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Gemeinderat vor Auflösung

16. April 2019 | von Nina Zacke
Wirbel im Sautner Gemeinderat: Die oppositionellen „Sautner Impulse“ legen sämtliche Mandate zurück und üben harsche Kritik an der Bürgermeisterliste rund um Manfred Köll. Die Gemeinde steht nun wohl vor Neuwahlen. RS-Foto: Burger
Legten ihr Mandat zurück: Die Mitglieder der „Sautner Impulse“ nach Verlassen des Sitzungssaals. RS-Foto: Burger
Steht an der Spitze eines nun nicht mehr beschlussfähigen Gemeinderats: Bürgermeister Manfred Köll. RS-Foto: Burger
Erhebt schwere Anschuldigungen gegen den Bürgermeister von Sautens: Vizebürgermeister Oswald Gritsch. RS-Foto: Burger

Sautens: Gesamte Oppositionsliste legt Mandat nieder


Ein tiefer Graben an Auseinandersetzungen und gegenseitigen Beschuldigungen trennt im Gemeinderat Sautens seit Jahren die Bürgermeisterliste und die oppositionellen „Sautner Impulse“. Nun scheint das Ende der Fahnenstange erreicht – nicht etwa anhand plötzlicher Versöhnung zwischen den Streitparteien, sondern durch den gesammelten Rücktritt der „Sautner Impulse“, die bislang die Mehrheit bildeten. Die Zeichen stehen so wohl auf Neuwahlen.


Von Mel Burger

Als Omen dafür, dass die Sitzung des Sautner Gemeinderates wohl durchaus spannend werden könnte, dürfte am vergangenen Donnerstagabend wohl die hohe Zahl an Zuschauern zu deuten gewesen sein – ebenso wie die Mitteilung von Bürgermeister Manfred Köll, dass mit Claudia Trinker und Marco Pastl zwei Ersatz-Gemeinderäte der „Sautner Impulse“ ihren Rücktritt bekannt gegeben hätten.



Aber von Anfang an

Nach einem kurzen bürgermeisterlichen Monatsrückblick standen vor den thematischen Schwerpunkten des Abends – dem Beschließen der Jahresrechnung und der Genehmigung des Haushaltsplans – zunächst Änderungen des Raumordnungskonzepts im Bereich Salchat und Büchlehn auf dem Plan, wobei frühzeitiges Handeln geboten wäre, mahnte der Bürgermeister. Bei abzeichnender Zuwanderung sprach sich Köll für eine Änderung auf „Dichte 1“ aus, womit der dörfliche Charakter erhalten bleiben soll. Über Details klärte der raumplanerische Berater der Gemeinde, Hugo Schöpf, auf, der zugleich das geplante Vorgehen befürwortete, das der Gemeinde mehr Freiheit beim Wählen des Standorts von verdichteten Bauten gewähre und ebenso ein Mitspracherecht bei größeren Projekten sichere. Die Abstimmung wurde auf Wunsch der Opposition vertagt.



Vorzeichen

Mit dem nächsten Tagesordnungspunkt – dem Jahresabschluss – ging das Wort über auf Thomas Holzknecht, Obmann des Überprüfungsausschusses und Mitglied der „Sautner Impulse“, der einen Überblick über die finanziellen Zahlen zum vergangenen Jahr lieferte. Trotz eines im Vergleich zu anderen Gemeinden niedrigen Verschuldungsgrad von lediglich 34 Prozent dürfe nicht auf offene Schulden von über 800.000 Euro vergessen werden, erinnerte Holzknecht. Zurückzuführen seien die Verbindlichkeiten auf zusätzliche Ausgaben bei den Projekten Feuerwehrhaus und Musikpavillon sowie der Sanierung der Balbachalm. Eine Tilgung sei erst im aktuellen Jahr durch neuerliche Kredite möglich, was der Gemeinde eine schwierige Finanzlage aufgrund des prognostizierten Anwachsens des Verschuldungsgrads auf etwa 67 Prozent bescheren werde. Scharfe Kritik übte Holzknecht anschließend am Bürgermeister, der einzelne Ausgaben ohne Abstimmung mit dem Gemeinderat getätigt habe. Ein Beispiel dafür sei ein für die Balbachalm angekaufter Motorschlitten, der laut Bürgermeister zur Erfüllung von Bauauflagen wie wöchentlichen Messungen des Quellwasserstandes im unwegsamen Gelände oberhalb der Alm durch Bauhof-Angestellte benötigt werde. So beendete Holzknecht nach der Aufforderung von Bürgermeisterliste-Mandatar Christoph Ennemoser („der Überprüfungsausschuss soll endlich eine Empfehlung abgeben“) seine Ausführungen mit der Feststellung, dass er nicht mit ruhigem Gewissen eine Befürwortung der Jahresrechnung empfehlen könne. Diesen Worten – und auch den Sautner Machtverhältnissen – entsprechend fiel dann anschließend das Abstimmungsergebnis aus: Sechs Stimmen der Bürgermeisterliste sprachen sich für den Beschluss der Jahresrechnung aus, sieben „Sautner Impulse“-Stimmen hielten dagegen.




Legten ihr Mandat zurück: Die Mitglieder der „Sautner Impulse“ nach Verlassen des Sitzungssaals. RS-Foto: Burger

Von Gerüchten und Beschwerden

Nach dieser Ablehnung schien Bürgermeister Manfred Köll entschlossen, die nächsten Punkte schnellstmöglich abzuwickeln – wie unter anderem die erneut auf dem Tagesplan vorgesehene Abstimmung zur Abtretung einer 15 Quadratmeter großen Teilfläche vor dem Restaurant „Rochusstüberl“ an dessen Besitzer, die einstimmig angenommen wurde. Eine Beschwerde brachte derweil Thomas Holzknecht zu Gehör, der sich über zu ihm vorgedrungene Gerüchte um eine angebliche Ablehnung in der vorangegangenen Sitzung seitens der „Sautner Impulse“ erbost zeigte und um Richtigstellung bemüht war.



Knalleffekt

Dass der letzte und für jede Gemeinderatssitzung traditionelle Punkt „Allgemeines und Allfälliges“ stets für allerhand Überraschungen gut ist, bewies Vizebürgermeister Oswald Gritsch („Sautner Impulse“). Stehend erklärte der Oppositionsführer, dass er und seine Mitstreiter der „Sautner Impulse“ keine Lust mehr verspüren würden, sich seitens des Bürgermeisters länger „belügen, betrügen und bewusst falsch informieren“ zu lassen. Den Einwurf von Köll, dass solche Behauptungen rechtlich verfolgt werden würden, ignorierte Gritsch, fuhr fort und beanstandete unter anderem, dass von der Opposition beantragte Arbeitsgruppen und Bedarfssitzungen zumeist auf Ablehnung gestoßen seien und Köll beim Projekt „Golfanlage Ötztal“ Zusagen getätigt habe, ohne den gesamten Gemeinderat zu informieren. Zugleich würden viele Vorschläge seiner Liste „belächelt“ sowie er und seine Listenkollegen als „Spinner und Trottel“ verunglimpft werden, kritisierte Gritsch und verkündete, sein Mandat ebenso wie sämtliche Mitglieder der „Sautner Impulse“ zurückzulegen.



Konsequenzen

Nach dem gesammelten Rücktritt der Opposition besteht der Gemeinderat Sautens nun nur noch aus sechs von einst 13 Mitgliedern und ist somit zum momentanen Zeitpunkt nicht beschlussfähig, wie Andreas Hutter von der Abteilung Gemeindeaufsicht in der Bezirkshauptmannschaft Imst bestätigt. Rechtskräftig werden die Rücktritte allerdings erst am Freitag dieser Woche. Sofern niemand von den zurückgetretenen Mandataren seine Entscheidung überdenkt, wird der Gemeinderat aufgelöst, ein Amtsverwalter bestimmt und binnen sechs Wochen in Sautens Neuwahlen ausgeschrieben. Allerdings bedarf es lediglich eines „Rücktritts vom Rücktritt“ – dann wären es wieder sieben Mitglieder in einem neuerlich beschlussfähigen Sautner Gemeinderat.



Offenes

Die seitens der „Sautner Impulse“ eingebrachte und durch ihre Mehrheit erwirkte Beschlussfassung zum Golfclub-Projekt bleibt zwar beschlossen, wird durch die vorläufige Auflösung des Gemeinderates aber dennoch warten müssen. Bemängelt wurde im Antrag erneut der stockende Informationsfluss zu aktuellen Fortschritten des geplanten Golfclubs, verbunden mit dem Vorwurf, dass Bürgermeister Köll das Freizeitzentrum ohne Ablöse oder fixierten Auflagen „verschenken“ würde. Köll wehrte sich, dass noch genug Zeit für Verhandlungen sei, jedoch sprachen sich seine Gegner dafür aus, eine Ablösevereinbarung für das Kulturzentrum zu treffen, einen neuen Kultursaal einzuplanen und das Schwimmbad zu erhalten. Projektleiterin Christine Hackl versicherte auf RS-Nachfrage, dass sie bei einem Besuch der „Sautner Impulse“ vor drei Wochen bereits Vorschläge für eine Lösung betreffend des Kultursaals samt Anschluss an das geplante Restaurant besprochen hätten, aber dass aus ihrer Sicht Räumlichkeiten des neuen Musikpavillons, der Feuerwehr oder des Fußballvereines dafür genutzt werden könnten. Sie hofft auf eine positive Entwicklung im Gemeinderat, da bald wichtige Entscheidungen bezüglich des Projekts anstehen würden.




Steht an der Spitze eines nun nicht mehr beschlussfähigen Gemeinderats: Bürgermeister Manfred Köll. RS-Foto: Burger


Erhebt schwere Anschuldigungen gegen den Bürgermeister von Sautens: Vizebürgermeister Oswald Gritsch. RS-Foto: Burger

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