Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Ein Dorf wehrt sich

Weißenbach macht mobil gegen geplante Bauschuttaufbereitungsanlage

Am Donnerstag, dem 23. November, war in Weißenbach alles anders. Für zehn Uhr war ein Behördenverfahren anberaumt worden. Thema: Die geplante Errichtung eines Baurestmassenzwischenlagers und einer Bauschuttaufbereitungsanlage. Ein Vorhaben, das die Wogen der Entrüstung und des Protestes hochgehen ließ.
27. November 2023 | von Von Sabine Schretter
Ein Dorf wehrt sich
150 Weißenbacher protestierten gegen die Bauschuttaufbereitungsanlage. Foto: Wolfgang Schweißgut
Von Sabine Schretter


Es sind gleich mehrere Faktoren, die die Weißenbacher zum geharnischten Widerstand mobilisierten. Das für das Projekt vorgesehene Grundstück befindet sich an der Lechtalbundesstraße und grenzt unmittelbar an das Natura 2000-Gebiet. Nicht weit von diesem Grundstück entfernt liegt außerdem ein Wohngebiet. Dass die Aufbereitung von Bauschutt mit einer erheblichen Lärmbelastung einhergeht, braucht nicht weiter erklärt zu werden. 9.500 Tonnen Material sollen es pro Jahr in Weißenbach sein, die Anlage maximal 100 Stunden pro Jahr laufen. Mit einer Lärmbelastung von 112 Dezibel muss gerechnet werden. 250 Meter sind es bis zum nächsten Wohnhaus, 180 Meter sind vorgeschrieben. „Das Wohnhaus steht leicht erhöht, es gibt dort keine Bäume und somit keinen natürlichen Lärmschutz“, erklärt Bgm. Schwarzenbrunner. Ein 3-D-Modell ermittelte, dass eine Doppelreihe Bäume als Lärmschutz entlang der Lechtalbundesstraße für das Wohngebiet ausreicht. Zum Natura 2000-Gebiet hin würde eine Dreierreihe Bäume gepflanzt und eine Lärmschutzmauer errichtet. „Die Natur muss ohne Frage geschützt werden. Aber ist hier der Mensch weniger wert?“, fragt sich das Gemeindeoberhaupt. All das wollen die Weißenbacher nicht einfach hinnehmen. Das Dorf machte mobil. Ca. 150 Weißenbacher waren kurz vor Verhandlungsbeginn zum Gemeindehaus gekommen, um gegen das geplante Bauprojekt zu demonstrieren. Den Antrag für das Projekt hatte ein bereits in Weißenbach ansässiges Unternehmen bereits zu Jahresbeginn gestellt. Weil Anlagen wie die geplante dem Abfallwirtschaftsgesetz unterliegen, ist deren Bewilligung Landessache. „Wir sind hier als Gemeinde außen vor“, erklärte Weißenbachs Bgm. Harald Schwarzenbrunner. Zum sogenannten vereinfachten Verfahren waren nur vom Land geladene Teilnehmer zugelassen. „Ich war nicht eingeladen. Der Unternehmer gestattete mir aber anwesend zu sein. Allerdings durfte ich keine Stellungnahme abgeben“, so Bgm. Schwarzenbrunner. Der Bevölkerung  war die Anwesenheit bei der Verhandlung seitens des Unternehmens untersagt.
Errichtet werden soll die Anlage auf einem Privatgrundstück, das als Freiland gewidmet ist. So legt es das Abfallwirtschaftsgesetz fest. „Wäre eine Umwidmung dieser Fläche notwendig, brächte das die Gemeinde ins Boot“, hadert der Bürgermeister mit den Tatsachen. Das Grundstück gehört einem Weißenbacher, der es dem Unternehmen mittels Vorvertrag zur Verfügung stellte. Einer Teilung dieser Grundfläche hatte der Gemeinderat im Vorfeld keine Zustimmung erteilt. Das Unternehmen einigte sich daraufhin mit dem Grundbesitzer, die gesamte Fläche zu übernehmen. Diese wird nun zur Hälfte bebaut. Ein Restwald auf der bebaubaren Fläche soll gerodet werden. Dafür wird auf der freien Fläche aufgeforstet. „Damit sind dann alle erforderlichen Rahmenbedingungen wieder erfüllt“, äußert Harald Schwarzenbrunner seinen Unmut.
Bei der Protestkundgebung sah sich auch der Bürgermeister mit Gegenwind konfrontiert. Einige Bürger bemängelten den Informationsfluss seitens der Gemeinde, auch wurde behauptet, es seien Beschlüsse unter der Hand gefasst worden. Bgm. Schwarzenbrunner weist diese Vorwürfe von sich. „Ich habe vor der Verhandlung fristgerecht den Aushang am 30. Oktober gemacht. Und das kann jeder an der Amtstafel lesen. Zudem kann ma sich über die Gemeindeapp informieren oder beim Gemeindeamt nachfragen. Sich schlau zu machen, ist auch eine Bringschuld der Bevölkerung.“

WIE GEHT ES WEITER? Noch während laufender Verhandlung wurden  130 Unterschriften gesammelt und gemeinsam mit zwei Stellungnahmen den Verhandlungsführenden übergeben. „Das ist ordungsgemäß und damit sind diese auch zulässig“, erklärt Bgm. Schwarzenbrunner. Außerhalb der Verhandlung kamen binnen 24 Stunden weitere 491 Unterschriften dazu. „Diese werden zwar nicht mehr geprüft. Aber es ist ein starkes Zeichen, dass sich die Weißenbacher nicht alles gefallen lassen“, so der Bürgermeister. Er werde eine Gemeindeveranstaltung ansetzen und die Bevölkerung umfassend informieren. Auch soll dort klargestellt werden, dass „nichts unter der Hand beschlossen wurde und wir als Gemeinde wirklich nichts tun können.“ Es liegt jetzt an den Behörden, über das Projekt zu befinden,  die Stellungnahmen zu bewerten und dann zu entscheiden. Zünglein an der Waage könnte der Grundbesitzer werden: Denn zöge er seinen Vorvertrag zurück, erhielte die Gemeinde die Möglichkeit, einzugreifen. Für Bürgermeis-ter Harald Schwarzenbrunner steht indes fest: „So eine Anlage hat in so einem Gebiet nichts verloren!“

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