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Frisst der Borkenkäfer unsere Wälder?

Bedrohlicher Käferbefall an Fichten und Kiefern auch im Bezirk Imst

Schon der schneereiche Winter 2019 hätte bei weitem ausgereicht, aber der Rekordwinter 2020/2021 setzte den Wäldern in vielfacher Hinsicht noch härter zu. Was übrig bleibt, sind Mengen an Schadholz. Bleiben diese liegen, bilden sie ideale Brutbedingungen für Waldschädlinge, und Winterschäden sind nicht nur eine Bremse der Forstwirtschaft, sondern auch hinsichtlich Schutzfunktion bedenklich. So legt Gebhard Walter, Leiter der Sektion Tirol der Wildbach- und Lawinenverbauung, dar: „Wie wichtig ein gesunder Wald ist, hat sich im heurigen Winter ganz deutlich gezeigt. Der Schutzwald hat gewirkt, aber er hat stark gelitten.“
22. März 2021 | von Peter Bundschuh
Frisst der Borkenkäfer unsere Wälder?
Andreas Pohl, Leiter der Forstinspektion Imst: „Im Sinne der Forstschutzverordnung ergeht die Aufforderung an Waldbesitzer und Nutz- oder Teilwaldberechtigte, die Aufarbeitung des Schadholzes fristgerecht durchzuführen.“ RS-Foto: Bundschuh
Von Peter Bundschuh

„Vor allem die Fichtenwälder reagieren sensibel und rasch auf den Klimawandel. Hohe Temperaturen und Niederschlagsdefizite gepaart mit extremen Wetterereignissen, die zu Wind- und Schneebruch führen, schwächen die Abwehrkräfte der Fichten gegenüber einem Befall durch Borkenkäfer, vor allem den Buchdrucker. Folge: Ein gebietsweise flächiges Absterben von Fichtenwäldern“, so die Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. „Notwendig ist in erster Linie das fristgerechte Aufarbeiten von Schadholz zur Vorbeugung einer gefahrdrohenden Vermehrung von Forstschäden.“ Andreas Pohl leitet die Forstinspektion Imst seit 2019, hier im Gespräch mit der RUNDSCHAU. 

„VORWIEGEND SEKUNDÄRSCHÄDLINGE“. Der Leiter der Forstinspektion weiter: „Die meisten Borkenkäferarten sind ‚Sekundärschädlinge‘, die günstige Entwicklungsbedingungen in kränkelnden oder absterbenden Bäumen finden. Derartiges Brutmaterial stellen am Boden liegende Kronenteile, stehende Stämme ohne Krone, Windwürfe oder teilweise entwurzelte Bäume dar. Dies bedeutet, dass die aktuellen Bestandsschäden durch den Nassschneefall im Dezember 2020 die Grundlage für eine Massenvermehrung von Forstschädlingen bilden. Bei einer hohen Dichte an Käfern können manche Arten zu ‚Primärschädlingen‘ werden, gesunde Bestände befallen und diese zum Absterben bringen.“ 

VON BUCHDRUCKERN, KUPFERSTECHERN UND „SPIESSGESELLEN“. Bei den Forstschädlingen wird unter „Rindenbrütern“, die für den Baum die lebensnotwendigen Leitungsbahnen in der Bastschicht zerstören und den Baum in der Regel zum Absterben bringen, und den „Holzbrütern“, die ihr Brutsystem im Splintholz der Bäume anlegen und sich von Pilzen ernähren, die in den Bohrgängen gezüchtet werden, unterschieden. Vertreter der Rindenbrüter sind der Buchdrucker und der Kupferstecher, die Hauptschädlinge für die Baumart Fichte darstellen. Der Große und der Kleine Waldgärtner sind Hauptschädlinge der Baumart Kiefer, ein weiterer Rindenbrüter ist der Große Lärchenbohrkäfer. Ein Vertreter der Holzbrüter ist der Nutzholzbohrer, der vorwiegend Fichten befällt. 

BLÄUEPILZ BEI „EDLEN“ KIEFERN und „BROTBAUM“-FICHTE. Andreas Pohl fährt fort: „Beim überwiegenden Anteil des Schadholzes in tieferen Lagen handelt es sich um Kiefernholz, betroffen sind in erster Linie der Bereich Inntal und das Mieminger Plateau. Durch den Bläuepilz verfärbt sich das Splintholz in der Vegetationszeit sehr rasch und wird dadurch entwertet. Kiefernholz sollte daher spätestens bis Mitte April aufgearbeitet werden.“ Aber auch der Anteil an Fichte am Schadholz, die aus wirtschaftlicher Sicht die „Brotbaumart“ darstellt, ist nicht gering. Durch eine nicht rechtzeitige Aufarbeitung und Vermarktung kann sich auch bei der Fichte infolge von Schadinsekten und Bläuepilz eine nicht geringe Entwertung des Holzes ergeben. 

DIE „EILE MIT WEILE“ IST ABSOLUT FEHL AM PLATZ. Die fristgerechte Aufarbeitung von Schadholz sei ein absolutes „Muss“, erklärt Pohl und fährt im Originalton fort: „Aufgrund der großräumigen Verteilung von geringen Schadholzmengen sind besonders in den Teilwaldgemeinden des Bezirkes zahlreiche Waldbesitzer und Nutzungsberechtigte von der Schadenssituation betroffen. Die Gemeindeforstaufsichtsorgane wurden daher beauftragt, die Waldbesitzer zur fristgerechten Aufarbeitung von Schadholz aufzufordern. Um die Gefahr einer Massenvermehrung zu verhindern, ist es notwendig, den Käfern das Brutmaterial zu entziehen, bevor sich aus den abgelegten Eiern neue Käfer entwickeln können. Daher ist das Schadholz möglichst rasch aufzuarbeiten und zu entfernen.“ 

KRITISCHE STIMMEN. Auch grundsätzliche Kritik an den für den Zustand der Tiroler Wälder verantwortlichen Behörden, die sich allerdings nicht gegen die Inspektion Imst wendet, soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Der hier zitierte Verfasser ist der Redaktion namentlich bekannt: „Im Umgang mit der Waldhygiene sind die Zuständigen schon über mehrere Jahre hilflos überfordert, befallene Bäume stehen und liegen monatelang im Wald und keiner darf sich über eine explosionsartige Vermehrung der Schädlinge wundern. Die Ursachen der derzeitigen Waldmisere sind deprimierend.“ In Folge werden der Forstbehörde Versäumnisse in Sachen Sorgsamkeit und Kontrollsystem angelastet.

APELLE DER FÖRSTER. Damit seitens des Forstdienstes nicht kurzfristig die Aufarbeitung von Schadholz sowie Maßnahmen zur Verhinderung einer gefahrdrohenden Vermehrung oder Verbreitung von Forstschädlingen eingefordert werden müssen, wird seitens der Gemeinde und der Bezirksforstinspektion Imst um die fristgerechte Aufarbeitung von Schadholz gebeten. Das zuständige Forstaufsichtsorgan der Gemeinde sowie der Bezirksförster können jederzeit bei diesbezüglichen Fragen kontaktiert werden, um bei Bedarf die Maßnahmenumsetzung fachlich zu unterstützen.

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