Von Daniel Haueis
Bereits seit 26. Mai ist die Uferstraße West beim Gepatschstausee teilweise gesperrt: Die Kaunertaler Gletscherbahnen als Betreiber haben Veränderungen an den Hängen festgestellt, die Straße gesperrt und die BH Landeck sowie die Straßen- und Grundeigentümerin Tiwag informiert. Entscheidungsgrundlage für die Straßensperre war ein aktuelles geologisches Gutachten, das auf Basis einer wissenschaftlichen Untersuchung des Hanges an der Uferstraße West erstellt wurde. „Das Ergebnis des Gutachtens, das auch rechtlich geprüft wurde, zeigt, dass die Hänge entlang der Uferstraße West instabil sind. Die Uferstraße West ist somit nicht mehr sicher passierbar“, teilen die Gletscherbahnen mit. Besitzer der Straße ist die Tiwag, die Gletscherbahn aber betreut sie, da die Gäste des Gletscherskigebietes ja diese Straße benützen – daher hat auch die Gletscherbahn die Straße gesperrt. „Als Kaunertaler Gletscherbahnen liegt es in unserer Verantwortung, eine sichere Passierbarkeit der Straße zu gewährleisten. Aufgrund der im Gutachten beschriebenen akuten Gefährdungslage im Bereich der Uferstraße West war diese im Sinne der Sicherheit sofort – bis zur Prüfung der Sachlage durch die zuständige Straßenbehörde BH Landeck – für den Verkehr zu sperren“, erklärt Franz Wackernell von den Gletscherbahnen. Es soll nicht, wie es 2015 schon einmal war, plötzlich ein Stück Straße fehlen, weil es weggebrochen ist. „Die Haftung kann gerne jemand anderer übernehmen“, sagt Wackernell, der mit Co-Geschäftsführerin Beate Rubatscher den Kopf hinhalten müsste.
TIWAG SIEHT KEINE GEFAHR. Der Talsperrenverantwortliche der Tiwag, die Besitzer von Grund und Straße ist, sagt zur Sache: „Die Erkenntnisse und Interpretationen aus langjährigen und aktuellen Messdaten der verschiedenen Hangbeobachtungssysteme sowie Befundungen aus Begehungen an den Speicherhängen Gepatsch weisen auf kein außergewöhnliches Verhalten hin“, so DI Michael Holzmann von der Tiwag-Abteilung Wasserkraftplanung/Talsperrenverantwortung. „Mögliche oberflächennahe Prozesse“, die Auswirkungen auf die Uferstraße West haben können, stünden nicht im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Speichers Gepatsch und stellten für dessen Betrieb keine Gefahr dar. Die BH Landeck hat die Mitteilung über die geologische Stellungnahme erhalten und wird bei einem entsprechenden Ansuchen oder Antrag auch mit den Verantwortlichen dieser Privatstraße, also den Gletscherbahnen und der Tiwag, in Kontakt treten. Bgm. Christian Kalsberger hat inzwischen ein „Gegengutachten“ in Händen und will nun „schauen, was Sache ist“. Ihm geht es vorrangig um die Zufahrt zur Nassereinalm. Derzeit sei die westliche Uferstraße bis zu dieser Abzweigung offen – werde sie ganz gesperrt, käme man nicht mehr auf die Alm. Man arbeite an einer Lösung.
UND „OST“? Die Uferstraße Ost der Gletscherstraße bleibt übrigens für den Verkehr geöffnet – die Zufahrt zum Kaunertaler Gletscher ist somit weiterhin möglich. Die Gletscherbahnen dürften die ostseitige Straße übrigens generell bevorzugen – die westseitige macht nämlich schon seit gut einem Jahrzehnt immer wieder größere Probleme und ist vielleicht gar nicht zu halten. Auf der ostseitigen Straße wurden bereits 20 Sprengmasten aufgestellt, sodass sie auch im Winter zu befahren ist (bis auf kurze Sperren während der Sprengungen). Wohl deshalb wurde das nun vorliegende Gutachten zum Hang auf der Westseite des Stausees „rechtlich geprüft“, wie es in der Gletscherbahn-Aussendung geheißen hat. Mit dem Hang werden also nicht nur Geologen, sondern auch Juristen befasst sein. Auszuschließen ist wohl nur eines: Dass es wieder eine sichere Straße am Talboden geben wird, wie es vor dem Kraftwerksbau war.
WWF und Verein Lebenswertes Kaunertal warnen
(dgh) „Nachdem bereits die Uferstraße wegen Hangrutschgefahr gesperrt wurde, muss Landeshauptmann Anton Mattle sich nun endlich mit den akuten Sicherheitsbedenken beschäftigen, anstatt den von der Tiwag gewünschten Ausbau des Kraftwerks stur durchzuboxen. Sicherheitsfragen dieser Tragweite können nicht im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens behandelt werden, das muss vorher geklärt werden“, fordert WWF-Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek. WWF und Verein „Lebenswertes Kaunertal“ fordern seit Monaten, das Bauprojekt zu stoppen und eine unabhängige Fach-Kommission mit der umfassenden Überprüfung der Gefahrenlage im Kaunertal zu beauftragen. „Wenn beim Bau des Speicherkraftwerks oder beim täglichen Umpumpen zwischen den Speicherseen etwas schiefgeht, dann sind es unsere Existenzen, die auf dem Spiel stehen“, warnt Anita Hofmann, Obfrau des Vereins „Lebenswertes Kaunertal“. „Jetzt wird sogar die Uferstraße aus Sicherheitsgründen gesperrt. Was muss denn noch alles passieren? Auch der aktuelle Bergsturz in Galtür zeigt, wie schnell so etwas gehen kann.“