Von Daniel Haueis
RUNDSCHAU: Ihre politische Laufbahn ist nach 36 Jahren demnächst zu Ende. Sie waren Gemeinderat und dann Bürgermeister von Zams, Nationalratsabgeordneter, Kulturlandesrat, Verteidigungs- und Innenminister und zuletzt fast 15 Jahre lang Landeshauptmann. Was war das schönste Erlebnis, was das bedrückendste in dieser Zeit?
Günther Platter: Ich war gerne Landeshauptmann von Tirol und bin jeden Tag gerne ins Büro oder hinaus in das Land gefahren. Ein ganz besonderer Moment war sicher der Wahlsieg im Jahr 2018 mit über 44%. Aber auch die Übergabe an meinen Nachfolger Anton Mattle ist etwas ganz Schönes. Denn ich weiß, dass das Land bei ihm in den richtigen Händen ist. Es gab in meiner Amtszeit aber auch Tage, die ich kein zweites Mal erleben möchte. Dazu gehört es auch, den freiheitsliebenden Tirolerinnen und Tirolern in der Pandemie sagen zu müssen: Bleibt’s dahoam.
RUNDSCHAU: Konnte man am damaligen Gitarristen von „Satisfaction of Night“, Musikanten, Buchdruckerlehrling und dann „Gendarmen“ erkennen, dass er derart politisch aufsteigen wird?
Günther Platter: In meiner Heimatgemeinde Zams bin ich erstmals mit der Politik in Berührung gekommen. Ich habe gerne für meine Mitmenschen gearbeitet und über das Bürgermeisteramt habe ich die Möglichkeit bekommen mich auf Landes- und Bundesebene einzubringen. Es ist schon spannend, wenn man alle Ebenen, die es in der Politik gibt, einmal erleben darf. Die Aufgabe des Landeshauptmannes von Tirol war dabei sicher die schönste.
RUNDSCHAU: Wie schaut Ihre Bilanz aus, wenn Sie das Ansehen von Politikern 1986 und 2022 vergleichen? Anders gefragt: Hatte es Eduard Wallnöfer leichter als Günther Platter?
Günther Platter: Die Pandemie war schon für die Bevölkerung und die Politik sowie für mich eine große Herausforderung und in vielen Bereichen eine Zäsur. In der Politik haben die vergangenen zwei Jahre das Klima deutlich abgekühlt. Für die Zukunft müssen wir uns alle Gedanken über die politische Kultur machen. Denn es ist für das Zusammenleben und die Zusammenarbeit in unserem Land wesentlich, wie wir in der Politik miteinander umgehen, wie die Politik mit der Bevölkerung, aber auch wie die Bevölkerung mit der Politik umgeht. Wir dürfen niemals vergessen, dass hinter jedem Politiker auch ein Mensch und eine Familie steht.
RUNDSCHAU: Was war im Rückblick der wichtigste Beschluss, das wichtigste Projekt, das Sie umsetzen konnten?
Günther Platter: Man kann knapp 15 Jahre sicher nicht an einem Beschluss festmachen. Am Ende einer so langen Zeit fragt man sich natürlich: Was bleibt? Ich habe immer gesagt, dass ich als Landeshauptmann ein Land übergeben will, in dem ich meine Enkelkinder aufwachsen sehe und in dem sie es zumindest so gut haben wie wir jetzt. Ich bin kurz vor dem Parteitag, bei dem Anton Mattle gewählt wurde, in Zams auf den Berg gegangen und habe nachgedacht. Dann habe ich von oben auf unser wunderschönes Land geschaut und bin zum Schluss gekommen: Wir haben das gut gemacht.
RUNDSCHAU: Wie ist Ihnen der Spagat geglückt zwischen dem Politiker vor dem Rednerpult und dem Privatmann, der ins Zammer Loch geht?
Günther Platter: Für mich waren die Berge immer ein Ort der Erholung und des Nachdenkens. Gerade in meiner Heimatgemeinde habe ich immer wieder Kraft für die Aufgaben in der Politik getankt. Aber natürlich war die Freizeit als Landeshauptmann sehr begrenzt. Deshalb freue ich mich darauf, in meinem neuen Lebensabschnitt mehr Zeit für meine Hobbys, insbesondere das Bergsteigen, und die Familie zu haben.
RUNDSCHAU: Was hat Sie die Politik in diesen knapp vier Jahrzehnten über den Menschen gelehrt?
Günther Platter: Wir Tiroler sind freiheitsliebend wie kaum ein anderes Volk.
RUNDSCHAU: Zuallerletzt: Wie hat Ihre Gattin Silvia zum beruflichen Erfolg des Günther Platter beigetragen?
Günther Platter: Meine Familie und mein persönliches Umfeld hat mich immer unterstützt und meine Entscheidungen mitgetragen. Das ist nicht selbstverständlich und dafür bin ich unendlich dankbar.
RUNDSCHAU: Danke.