Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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„Eher Vetternwirtschaft …“

Christian Matt wechselt zur FPÖ – Claus Aniballi: „Viele treten aus Wirtschaftsbund aus“

Mit einem Paukenschlag konnte vergangene Woche die Bezirks-FPÖ aufwarten. Christian Matt, seit 25 Jahren bei der ÖVP, wechselt mit 1. März zu den Blauen. Der stellvertretende VP-Bezirksobmann und AAB-Bezirksgeschäftsführer rechnet bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit FPÖ-Bezirkskoordinator Claus Aniballi mit der ÖVP und der türkis-geführten Bundesregierung ab.
1. März 2021 | von Von Albert Unterpirker
„Eher Vetternwirtschaft …“<br />
Christian Matt (l.) und Claus Aniballi bei der Pressekonferenz RS-Foto: Unterpirker
Von Albert Unterpirker

Es seien mehrere Tropfen gewesen, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben. „Aber was mich am meisten aufgeregt hat, waren die Aussagen von Nationalratsabgeordnetem Franz Hörl“ (ÖVP, bezüglich Corona und Tirol – Stichwort: Rülpser aus Wien, Anm.) und wie er damit das Land und die Bürger vertrete. FPÖ-Bezirkskoordinator Claus Aniballi erklärt zu dieser Causa: „Es geht los, wie er (Hörl) mit Corona vor dem Lockdown 1 umgegangen ist, mit ‚Hottentottenstaat‘ – und er repräsentiere diesen vom Seilbahnen-Obmann ins Treffen geführten Hottentottenstaat perfekt, so Aniballi. „Das sind unqualifizierte Aussagen von einem Tiroler Vertreter, der national und international auftritt, und die für das Renommee Tirols nicht gut sind.“ Man brauche Leute, die Sachpolitik betreiben, und politische Vertreter, „die sich für die Leute einsetzen“, und nicht Leute, „die große Parolen schwingen“. Matt führt zu Hörl aus: „Er vertritt seine eigenen Interessen, nicht jene der Bevölkerung.“ Gründe für seinen Austritt aus der ÖVP nannte der ehemalige AK-Funktionär und Kammerrat aber mehrere. Etwa „Verordnungen (der Bundesregierung), die rauskommen, und die wieder zurückgenommen werden müssen, weil sie nicht abgesegnet sind“, oder der „Novomatic-Skandal“ (Stichwort: Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft).

FRECHHEIT. Sein Wechsel zur FPÖ sei mittlerweile leichten Herzens erfolgt. Ob er kein Vertrauen mehr dazu habe, was in den einzelnen ÖVP-Strukturen passiert? „Das ist so. In der ÖVP ist es so: Am bes-ten ist, man sagt nicht viel. Hände falten, Goschen halten! Das ist keine Politik auf Augenhöhe mehr. Eher ist es eine Vetternwirtschaft als eine Politik für die Allgemeinheit!“ Angst, dass er aufgrund seines Schrittes nun angefeindet werde, habe er keine. Klar sei allerdings auch: „Sicher werden Einige keine Gaudi damit haben.“ Aber vielleicht sei das nun Ansporn für manch anderen ÖVP-Vertreter, jetzt ebenfalls zu wechseln, und dass man jetzt dazu den Mut aufbringe. Als Einzelgänger fühle er sich bei diesem Wechsel jedenfalls nicht. Er habe mit Vielen darüber gesprochen, und der Tenor sei, „dass es sehr grenzwertig ist, was momentan in der ÖVP passiert“, sagt der ehemalige stellvertretende schwarze Bezirksobmann. Bezüglich Austritten aus der ÖVP fügt Aniballi, der selbst seit rund einem Jahr nicht mehr ÖVP-Mitglied ist, an: „Es gibt sehr viele aus dem Unternehmertum, die jetzt aus dem Wirtschaftsbund austreten“, so der FPÖ-Koordinator. Das zeige auf, wie die Stimmung in der schwarzen Partei und deren Bünden sei, speziell wie der Wirtschaftsbund mit seinen Problemen umgehe: „Nämlich gar nicht, das ist beschämend und haarsträubend. Das ist keine Wirtschaftsvertretung, das ist eine Frechheit!“

WAHNSINN. Auch für den Bezirk Landeck hieße dies nichts Gutes. „Wenn ein Hörl dasteht und Löcher durchleuchtet und Täler entleert und so einen Mist“, oder auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser, „da sagen viele Schwarze zu mir: Das, was ein Walser da gemacht hat, das ist ganz schlecht (Stichwort: ‚Dann werden sie uns kennenlernen‘). Das ist keine Politik, die uns als Tirol weiterbringt.“ Außerdem: „Es ist ein Wahnsinn: Hochbezahlte politische Funktionäre finden es nicht der Mühe wert, mal mit den Leuten zu reden!“ Was es nun brauche, sei, „dass sich jetzt die besten Köpfe von allen (politischen) Farben zusammensetzen, um miteinander eine Lösung zu schaffen, damit für die Menschen das Optimalste rauskommt!“


ÖVP-Funktionen von Christian Matt
Christian Matt ist/war u.a. Funktionär der Arbeiterkammer, Kammerrat, stellvertretender ÖVP-Bezirksparteiobmann (seit 2015), Mitglied des Kontroll-ausschusses der AK, AAB-Bezirksgeschäftsführer. Sein bisheriges Wirken: seit 2002 Kammerrat, von 2005 bis 2016 Landesobmann-Stv. der JVP, seit 2010 AAB-Bezirksgeschäftsführer. Weitere Gründe für den Wechsel zur FPÖ u.a.: „Politisch verschuldete und unnötig hohe Arbeitslosigkeit, und die Arbeitnehmer werden überall beschnitten. Bis zur Kurz-Regierung hatten die Arbeitnehmer das Sagen, jetzt hochrangige ÖVP-Funktionäre. Das Ziel hat Bundeskanzler Kurz klar verfehlt, derzeit ist es eher eine Diktatur, anstatt eine moderne Demokratie.“ Zukünftige Pläne für sein politisches Engagement: „Mithelfen, den Scherbenhaufen aufzuräumen, den die jetzige Regierung verursacht hat, und weiterhin für die Arbeitnehmer einsetzen.“
 

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