Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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In aller Kürze

17. Mai 2022 | von Martin Grüneis
In aller Kürze
Liebe Freunde kurzer Ansprachen!

Der ehemalige Imster Pfarrer kündigte bei der Vollversammlung eines Männervereins an, dass seine Rede knapp sein werde. Sein Spruch „Die Güte einer Wurst erkennt man nicht an seiner Länge“ stieß auf wohlwollendes Gelächter. Worauf der Geistliche als Überleitung zum Mittagessen noch eine weitere Wuchtel folgen ließ: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns Braten sehen!“ Ein paar Jahre nach diesem mir unvergesslichen humoristischen Erlebnis kam ein Mann namens Kurz auf die politische Bühne. Er machte bei seinen Wortmeldungen seinem Namen alle Ehre. Und dem Volk eine große Freude. Kurz darauf war er ein Superstar. Danach kurz mal weg. Kurz wieder da. Um sich dann letztlich in aller Kürze zu verabschieden. In seinem Sog entpuppte sich nicht nur die Kürze der politischen Ansage zum neuen Trend. Nein, auch die Dauer der Amtszeit diverser Minister und -innen wurde immer kürzer. Was letztlich selbst beim Bundespräsidenten eine gewisse Kurzatmigkeit auslöste. Bereits mehr als ein Dutzend Mal musste er während seiner Amtszeit neue Regierungsmitglieder angeloben. So etwas nennt man auf Neudeutsch heutzutage eine „Shortlist“. Was wiederum über kurz oder lang das Wählerempfinden drastisch verändert. Kaum ein Mensch in diesem Staat ist noch gewillt, sich den Namen eines Ministers, geschweige denn eines Staatssekretärs, zu merken. Schließlich heißen der oder diejenige ja nicht selten kurz später wieder anders. Wirklich seit längerem dauerhaft kurz ist da ein gewisser Kickl. Allerdings nur, was seine Körpergröße anbelangt. Aber immerhin. Sein Vorteil scheint es zu sein, dass seine Anhänger, was die Sinnentleerung seiner kurzen Sager betrifft, über eine bewundernswerte Vergesslichkeit beim Kurzzeitgedächtnis verfügen.

Meinhard Eiter

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