Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Ein buntes, lebensfrohes Bild… (Teil 2)

… das bei der RUNDSCHAU in Landeck begonnen wurde, wird bei der RUNDSCHAU in Reutte fortgezeichnet

Seit Kurzem bereichert Lisa Vaudreuil als freie Mitarbeiterin die RUNDSCHAU in Reutte. In dieser Funktion war Lisa vor einigen Jahren schon bei der RUNDSCHAU in Landeck tätig. Mit ihrer offenen und lebensfrohen Art begeisterte Lisa uns, das RUNDSCHAU-Reutte-Team, bei ihrem ersten Besuch in der Redaktion. Wir waren gleich überzeugt: „Lisa gehört zu uns.“ Lisas Lebensgeschichte ist so faszinierend, dass wir sie Ihnen als RUNDSCHAU-Lesern nicht vorenthalten wollen. Aber lesen Sie selbst und lernen Sie Lisa Vaudreuil, die unter dem Kürzel (liv) Beiträge schreibt, und ihre Familie kennen. (Anmerkung d. Redaktion).

Jeder von euch kennt sicher diese Listen, die man sich im Kopf zurechtrückt, mit Dingen, die man irgendwann einmal machen möchte. So war auch ich im Besitz einer solchen Liste – mag sie mir heute zwar lächerlich erscheinen, wäre ich ohne sie nicht hier gelandet und hätte nicht die Liebe meines Lebens gefunden.
24. April 2023 | von Von Lisa Vaudreuil
Ein buntes, lebensfrohes Bild… (Teil 2)
Familie Vaudreuil, wie sie leibt und lebt. Lisa und Sean mit ihren Kindern Hazel-Mae und Gottlieb und ihren Haustieren, Perserkater Mingus und Aussie Louie.
Vin Lisa Vaudreuil

Lisa und Sean waren mit ihrem blauen Bus unterwegs durch Europa. „Doch wir kamen nicht weit, genauer gesagt nur über die Grenze, denn dort erfuhren wir eine der schönsten und wundervollsten Überraschungen. Der Schwangerschaftstest am Fluss, neben dem wir campierten, zeigte zwei Striche, somit wurde die Fahrt zu dritt fortgesetzt. In Portugal brachen wir in Tränen aus, als wir zum ersten Mal den Herzschlag unserer Kleinen Hazel-Mae hören konnten.
Ab diesem Zeitpunkt wurde uns klar, dass wir ein Zuhause brauchen – es wurde ernst. Die anfänglichen Hippie-Ideen, Hazel im Bus großzuziehen, wurden verworfen und wir mieteten eine Wohnung in Telfs. Doch aufgrund Seans posttraumatischer Belastungsstörung war es schwierig, in einem Block zu wohnen, mit so vielen Nebengeräuschen, und wir sehnten uns nach mehr Platz und vor allem Ruhe.
So kamen wir schließlich ins Außerfern, weil dort ein Haus zur Miete war.  Ein großartiges Künstlerhaus des ehemaligen Lüftl-Malers Karl Rampp – es passte wie die Faust aufs Auge.
Als wir zum ersten Mal ins Tannheimer Tal kamen, verschlug es uns die Sprache. Etwas hier ist einfach unbeschreiblich magisch, anders, ruhig und man kann die gute Energie dieses Ortes fühlen. Nesselwängle ist ein heilender Ort und das Leben hier hilft uns beiden und vor allem meinem Mann, die Wunden seiner Vergangenheit zu heilen.  Er ist glücklich und zufrieden, trinkt seit Jahren nicht mehr und fühlt sich körperlich fit wie zuletzt mit 20. Außerdem fühlt er sich mit den drei Kachelöfen, die er den ganzen Tag heiß hält, wie ein Kohlentrimmer und Schiffsheizer auf der Titanic. Seit Neuestem trägt der Ami vom Hügel sogar pflichtbewusst die Zeitung aus und hat Spaß daran.
Nachdem wir ein Jahr in Nesselwängle verbrachten, machte sich Gottlieb auf den Weg. Gemeinsam mit dem Perserkater Mingus und dem Aussie Louie genießen wir unser Leben hier. So hätte unserem Glück eigentlich nichts mehr im Wege stehen können, außer einem klitzekleinen, drei Jahre langem illegalen Aufenthalt von Sean. Zuerst aus Dummheit verabsäumt, wurde sein Aufenthaltstitel zum echten Problem und aus Angst, er müsse das Land verlassen, vor uns hergeschoben, bis wir uns endlich dazu durchringen konnten, einen Anwalt zu Rate zu ziehen. Ein netter Standesbeamter verheiratete uns trotz prekärer Situation und Sean bekam seinen Titel, auch ohne das Land zu verlassen. Die verhältnismäßig geringe Strafe für seinen langen illegalen Aufenthalt zahlten wir mit einem Lächeln, da hatten wir auch hier wieder einmal Glück gehabt.  Jetzt hoffen wir darauf, so lange wie möglich auf dem Sonnenhügel in Nesselwängle wohnen zu können.
„Mein Mann ging durch die Hölle und das nicht nur einmal, um in einem Paradies auf Erden leben zu können – Nesselwängle.“ Dieser magische Ort ist unser Rückzugsort, hier fühlen wir uns sicher und gut aufgehoben und versuchen jeden Tag aufs Neue, im Moment zu leben und uns nicht von äußeren Einflüssen ablenken zu lassen, denn wir wissen, alles, was zählt, ist unsere Familie und die Augenblicke, die wir miteinander verbringen können. Da wir uns dessen so bewusst sind, gelingt uns das auch sehr oft, und trotzdem holen uns die Geister der Vergangenheit immer wieder ein. Dann gilt es, positiv zu bleiben und den Sturm vorbeiziehen zu lassen, bis die Sonne wieder herauskommt und wir Hand in Hand als Familie durch die Wiesen und Straßen von Nesselwängle spazieren können. Und würden wir jetzt gleich auf der Stelle tot umfallen, wäre da nichts, das wir uns mehr hätten wünschen können, nichts, das wir bereut haben und nichts, das wir hätten tun sollen und nicht gemacht haben.“
Ein buntes, lebensfrohes Bild… (Teil 2)
Am Hochzeitstag überglücklich, nicht nur wegen des Bunds der Ehe, sondern auch des legalen Status, den er mit sich bringt.

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