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Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht

28. Jänner 2020 | von Nina Zacke
Einen Umstieg auf Busse und Bahnen fordern angesichts des Klimawandels viele. Doch die Öffis (auch preislich) wirklich attraktiv zu machen – das ist wohl gar nicht so einfach, wie eine Recherche der RUNDSCHAU ergab.   RS-Foto: Gerrmann
Einen Umstieg auf Busse und Bahnen fordern angesichts des Klimawandels viele. Doch die Öffis (auch preislich) wirklich attraktiv zu machen – das ist wohl gar nicht so einfach, wie eine Recherche der RUNDSCHAU ergab.   RS-Foto: Gerrmann

Verbesserung des Öffi-Angebots zwischen dem Außerfern und dem Allgäu lässt auf sich warten


(sas) Für großes Aufsehen sorgte im vergangenen Jahr der Plan eines gemeinsamen Nahverkehrstickets für Nord- und Südtirol. „Gute Idee“, mag sich da mancher im Außerfern gedacht haben: „Doch – was haben wir davon?“ Die  Menschen im Bezirk Reutte möchten ja mit dem Nahverkehr vermutlich weniger günstig  nach Bozen und stattdessen lieber nach Kempten. Die RUNDSCHAU hat nun Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe diese Frage gestellt.

Von Jürgen Gerrmann

Deren Büro weist darauf hin, dass sich Bayern und Tirol vor Kurzem erstmals auf eine gemeinsame Ausschreibung der Schienenverkehrsleistungen geeinigt hätten. Der Haken für den Laien dabei ist: Davon ist erst der Nahverkehr ab Dezember 2025 betroffen – also in fast fünf Jahren!

Dennoch erhoffen sich beide Länder dadurch eine „deutliche Verbesserung des Zugangebotes“, und zwar sowohl auf der Außerfernbahn als auch zwischen Innsbruck, Mittenwald und München.
Stundentakt in knapp zwei Jahren?

Zumindest eine Qualitätsverbesserung scheint in Richtung Allgäu schon früher greifbar. Im Dezember 2021 wollen auch die Bayern die noch fehlende Bahnstrecke zwischen der Landesgrenze bei Schönbichl und dem Bahnhof Pfronten-Steinach elektrifiziert haben. Dann soll auch ein Stundentakt zwischen Reutte und Steinach eingerichtet werden – und zwar „durchgehend“. Aus der Antwort auf die Anfrage unserer Zeitung ist aber nicht zu entnehmen, ob zum Beispiel die Abendverbindung ausgedehnt werden soll.

Ingrid Felipes Büro verweist indes auch auf das Interreg-Projekt „Attraktivierung Regionalbahnen“, das seit rund einem Vierteljahr läuft. Auch dabei gehe es um konkrete Maßnahmen, die Außerfernbahn attraktiver zu machen. Am Anfang soll eine Untersuchung des Ist-Zustandes erfolgen und untersucht werden, wie die Menschen in der Region und die Urlauber hier die Bahn nutzten.

Folgen soll ein „Stakeholder-Innenprozess“, wie es im komplizierten Politiker-und Bürokraten-Neusprech heißt. Im Klartext: Möglichst viele, die ein Interesse an dieser Bahn haben, sollen zusammenkommen und ihre Ideen, Wünsche und Vorstellungen einbringen. Dabei sollen sich sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen herauskristallisieren. Sie werden dann im nächsten Schritt auf ihre Umsetzbarkeit überprüft.
Auch touristische Angebote.

Ausdrücklich wird in der Stellungnahme des Büros der sowohl für europäische Verkehrspolitik als auch für den öffentlichen Verkehr zuständigen Landeshauptmannstellvertreterin erwähnt, dass es dabei auch um „touristische Angebote“ gehen soll – also, inwieweit die Außerfernbahn auch dabei helfen könne, die Urlauber zu einer Anreise ohne Auto zu motivieren.

Andere Arbeitsgruppen sollen sich damit befassen, ob und wie der Bahnhof Pfronten-Steinach zu einer „modernen Mobilitätsdrehscheibe“ entwickelt oder auch die im Moment eher zuckelnde Bahn schneller gemacht werden könnten, um wirklich zu einer Alternative zum Auto zu werden. Die technischen Fragen wolle der Verkehrsverbund Tirol (VVT) gemeinsam mit den für den Schienenverkehr zuständigen Partnern klären. Dieses Regionalbahn-Projekt ist bis Februar 2022 angelegt. Der VVT hat angekündigt, regelmäßig über Veranstaltungen und eventuellen Fortschritte zu informieren.

Wie sieht es denn nun aber mit einem günstigen grenzübergreifenden Tirol-Allgäu-Öffi-Ticket aus? Derzeit kostet eine Bahnfahrt von Reutte nach Kempten einfach 12,70 Euro – hin und zurück also 25,40 Euro. Und das bei einer im Vergleich zum Auto doppelt so langen Fahrzeit. Das wird kaum einen Pkw-Lenker zum Umsteigen motivieren.

Immerhin bekundet der VVT in der Antwort an die RUNDSCHAU „ein starkes Interesse daran, das tarifliche Angebot grenzüberschreitend weiter auszubauen“. Richtung München ist da mit dem Werdenfels-Ticket (das allerdings in Bayerns Metropole nur für die S-Bahn, nicht aber für Busse und Straßenbahn gilt) schon ein großer Schritt getan, doch Richtung Allgäu lässt die  Ausweitung des VVT-Tarifs bis Pfronten, Füssen und Oberjoch doch viele Wünsche offen und kommt eher bescheiden daher. Immerhin verspricht der Verkehrsverbund: „Wir sind gerne bereit, gemeinsam mit Bayern an weiteren tariflichen Angeboten zu arbeiten.“ Ob im Moment schon daran gearbeitet wird – darüber schweigt sich die Antwort von Ingrid Felipes Büro indes aus.
Politik und VVT optimistisch. 

Dennoch ist die Landeshauptmannstellvertreterin insgesamt zufrieden: „Mit den getroffenen und noch geplanten Maßnahmen attraktivieren wir die Öffi-Verbindungen zwischen Bayern und Tirol und erleichtern durch dieses verbesserte Angebot den Umstieg vom Auto auf die Bahn oder den Bus. Aktionen wie diese entlasten die grenznahen Straßenabschnitte, tragen zum Klimaschutz bei und ermöglichen ein komfortables grenzüberschreitendes Reisen“, sagt sie gegenüber der RUNDSCHAU. Inwieweit dies realistisch ist, wird die Entwicklung der Fahrgastzahlen zeigen.

Ingrid Felipes Zuversicht wird auf jeden Fall von VVT-Geschäftsführer Alexander Jug geteilt: „Der immer stärkere Angebotsausbau und das passende Tarifangebot sind essentiell, um die Menschen zum Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsangebote zu motivieren. Für ein umfassendes Mobilitätsangebot ist es aber auch besonders wichtig, dies nicht nur im eigenen Land weiter voranzutreiben, sondern auch eng mit den Nachbarländern zusammenzuarbeiten.“

Aber auch wenn sich der Optimismus der beiden als gerechtfertigt erweisen sollte, so hat die Recherche der RUNDSCHAU wohl auch eins gezeigt: Eine schnelle Lösung im Zuge einer echten Öffi-Offensive zwischen dem Außerfern und dem Allgäu ist nicht in Sicht.

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