Von Daniel Haueis
900 Ischgler nahmen in der ersten Novemberwoche an der Corona-Nachfolgestudie teil, 801 davon waren schon bei der ersten Studie im April dabei. Nun liegen die Ergebnisse vor: Die Immunität ist mit 45,4 Prozent Antikörper-Trägern recht stabil – die jetzigen Teilnehmer hatten im April nämlich eine Seroprävalenz von 51,4 Prozent. Mit anderen Worten: Knapp 90 Prozent der Ischgler, die bei der ersten Untersuchung Antikörper gegen Sars-CoV-2 hatten, haben sie noch immer. „Trotz leichtem Rückgang der Antikörperkonzentration im Vergleich zur ersten Studie können wir damit von einer relativ stabilen Immunität sprechen“, sagt Dorothee von Laer, Leiterin des Instituts für Virologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Die Probanden wurden auch zu ihren Symptomen befragt, was in Verbindung mit den Analyseergebnissen einen Schluss zulässt: Je schwerer die Symptome, desto mehr Antikörper waren auch nach ca. acht Monaten (nach dem vermuteten Erkrankungsbeginn) noch vorhanden.
KILLERZELLEN. Die Antikörper schützen vor einer Infektion – das Virus kann aber auch von speziellen Immunzellen, sogenannte T- oder Killerzellen, bekämpft werden: Sie erkennen virusinfizierte Zellen und eliminieren sie, was zu sogenannter zellulärer Immunität führt. Deshalb wurde in der aktuellen Studie bei 93 Proben zusätzlich das Vorhandensein dieser Zellen untersucht. „Eine T-Zellimmunantwort ließ sich auch in Proben mit kaum oder nicht mehr nachweisbarem Antikörpertiter belegen, was die Rolle der zellulären Immunität nach Covid-19 untermauert“, so von Laer. Es sei folglich nicht ausgeschlossen, dass eine Immunität auch dann besteht, wenn keine Antikörper mehr in den verwendeten Tests nachweisbar sind. MedUni-Rektor Wolfgang Fleischhacker bezeichnet die Ergebnisse insgesamt als „sehr ermutigend“.
AUCH 50% IMMUNE KÖNNEN WIRKEN. Von Herdenimmunität könne in Ischgl zwar nicht ausgegangen werden, sagt von Laer, doch der hohe Anteil von Antikörper-Trägern könnte in Kombination mit Maßnahmen wie Maske tragen und Abstand halten eine zweite Welle im Herbst des vergangenen Jahres verhindert haben. Damals – in Österreich war gerade eine zweite Welle im Anrollen – gab es in Ischgl eine Neuinfektionsrate von unter einem Prozent. Dass also Maske und Abstand in Kombination mit 40 bis 50 Prozent Immunen schon Wirkung zeigen, lässt van Laer auf eine „frühere Rückkehr zur Normalität hoffen“ – denn die Impfung von 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung sollte in absehbarer Zeit zu erreichen sein.
JÄHRLICH IMPFEN? Weniger gute Nachrichten hatte Dorothee von Laer bei der Pressekonferenz am 18. Februar ganz unabhängig von der Studie in Ischgl zu verkünden, nämlich in Sachen Mutationen. Die Immunität, wie sie nun z.B. fast die Hälfte der Ischgler aufweist, wirkt nicht gegen die südafrikanische oder die brasilianische Variante (die T-Zellen-Immunität, die zwar nicht vor Ansteckung, aber vor schweren Verläufen schützt, wirkt gegen alle Varianten). Auch in Österreich ist zu sehen, dass zweimal an Corona Erkrankte beim zweiten Mal von einer Mutation des Virus befallen wurden. Wichtig, so van Laer, sei es daher, die Mutationen „unten zu halten“, bis Impfstoff vorliegt. Und der werde wohl – wie bei der Influenza schon jetzt üblich – jährlich anzupassen sein. „Man kann erwarten, dass die Impfung ein Jahr hält“, sagt van Laer – mit anderen Worten: „Corona“ könnte eine jährliche Impfung nötig machen, wie es die Grippe bereits tut.
Studienleiterin Wegene Tamire Borena: 801 der gut 900 Teilnehmer waren bereits bei der ersten Studie dabei. Foto: zeitungsfoto.at