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„Niemand ist scharf drauf“

Bezirksjägermeister für Bewirtschaftung von Wolf & Co

Bezirksjägermeister Hermann Siess spricht sich dafür aus, dass die EU eine Bewirtschaftung von Wolf, Bär & Co zulässt, wie es sie bei anderen Tierarten auch gibt.
20. Juni 2023 | von Daniel Haueis
„Niemand ist scharf drauf“
Hermann Siess: Bei den Wölfen wird es zur Rudelbildung kommen (RS-Foto: Archiv). Martina Just, Wildbiologin beim Tiroler Jägerverband, sammelt Fakten zu Goldschakal, Luchs, Wolf und Bär (Foto: Martina Just)
Von Daniel Haueis

Bezirksjägermeister Hermann ­Siess­ ist nicht begeistert, wenn’s um den möglichen Abschuss von Wolf & Co geht: „Niemand ist scharf drauf“, sagt er über die Jägerschaft im Bezirk. Aber falls eine Abschussverordnung komme (er hofft, dass dies noch lange nicht der Fall ist), werde der Auftrag erfüllt – man könne ja nicht sagen, es interessiere einen nicht, wenn es auf Almen derart massive Probleme gibt. Es werde nicht jeder Bär ein Problembär sein, vermutet Siess, bei den Wölfen aber werde es zur Rudelbildung kommen. Und ein Wolf reißt halt nicht ein Schaf, sondern so viele, wie er erwischt: „Der Wolf hat schnell begriffen, dass Nutztiere leichte Beute sind“, sagt der Bezirksjägermeister. Siess spricht sich jedenfalls dafür aus, dass die EU eine Bewirtschaftung von Wolf, Bär & Co zulässt, wie es sie bei anderen Tierarten auch gibt.

FOTOMONTAGEN. Keine Freude hat Hermann Siess mit Fotomontagen, wie sie immer wieder die Runde machen. Zuletzt war ein Braunbär auf auf einem Parkplatz in St. Anton zu sehen (allerdings wurde er zu groß ins Bild montiert): „Diese Fake-Bilder tragen zur Verunsicherung bei.“ Martina Just, Wildbiologin beim Tiroler Jägerverband, kennt auch eine Aufnahme eines Bären in Zams – auch dieses Bild ist gefälscht. Die Kaunerbergerin (und gebürtige Schweizerin) war in St. Anton vor Ort und muss generell sagen: „In ganz Tirol kann ein Bär auftauchen.“ Ihre Aufgabe als Wildbiologin und Referentin für Großraubtiere im Tiroler Jägerverband ist das flächendeckende Monitoring und das Sammeln von Fakten, was Goldschakal, Luchs, Wolf und Bär betrifft. Sie arbeitet eng mit der Landesveterinärdirektion zusammen und unterstützt auch die Amtstierärzte. Sichtungen von Großraubtieren kann man ans Land melden (https://www.tirol.gv.at/landwirtschaft-forstwirtschaft/agrar/rechtliche-bestimmungen-in-der-landwirtschaft/beutegreifer/meldung/) oder auch an den Jägerverband (monitoring@tjv.at). Für den Bär interessiert sich auch die im Obergricht arbeitende Wildtierbiologin Michaela Skuban von der „Stiftung für Bären“: mskuban_cws@gmx.net (die RUNDSCHAU hat berichtet).



Nur in Serfaus
Heuer bisher zwei Wolfsnachweise im Bezirk

Seit Jahresbeginn wurden in Tirol elf verschiedene Wölfe genetisch nachgewiesen, im gesamten Jahr 2022 waren es 19. In den ersten fünf Monaten 2023 wurde auch in Serfaus ein Wolf nachgewiesen – am 2. Februar mittels Probe von einem gerissenen Rotwild, am 30. März mittels Wildkamera. Im Westen Tirols wurden Wölfe zudem im Ötztal, in Weißenbach und in Leutasch bestätigt. Die Tiroler Wölfe stammen mit Ausnahme eines Tieres aus der dinarischen Population alle aus der italienischen. Aktuell sind vier zum Abschuss freigegeben, einer im Ötztal, die übrigen in Osttirol. Nähere Informationen auf www.tirol.gv.at/baer_wolf_luchs.



Noch keiner
WWF: Luchse nach wie vor gefährdet

Zum Internationalen Tag des Luchses am 11. Juni warnte der WWF Österreich vor dem schlechten Erhaltungszustand der größten Katzenart Europas. Seit den 1970er-Jahren konnten die einst ausgerotteten Luchse hierzulande zwar wiederangesiedelt werden, ihre Zahl stagniert aber auf sehr niedrigem Niveau. „Die maximal 40 heimischen Luchse leben in kleinen, voneinander isolierten Populationen“, erklärt die Biologin Magdalena Erich vom WWF. Während heuer im Bezirk Landeck Wolf und Bär bereits nachgewiesen wurden, ist die letzte Luchs-Sichtung bereits mehr als ein Jahr alt: Am 20. Februar 2022 wurde einer in Stanz von einer Wildkamera fotografiert. 2020 wurde einer in Kappl (Februar) und Grins (April) nachgewiesen, 2021 in Nauders (September), Fließ (Oktober) und Fiss (November). Das Vorkommen einiger weniger Luchse in Vorarlberg und Tirol ist laut WWF eine Folge der sich langsam ausbreitenden Population in der Ostschweiz. Der WWF regt zum Schutz der Tiere eine bessere Raumplanung an, den Bau sicherer Querungsmöglichkeiten, mehr Anstrengungen im Kampf gegen Wildtierkriminalität und neue Ansiedlungsprojekte.
„Niemand ist scharf drauf“
Bislang gab’s nur aus Serfaus Wolfsnachweise im Bezirk. RS-Foto: Archiv
„Niemand ist scharf drauf“
Luchs wurde im Bezirk heuer noch keiner nachgewiesen. RS-Foto: Archiv

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