bei Florian Melmer, dem Besitzer der drei gerissenen Schafe, klingelte in den vergangenen Tagen das Handy fast ununterbrochen. „Unglaublich, wie viele Medien sich für den
Bären interessieren“, schildert er beim RUNDSCHAU-Gespräch. Drei seiner sechs Schafe hat der Braunbär mit seinen Pranken aufgeschlitzt und getötet. „Eines der Tiere war hochträchtig und hätte in zwei Wochen zwei Lämmer zur Welt gebracht. Bei den beiden anderen Schafen handelt es sich um ein Jungschaf und ein 14 Jahre altes Schaf, das bei uns am Hof sozusagen das Gnadenbrot genossen hat“, erzählt Melmer. Über den schrecklichen Vorfall hat er von seinem Sohn erfahren. „Als ich am Mittwochmorgen aus dem Küchenfenster zur Schafweide hinüber blickte, kam mir etwas seltsam vor. Die Schafe lagen anders als sonst am Boden. Da ich zur Arbeit musste, bat ich meinen Sohn, die Nachschau zu halten. Wenig später hat er mich dann angerufen und gesagt, dass drei Schafe zerfleischt worden sind“, so Melmer. Er hat sofort den Amtsarzt verständigt, der die gerissenen Schafe untersuchte und den Kadavern DNA-Proben entnahm, ein Berufsjäger suchte indessen nach Spuren im Gelände. Den Angriff eines Wolfes hat der Amtsveterinär ausgeschlossen, eher seien es streunende Hunde gewesen, von denen die drei Schafe gerissen worden sind, wurde vorerst angenommen.
Überraschung

Doch dann am Donnerstagmorgen die große Überraschung. „Ein Jäger und Nachbarn hatten am Abend vorher bei der Schafweide Wildkameras installiert. Um halb sechs Uhr früh hat mich der Nachbar angerufen. Er meinte, dass ich kaum glauben würde, was die Kameras in den Nachtstunden aufgezeichnet haben. Als ich dann ironisch fragte, Hund oder Wolf, teilte mir der Nachbar mit, dass auf dem Foto ein Bär zu sehen sei“, schildert Melmer. Den Wert der gerissenen Schafe kann er nicht beziffern. „Es waren ja keine Zuchtschafe, außerdem wird der Schaden vom Land Tirol ersetzt. Wichtiger ist mir aber aufzuzeigen, wie qualvoll meine drei Schafe verenden mussten.

Diese drei Schafe hatten Glück: Sie sind den tödlichen Krallen des Braunbären nur knapp entronnen. Foto: privat

Aufruf, Wachsam zu sein

„Wir gehen davon aus, dass es sich beim fotografierten Tier um ein männliches Jungtier aus dem Bestand im Trentino handelt, welches bei uns auf der Durchreise ist“, sagt der Beauftragte des Landes Tirol für große Beutegreifer, Martin Janovsky. Die Nutztierhalter im Pitztal wurden vorsorglich zu besonderer Aufmerksamkeit aufgerufen. „Nutztiere, die sich auf den Heimweiden befinden, sollten nach Möglichkeit in der Nacht in den Stall gebracht oder entsprechend eingezäunt werden“, empfiehlt Josef Gitterle von der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen, Jagd und Fischerei. Florian Melmer hat seine drei noch lebende Schafe bereits in Sicherheit gebracht. „Das geht aber nicht immer. Im Ortsteil Piösmes gibt es zum Beispiel ein Gemeinschaftsschafweide, da kann man nicht jeden Abend die Schafe teilen und in den jeweiligen Stall bringen“, weiß der Pitztaler Schafhalter.
Sichtungen melden

Im Dreiländereck zwischen dem Vinschgau, dem Engadin und dem Tiroler Oberland werden immer wieder Hinweise auf Bären gefunden. Schäden wurden jedoch keine gemeldet. Zuletzt wurden Ende Mai im Paznaun bereits ältere Bärenspuren im Schnee entdeckt. Um zu klären, um welches Individuum es sich bei dem fotografierten Bären handelt, wurde den gerissenen Schafen entnommenes Probenmaterial zur genetischen Untersuchung geschickt. Sichtungen, Bilder und Schäden sollten dem Amtstierarzt der zuständigen Bezirkshauptmannschaft gemeldet werden. Verhaltensregeln und Informationen zum Thema große Beutegreifer und zum Einzäunen finden sich unter tirol.gv.at/baer-wolf-luchs

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