Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Ein langer Weg zu mehr Lebensqualität

Mitinitator und freier Mitarbeiter der RUNDSCHAU beschreibt den Weg zur 50er-Beschränkung

Im November 2022 wurde ein Stück der Lechtal-Bundesstraße in Weißenbach zum Ortsgebiet erklärt. Der Weg, bis diese Massnahme umgesetzt wurde, war lang. Teils war er auch steinig und kontrovers diskutiert. Markus Arzl schreibt, wie es dazu gekommen ist.
6. März 2023 | von Markus Arzl
Ein langer Weg zu mehr Lebensqualität
Was lange währt, wurde in Weißenbach endlich gut: Im November wurde ein Bereich an der Lechtalbundesstraße zum Ortsgebiet erklärt. RS-Foto: Arzl
Von Markus Arzl.
„Ich geh das jetzt an, ich sammle Unterschriften und schau’, dass wir endlich eine Geschwindigkeitsbeschränkung in Weißenbach bekommen. Wir sind der einzige Ort, durch den man noch mit 70 voll durch blättern darf. Am Zebrastreifen bleibt auch keiner stehen. Es ist laut und staubig, und jedes Mal wenn’s quietscht oder kracht und ich mich in meinem Garten aufhalte, erschrecke ich, denn ich befürchte, dass mir jetzt ein zweit Tonnen schwerer Stahlbrocken auf den Kopf fällt. So geht das nicht weiter, ich mach jetzt was!” Mit diesen Worten empfing mich Melanie Hammerle, als ich sie einmal wieder auf der Dorfstraße antraf. Sie wohnt direkt neben der Bundesstraße. „Das ist super von dir, ich helfe dir dabei!”, war meine Antwort. So begann unser Weg zu ein wenig mehr Lebensqualität im teils sehr verkehrsgeplagten Weißenbach. Wir bastelten Listen in denen wir um Unterschriften für eine 50km/h-Beschränkung auf der Lechtalstraße B198 durch Weißenbach warben. Unser Alt-Bürgermeister Hans Dreier hat uns dankenswerterweise als erster unterschrieben. Er hat uns aber auch wissen lassen: „Das bringt nichts, ich hab das auch schon einmal angefragt“. Unsere Antwort war: „Dann brauchen wir eben noch mehr Unterschriften”. Die Listen füllten sich anfangs schnell, dann langsamer. Teils waren wir mit anderen begeisterten Mitstreitern im Dorf unterwegs um für Unterschriften zu werben. Teils wurden wir mit offenen Armen empfangen. Zum Beispiel im Unterbach, wo ich mich auf der Dorfstraße kaum normal mit Interessenten unterhalten konnte – wegen des Lärms, der wohl mit mehr als 100km/h vorbeidonnernden Fahrzeuge. Manche Anwohner an der Dorfstraße erzählten, sie hätten schalldichte Fenster von den Behörden bezahlt bekommen, um Nachts schlafen zu können. In einer touristischen Region?

Covid und andere Umstände.
Wir sammelten fleissig, dann kam Covid. Und Melanie kam in andere Umstände –für sie waren jetzt natürlich andere Dinge wichtiger. Die herrliche Ruhe des ersten Lockdowns motivierte uns aber zusätzlich. So herrlich schön kann Weissenbach sein, wenn der Lärm weg ist. „Ich sitze jetzt jeden Tag in der Morgensonne auf meinem Balkon und geniesse eine gute Tasse Kaffe. Ich höre die Vögel und den Wind. Es ist so herrlich! Ich hoffe der Lockdown hört nie auf!“, solche Aussagen motivierten uns besonders. Wir beschlossen auf eine online-Petition umzusteigen, in der wir die Straßenverkehrsordnung zitierten. Darin steht klipp und klar, dass gesundheitsschädliche Auswirkungen des Verkehrs für Anrainer minimal gehalten und entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden müssen. Der Text war wohl viel zu trocken und eher geeignet, unsere Rechte vor Gericht durchzusetzen, als  Menschen zu motivieren. Trotzdem schafften wir innerhalb eines Jahres 388 Unterschriften. Da waren auch Lechtaler dabei, die einfach wussten, wie sehr viele Weissenbacher am Durchzugsverkehr leiden. Als im Herbst die Unterschriftenaktion beendet war, war schon wieder Lockdown und es war uns leider nicht möglich, die Liste persönlich zu übergeben. Wir sandten sie daher per E-Mail an Bezirkshauptfrau Mag. Rumpf. Einige Wochen später meldete sich das Straßenbauamt bei uns und erklärte, dass nun ein Gutachten in Auftrag gegeben würde, wir uns aber keine großen Hoffnungen zu machen brauchen.

Baustelle und Ruhe.
Dann kam der Sommer – und der Straßenabschnitt wurde neu asphaltiert. Das war fast so schön wie Lockdown! Denn Teile des alten Belages wurden abgefräst, und es dauerte fast zwei Wochen bis die neue Asphaltschicht fertig drauf war. In dieser Zeit war auf der Strecke eine 30km/h Beschränkung. Bei einem 30er sind Abrollgeräusche kaum wahrzunehmen und Fahrtwind ist praktisch gar nicht zu hören. Die meisten Fahrzeuge rollten flüsterleise durch unseren Ort. Wie schön ist denn das! Der Himmel soll es doch bitte machen, dass unsere Petition Früchte trägt! Und tatsächlich, im November wurde die Lechtal-Bundesstraße zwischen Wertstoffhof und Zebrastreifen zum Ortsgebiet erklärt, weil durch die dichte Bebauung entlang der Strasse praktisch Ortscharakter gegeben sei. Auch die Unfallhäufigkeit an manchen Stellen dieser Strecke spielte eine Rolle. 

Danke – es ist jetzt endlich leiser!
Nachdem im Jänner auf der Strecke fleißig geblitzt wurde, ist es auch deutlich ruhiger auf der Strecke geworden. Die Fahrgeräusche sind deutlich leiser und klingen auch viel weniger aggressiv. Mancher Touristiker freut sich ob der Aufwertung seiner Unterkunft. Auch die Kinder kommen jetzt problemlos über den Zebrastreifen zum Schwimmbad, Sportplatz oder oder zur Bushaltestelle. Es werden aber auch Stimmen laut: Warum wurde bei uns nichts gemacht? Ihr müsst unbedingt auch bei uns was machen! Mal sehen.
Inzwischen möchten wir allen Mitstreitern und Unterstützern recht herzlich danken, auch dem Bezirksbauamt für die Umsetzung des 50ers in Teilen Weißenbachs. Das war ein wichtiger Schritt, der vielen Weißenbachern wirklich viel an Lebensqualität bringt und den Ort deutlich aufwertet.

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