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Bessere Infrastruktur und keine Einschränkung von Freiheiten für NEOS entscheidend!

Ein RUNDSCHAU Sommergespräch mit Bezirkskoordinator der NEOS – Markus Moll

Markus Moll leitet seit fast 30 Jahren die weltweit tätige Beratungsfirma für die Edelstahlindustrie ‚SMR‘ mit Sitz im Innovationszentrum Pflach mit weiteren Büros in Düsseldorf und Singapur. Er ist normalerweise 50% des Jahres im Ausland unterwegs, was ihm die Möglichkeit einer ‚Außensicht‘ auf aktuelle Themen in Österreich sowie einen Vergleich mit besseren Lösungen ermöglicht. Er ist NEOS Bezirkskoordinator für den Bezirk Reutte.
26. Juli 2021 | von Johannes Pirchner
Bessere Infrastruktur und keine Einschränkung von Freiheiten für NEOS entscheidend!
NEOS Bezirkssprecher Markus Moll im Sommergespräch mit der RUNDSCHAU. RS-Foto: Pirchner
Von Johannes Pirchner.
RUNDSCHAU: An Spitzentagen werden bis zu 30.000 Fahrzeuge am Fernpass gezählt. Laut Statusbericht der ASFINAG würde der Tschirganttunnel keine Lösung für die Verkehrsprobleme des Außerferns bedeuten. Auch die NEOS bevorzugen eine Tunnelvariante. Wie schaut das NEOS-Verkehrskonzept zur Verkehrsentlastung für den Bezirk aus?

Markus Moll: Wir NEOS sehen uns als Vertreter der Wirtschaft und des liberalen Gedankengutes. Auch ich selbst habe beruflich viel in IBK zu tun und fahre auch sehr gerne nach Italien. Für uns alle ist Mobilität ein hohes Gut. Eine Einschränkung der Mobilität, wie dies etwa einige unserer politischen Mitbewerber fordern, halten wir für den falschen Weg. Wir brauchen eine Infrastruktur, die sich dem Verkehr anpasst und diesen nicht behindert. Hierfür wäre eine durchgehende dritte Spur auf der Fernpassroute am geeignetsten. Ständige Blockabfertigungen – in der Hoffnung, dass durch Mundpropaganda dadurch weniger Menschen durchfahren – sind der falsche Ansatz.  Vergessen wir nicht, dass auch Einheimische in diesen künstlich erzeugten Staus viel Zeit verlieren. Als optimale Lösung befürworten wir einen zweiröhrigen Tunnel durch die Gartnerwand bei Bichlbach nach Nassereith. Somit wären wir in weniger als zehn Minuten in Nassereith und der ‚Transit‘ durch den Bezirk wäre um 50% kürzer! Auch müssen wir den Transit in einem größeren Zusammenhang denken. Transit ist nicht ‚böse‘, sondern positiv! Unsere heimischen Außerferner Betriebe – wie Plansee, Multivac oder Koch Media, um nur einige zu nennen, erhalten ihre Rohstoffe aus dem Ausland und verkaufen ihre Waren weltweit. Auch unsere Lebensmittelgeschäfte werden täglich durch viele Lkw-Lieferungen versorgt. Auch unsere Gäste kommen größtenteils über die Straße und wenn wir selbst ins Ausland fahren, sind wir auch ‚Transit‘ und froh, dass wir ungehindert durch Südtirol oder das Allgäu fahren dürfen. Mir erscheint die Transitdiskussion oft scheinheilig und zu kurz gedacht. In 10–15 Jahren wird auch die E-Mobilität ganz neue Dimensionen angenommen haben und die Emissionen werden gegen Null tendieren.  Um die Lärmbelästigung, die beim E-Auto auch geringer ist, gänzlich zu beseitigen, brauchen wir jedoch mehr Schallschutz entlang aller Bundes- und Landesstraßen im Bezirk. Künstliche Hürden – wie Straßenrückbauten – wird es mit den NEOS nicht geben.

RS: Ein weiteres Verkehrsthema hat im letzten Jahr für viel Diskussionsstoff gesorgt, nämlich die Lärmbelastung durch Motorräder auf den beliebten „Bikerstraßen“ des Außerferns. Seit knapp einem Jahr gilt die 95 dB Regel. Die NEOS hätten damals gerne einen anderen Weg beschritten. Wie hätte dieses Konzept konkret ausgesehen?

Markus Moll: Auch bei diesem Thema soll es keine Verbote geben. Jeder soll weiterhin einen Motorradausflug machen dürfen und Biker sind wichtige Gäste in unserer Gastronomie und Hotellerie. Aber die 95 dB Grenze ist viel zu hoch. Uns NEOS wäre am liebsten, diese um 30% zu senken, was technisch ganz leicht möglich ist. Auch muss es neben den Geschwindigkeitskontrollen auch deutlich mehr Kontrollen der Lärmemissionen geben, um einige laute „Radaubrüder“ aus dem Verkehr zu ziehen. Aber auch hier heißt das Zauberwort E-Mobilität und dieses Problem wird sich in 10–15 Jahren von selbst erledigt haben. Das Ende des Verbrennungsmotors kommt Gott sei Dank schneller als die meisten denken.

RS: Seit 2020 gibt es in Reutte eine HTL. Die NEOS haben die Eröffnung einer HTL im Bezirk begrüßt, jedoch hätte das Konzept der NEOS etwas anders ausgesehen. Was braucht es in der Außerferner Bildungspoltik aus Sicht der NEOS?

Markus Moll: Die neue HTL in Reutte ist absolut positiv zu sehen und sehr gut angelaufen. Der Andrang hat dazu geführt, dass nun eine zweite Schulklasse dazugenommen wird. Für einen relativ kleinen Bezirk mit nur ca. 30.000 Leuten haben wir ein sehr umfangreiches Schulangebot, mit BRG, HAK, HLW, HAS und dem Technischen College. Aber für uns NEOS gibt es immer Verbesserungspotenzial. Alle Höheren Schulen sollten durch entsprechende Infrastrukur – wie ein vollwertiges Schülerheim mit Mensa und Freizeitmöglichkeiten – ‚gestärkt‘ werden. Dieses Angebot hatten wir schon einmal in Reutte. Dadurch würde die kritische Masse der Höheren Schulen erhöht, da Schüler aus Deutschland oder anderen Teilen Tirols die gesamte Schulwoche in Reutte verbringen könnten. Dann würde die HTL Reutte sicher schnell eine eigenständige Schule werden, anstatt eine Außenstelle der HTL Innsbruck zu sein.
Hier möchte ich noch ein weiteres NEOS Kernthema anführen. Wir brauchen auch im Bezirk Ganztagesschulen mit Betreuung und Verpflegung nach dem Unterricht. Wenn Kinder und Jugendliche nach Hause gehen, sollten die Hausaufgaben bereits erledigt sein. Weiters sind wir überzeugt, dass eine Gesamtschule bis 14 – mit Ganztagesbetreuung – besser ist als die derzeitige Dreiteilung. Das österreichische System gibt es mit gutem Grund sonst fast nirgends mehr.

RS: Eine Kernkompetenz der NEOS ist Wirtschaft. Was würde die Region Außerfern in Hinsicht auf Wirtschaft dringend brauchen?

Markus Moll: Der Tourismus ist neben der Industrie für unseren Bezirk essenziell. Wir haben interessante Beispiele, gerade im Zwischentoren und Tannheimer Tal, wo Hoteliers mit tollen Gästespezialisierungen brillieren und hohe Auslastungquoten erreichen. Jedoch sollten die Gäste auch attraktive Angebote außerhalb dieser „Superhotels“ vorfinden, damit auch hier die Regionen insgesamt profitieren. Ein Beispiel im Sommer wären gerade attraktive Schwimmbäder in den größeren Gemeinden, um kleinere Hotels ohne eigenes Schwimmbad zu unterstützen. Gerade wenn ich an Reutte denke, ist es ein ordentlicher Saunabereich, aber der Swimmbadbereich hat ‚Luft nach oben‘ und der Name ‚Therme‘ führt zu mancher Enttäuschung. Hierbei ist ein Konzept zwischen Kommunen und Tourismus nötig. Ebenso sollten wir unbedingt weiter in unsere Wander- und Mountainbikewege – speziell sogenannte Single Trails – investieren, von Steeg nach Schattwald und von Vils nach Biberwier. So haben die Gäste ein tolles Angebot, wo sie auch außerhalb des Hotels konsumieren, und auch Einheimische profitieren davon. Die Zimmerpreise im Bezirk sind zu niedrig, da ein Überangebot im Privatzimmer- und 3*-Segment besteht. Deshalb sollten wir unrentable Betten über eine ‚Abwrackprämie‘ vom Markt nehmen. Durch diese Prämie würden wir Zimmervermietern, die keine profitable Zukunftsperspektive haben, die Möglichkeit geben, ohne Konkurs auszusteigen.

RS: Der Wolf entdeckt Tirol gerade neu. Wie soll man mit der Wolfsproblematik aus NEOS-Sicht vorgehen?

Markus Moll: Das ist kein NEOS Kernthema. Ich kann gut nachvollziehen, dass ein weitaus überwiegender Teil der Tiroler den Wolf kritisch sieht. Auch mir erschließt sich der Nutzen des Wolfes auf unseren Almen nicht. Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern des Wolfes gehen schnell ins Unsachliche. Eine Volksabstimmung über den Wolf wäre aus meiner Sicht nicht das Dümmste, da hierbei die Argumente sachlich in breiter Öffentlichkeit dargestellt werden und die Tiroler und Tirolerinnen voll informiert über dieses Thema abstimmen können.

RS: Im Februar 2022 werden in Tirol  die Gemeinderäte- und Bürgermeister neu gewählt. Wird es NEOS Kandidaten oder Listen im Bezirk geben, möglicherweise in Reutte?

Markus Moll: Aus heutiger Sicht nein, aber es ist auch noch nicht auszuschließen. Die Themen der NEOS – wie Bildung, Wirtschaft, Transparenz und saubere Politik – sind nicht explizit kommunale Themen. Auf kommunaler Ebene kommt es bei der Problemlösung mehr auf den Hausverstand als auf das Parteibuch oder Ideologie an. Bei der Durchsetzung und Finanzierung kommunaler Vorhaben ist jedoch leider oft die Parteizugehörigkeit entscheidend, da jede Gemeinde von Zuschüssen aus Innsbruck abhängig ist. Ein NEOS Bürgermeister hätte hier sicher keine Vorteile. Ich bin mit vielen Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Führungskräften im Bezirk befreundet und im  Austausch. Die Ideen der NEOS finden unter ihnen großen Zuspruch. Jedoch unterstützen sie uns zumeist nicht offen, da dies für ihr Geschäft negativ sein könnte. Die schwarze ‚Hausmacht‘ ist in Tirol noch groß. Hier ist aber die Demographie auf unserer Seite, da wir vor allem jüngere Wähler ansprechen. Mit jedem neuen Jahrgang, der wahlberechtigt ist, steigt unser Wahlergebnis. Als NEOS haben wir einen weiteren Vorteil. Wir können uns mit einem klaren Profil präsentieren, da wir nicht einen 30% Stimmenanteil verteidigen müssen. Dann zwingt die Angst vor Stimmverlusten zu einer schwammigen, in alle Richtungen fischenden Politik, wie wir gerade in Wien sehen. Kurz sagt manchmal dies und am nächsten Tag das genaue Gegenteil, je nachdem, vor wem er gerade spricht, um ja niemanden zu verärgern. Unser Bezirk ist ein fruchtbarer Boden für die NEOS. Der Bezirk Reutte lag bei den letzten Wahlen über dem Tiroler Landeschnitt der NEOS und wir waren z. B. in meiner Heimatgemeinde Ehrwald zweistellig. Aber wie gesagt, gut ist für uns NEOS nie gut genug und es gibt natürlich ‚Luft nach oben‘.

RS: Danke für das Gespräch!

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