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Etappensieg errungen

„Kaunertal/Langtaufers“ ist wieder am Tisch – Projektbetreiber bekamen vom Staatsrat in Rom Recht

Der Streit um die skitechnische Verbindung der Skizone Langtaufers mit dem Gletscherskigebiet Kaunertal wird um ein Kapitel erweitert: Der Staatsrat in Rom bemängelt Formfehler und gab damit der rekurrierenden Oberländer Gletscherbahn Recht. Jetzt ist wieder die Südtiroler Landesregierung am Zug.
16. Mai 2023 | von Von Herbert Tiefenbacher
Etappensieg errungen
Der Streit um die skitechnische Verbindung der Skizone Langtaufers mit dem Gletscherskigebiet Kaunertal wird um ein Kapitel erweitert. RS-Foto: Tiefenbacher
Von Herbert Tiefenbacher

Das Bewilligungsverfahren für den von der Oberländer Gletscherbahn AG angestrebten Zusammenschluss der beiden Skigebiete Langtaufers und Kaunertal ist sicher kein wirkliches Ruhmesblatt in den Annalen der Südtiroler Politik (Landesregierung und Grauner Gemeindeführung). Zwei Kabinenbahnen sollen die Gäste von Melag im Langtauferer Tal auf das 3.100 Meter hohe Karlesjoch (Kaunertaler Gletscher) bringen. Gerechnet wird mit Gesamtkosten von 22,4 Mio. Euro. Als Hauptin­vestor konnte Hans Rubatscher, Chef der Pitztaler- und Kaunertaler Gletscherbahnen, ins Boot geholt werden. Die Behörden befassen sich mit dem Vorhaben zwecks Erteilung der Genehmigung seit 2016. Im Februar 2017 lehnte die Südtiroler Landesregierung des Projekt erstmals ab, aber nur vorerst.

RECHTSMÄNGEL GEORTET. Aus Sicht der Oberländer Gletscherbahn gab es dabei noch einen Haken an der Geschichte. Diese ortete Rechtsmängel (u.a. Befangenheit eines Mitgliedes des Umweltbeirats, AVS-Präsident Georg Simeoni) und beantragte die Aufhebung des Beschlusses im Selbstschutzwege. Die Landesregierung lehnte das Vorhaben neuerlich ab (April 2020) und war damit dem Gutachten des Umweltbeirates und einem sozioökonomischen Gutachten der Universität Bozen gefolgt. Diese Entscheidung wurde beim Verwaltungsgericht in Bozen angefochten. Mit diesem Rekurs ist man abgeblitzt (Februar 2021). Das Nein der Landesregierung zu Langtaufers/Kaunertal wurde bestätigt. Auch die Gemeinde Graun zog inzwischen einen Schlussstrich. Im Jahr 2016 hatte sich der Grauner Gemeinderat in einem Beschluss grundsätzlich für die Verbindung ausgesprochen. Und im Dezember 2020 vollzog der Gemeinderat eine Kehrtwende, indem er in einer Stellungnahme den Zusammenschluss abgelehnt hat.

FORMFEHLER. Nach diesen Entscheidungen schien das Verbindungsprojekt endgültig vom Tisch zu sein. Aber die Oberländer Gletscherbahn glaubt an ihr Projekt. Die Projektbetreiber gingen nach der Devise „Ein gutes Projekt kann man nur verzögern, aber nicht verhindern“ vor und legten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes umgehend Berufung beim Staatsrat in Rom, der höchsten Instanz in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ein. Und es lief wie erhofft: Sie bekamen nun Recht. Der Staatsrat stellte in der Vorgehensweise, die zur Ablehnung des Vorhabens durch die Landesregierung geführt hat, Formfehler fest. Die Entscheidung wurde Ende März 2023 veröffentlicht. Damit holte der Staatsrat die schon totgeglaubte Skiverbindung Langtaufers/Kaunertal quasi wieder aus der Versenkung.

LH KOMPATSCHER. LH Arno Kompatscher nahm, laut dessen persönlichem Referenten, das Urteil des Staatsrats zur Kenntnis. Wie geht die Sache nun weiter? „Ohne den Ämtern und der Anwaltschaft vorgreifen zu wollen, ist die naheliegendste Option das Verfahren an jener Stelle nochmal aufzunehmen, an der der Staatsrat einen Verfahrensfehler ausgemacht hat“, erklärte der Referent des Landeshauptmannes. Also: Nun liegt es an den zuständigen Ämtern und der Anwaltschaft des Landes das Urteil zu bewerten. Und diese werden anschließend das Thema erneut zur Behandlung in die Landesregierung bringen. Auf die Frage, ob die Sache noch vor den Landtagswahlen im Oktober 2023 zur neuerlichen Entscheidung reif sein wird, sagte Kompatschers Referent: „Dies kann heute noch nicht abgeschätzt werden.“

FREUDE BEI PROJEKTBETREIBERN. Die Freude der Projektbetreiber über das Urteil ist berechtigt. Man hat für die Projektumsetzung zwar noch kein grünes Licht, aber sie schafften einen Etappensieg und können weiter auf eine Entscheidung zu ihren Gunsten hoffen. Der Geschäftsführer der Oberländer Gletscherbahn und Obmann des TVB Tiroler Oberland, Armin Falkner, gibt sich jedenfalls zuversichtlich: „Die Südtiroler Landesregierung muss sich an die Gesetze halten. Das Projekt ist so gut, dass es nicht abgelehnt werden kann. Es geht darum, zwei gut florierende Skigebiete zusammenzulegen. Und dieser Zusammenschluss ist eine gute Sache für beide Seiten, sowohl für den Vinschgau als auch für das Tiroler Oberland.“ Falkner spricht in einem Atemzug von der Diskussion über die grenzüberschreitenden Zusammenschlussprojekte am Reschen: Er wirbt aktiv dafür, beide Vorhaben zu realisieren. „Das fusionierte Skigebiet Kaunertal/Langtaufers wäre keine Konkurrenz für das zusammengeschlossene Skigebiet Nauders/Schöneben-Haideralm. Im Gegenteil, Kaunertal/Langtaufers wäre eine zusätzliche touristische Chance für die Regionen jenseits und diesseits der Grenze. Damit könnte u.a. die Saison verlängert und eine bessere Auslastung erreicht werden“, argumentiert Falkner. Der Nauderer Bürgermeister Helmut Spöttl nimmt diesbezüglich eine neutrale Position ein. Er sagt, wenn das Projekt Kaunertal/Langtaufers umgesetzt wird, habe er dagegen nichts einzuwenden, da Nauders daraus kein Nachteil entstehe. „Aber ich glaube nicht, dass das Vorhaben realisiert wird. Mein Eindruck ist, dass dies von der Südtiroler Seite nicht gewünscht ist“, so Bgm. Spöttl.

ÜBERZEUGUNGSARBEIT. Sepp Thöni, Projektverfechter der ersten Stunde und Hotelier in Langtaufers, ist überzeugt, dass weitere Überzeugungsarbeit notwendig ist, und bemüht sich jetzt, mit Landesregierungsmitgliedern Kontakt aufzunehmen. Die RUNDSCHAU hat auch dem Grauner Bürgermeister Franz Alfred Prieth eine E-Mail mit der Bitte um eine Stellungnahme zur Sache geschickt – bis heute hat die Redaktion Landeck aber keine Antwort erhalten.
Etappensieg errungen
Armin Falkner, GF Oberländer Gletscherbahn: „Ein gutes Projekt kann man nur verzögern, aber nicht verhindern.“ RS-Foto: Tiefenbacher

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