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„40 Millionen Euro Kurzarbeitsbeihilfe“

AMS-Chef Gerhard Kubin über den Arbeitsmarkt im Bezirk Landeck

Laut AMS-Leiter Gerhard Kubin hätte dem Bezirk ohne Kurzarbeit eine Verdoppelung der Arbeitslosigkeit gedroht – fast 1000 Unternehmen haben das Angebot in Anspruch genommen. Es gibt dennoch genügend Herausforderungen (Stichwort z.B. Facharbeitermangel), denen das AMS zu begegnen hat.
3. Mai 2021 | von Daniel Haueis
„40 Millionen Euro Kurzarbeitsbeihilfe“<br />
AMS-Leiter Gerhard Kubin: „Die Freude, sich beim AMS wegen Arbeitsaufnahme abmelden zu können, wird bei vielen nach dieser langen Durststrecke sehr groß sein.“ RS-Foto: Archiv
Von Daniel Haueis

RUNDSCHAU: Der 1. Mai ist der „Tag der Arbeit“. Wie viele Land-ecker hatten an diesem Tag keinen Arbeitsplatz, obwohl sie einen wollten? Welche Rückmeldungen haben die AMS-Mitarbeiter von coronabedingt arbeitslosen Menschen?
AMS-Leiter Gerhard Kubin
: Momentan sind über 3500 Personen in Landeck ohne Arbeit. (Die genauen Zahlen vom 1. Mai liegen noch nicht vor.) Die angekündigten Öffnungsschritte in der Gastronomie geben wieder Hoffnung auf eine baldige Entspannung am Arbeitsmarkt. In unserer täglichen Arbeit sind wir mit unterschiedlichsten Reaktionen konfrontiert: Grundsätzlich kann gesagt werden, dass viele unter Zukunfts- und Existenzängsten leiden. Die Transferleistung Arbeitslosengeld oder in der Folge Notstandshilfe, die zur kurzzeitigen Überbrückung der Arbeitslosigkeit gedacht ist, reicht über einen so langen Zeitraum einfach nicht aus. Positive Rückmeldungen bekommen wir im Zuge der Joboffensive, wo wir zahlreiche Weiterbildungen und Höherqualifizierungen fördern können.

RUNDSCHAU: Hat sich die Kurzarbeit aus Ihrer Sicht bewährt? Wie viele Menschen waren in Kurzarbeit, wie viele Kündigungen im Bezirk Landeck konnten so verhindert werden?
Gerhard Kubinn: Durch die Kurzarbeit konnten im Bezirk zuletzt circa 3400 ArbeitnehmerInnen in Beschäftigung gehalten werden. Fast 31 Prozent davon betrafen die Gastronomie, gefolgt vom Handel und Verkehr. Die Einkommenseinbußen sind bei der Kurzarbeit nicht so enorm, man bleibt im Unternehmen verankert und kann auch während der Kurzarbeit Weiterbildungen machen. Ohne Kurzarbeit hätten wir in Landeck eine Verdoppelung der Arbeitslosigkeit verzeichnen müssen. Der Vorteil für die Unternehmen ist, dass sie keine gut ausgebildeten und eingearbeiteten MitarbeiterInnen entlassen müssen und mit Beginn des wirtschaftlichen Aufschwungs sofort wieder durchstarten können. Seit Beginn der Pandemie im März 2020 wurden knapp über 40 Millionen Euro Kurzarbeitsbeihilfe an 986 Unternehmen im Bezirk ausbezahlt.

RUNDSCHAU: Mit den angekündigten Öffnungsschritten hat auch wieder die Suche nach Mitarbeitern begonnen. Welchen Bedarf haben die Unternehmen im Bezirk im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten? Gibt’s branchenspezifische Schwerpunkte?
Gerhard Kubin: Der Facharbeitermangel schlägt sich trotz Coronakrise weiterhin nieder. Vor allem im Tourismus benötigen wir in der Wintersaison zusätzlich circa 5000 Beschäftigte. Da wird sich zeigen, wie mobil die Fachkräfte bleiben, ob weiterhin zahlreiche Saisonniers zu uns arbeiten kommen. Sonst befinden wir uns in einem EU-weiten Wettbewerb um Fachkräfte. Auch in der Industrie und Baubranche wird händeringend nach geeignetem Personal gesucht. Der steigende Bedarf an Pflegekräften verschärft die Situation noch zusätzlich. Für das AMS heißt dies, Arbeitslose entsprechend zu qualifizieren und vor allem den zweiten Bildungsweg zu nützen, um entsprechende Fachkräfte rasch ausbilden zu können. Dazu stehen uns zahlreiche Förderschienen zur Verfügung, von Implacementstiftungen über das Fachkräftestipendium bis hin zur Qualifizierung nach Maß. Aber auch durch die Digitalisierung haben und werden sich viele Arbeitsplätze maßgeblich ändern. Gerade diese Branche ist im Wachsen und man benötigt dringend Fachkräfte.

RUNDSCHAU: Von der Tourismusbranche wird darauf hingewiesen, dass Arbeitnehmer die Branche gewechselt haben – ist nun auch noch ein verschärfter Mitarbeitermangel in Hotels & Co. zu befürchten? Können manche Betriebe deshalb vielleicht gar nicht aufsperren?
Gerhard Kubin: Von einem großen Abwandern vom Tourismus merken wir beim AMS Landeck nichts. Das hätte sich in der Statistik niedergeschlagen. Es gab natürlich vereinzelt Personen, die aufgrund der langen Arbeitslosigkeit und aus existenziellen Gründen ihr Glück in anderen Branchen suchten. Dennoch gehen wir davon aus, dass die meisten in ihren ursprünglichen Bereich zurückkehren. Im Zuge der Joboffensive hat das AMS auch zur Überbrückung zahlreiche hochwertige Weiterbildungen im Tourismus angeboten, um Höherqualifizierungen zu ermöglichen. Ein Großteil der vorgemerkten Personen verfügt noch über Zusagen von den Betrieben, dass sie wieder eingestellt werden.

RUNDSCHAU: Was freut den Leiter des AMS Landeck derzeit am meisten, was sorgt bei ihm für Sorgenfalten?
Gerhard Kubin: Die letzte Ankündigung der Regierung, dass im Mai die Gastronomie öffnen kann, freut mich persönlich, da ich gerne wieder einmal „gemütlich essen“ gehe. Aber auch im Hinblick auf den Arbeitsmarkt wird es dadurch zu einer enormen Entschärfung der Situation kommen. Die Freude, sich beim AMS wegen Arbeitsaufnahme abmelden zu können, wird bei vielen nach dieser langen Durststrecke sehr groß sein. Ansonsten stehen wir vor großen Herausforderungen – es gibt sehr viel zu tun. Problemen und Sorgen begegne ich aktiv. Für mich ist wichtig zu analysieren, zu agieren, zu reagieren, den Arbeitsmarkt in Bewegung zu halten und durch Vermittlung und Förderung Personen in Beschäftigung zu bringen. Dadurch kann das AMS Landeck zu einem sozialen Wohlstand im Bezirk Landeck beitragen.

RUNDSCHAU: Danke.


 

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