Von Sabine Schretter.
Bgm. Oberer unterbreitete dem versammelten Gemeinderat folgenden Vorschlag: Eine Erweiterung des Seniorenzentrums „Zum guten Hirten“ der Marktgemeinde Reutte. Dass im Pflegebereich der Bedarf an stationären Plätzen groß ist und der Bezirk Reutte hier einiges nachzuholen hat, ist hinlänglich bekannt. Dieses Thema wurde über mehrere Jahre immer wieder diskutiert. Jetzt gibt es eine Lösung: In Ehenbichl wird ein neues, großes Pflegehaus mit 60 stationären Betten gebaut, so hat es der Pflegeverband beschlossen. In Reutte sind nicht alle mit dieser Lösung glücklich. Und das, obwohl Bgm. Oberer betonte, lange überzeugt gewesen zu sein, dass es im Pflegebereich nur eine Verbandslösung geben könne, weil, „Pflege uns alle angeht“. „Ich habe zu vertrauensvoll an eine Bezirkslösung geglaubt. Wir waren auch schon sehr weit, hatten eine Expertise vorliegen, die eindeutig dem Standort Reutte („Haus zum guten Hirten“) den Vorzug gab. Dann wurde plötzlich über alles drübergefahren und Ehenbichl der Zuschlag erteilt“, so Bgm. Oberer. Er habe diese Entscheidung zwar zur Kenntnis genommen, aber auch gleich kundgetan, dass man diese Entscheidung umgehend diskutieren werde. „Ich bin überzeugt, dass der Standort im Zentrum einfach der bessere ist“, ergänzt Oberer.
Vorschlag.
Im Seniorenzentrum „Zum guten Hirten“ sind Infrastrukturverbesserungen notwendig. Es braucht eine neue Küche und vor allem mehr Platz für die Tagespflege. Vorgeschlagen wurde daher, einen Anbau zu machen, der unterkellert werden soll, im Erdgeschoß Platz für die neue Küche und in drei weiteren Stockwerken für 26 neue Zimmer bieten würde. Gemeinsam mit dem neuen Haus in Ehenbichl könnte damit im Pflegebereich um 90 Zimmer aufgestockt werden. „Dieses Projekt könnte noch im aktuellen Pflegestrukturplan umgesetzt und bis Ende 2022 abgeschlossen werden. Das neue Haus in Ehenbichl wird hingegen erst Ende 2023/2024 fertig sein. Wenn man bedenkt, dass die Wartezeit für eine stationäre Aufnahme im Bezirk derzeit bei zwei Jahren liegt, ist eine Entscheidung für das Projekt in Reutte die einzig richtige“, führt Luis Oberer weiter aus.
Falsches Signal.
Vize-Bgm. Klaus Schimana sieht in diesem Ansatz ein falsches Signal. „Der Zeitpunkt, an dem dieser Vorschlag kommt, ist der falsche. Das hätte vor eineinhalb Jahren kommen sollen.“ Die Frage der stationären Betten sei geklärt, der Verband habe sich für Ehenbichl entschieden. „Es ist eine demokratische Entscheidung, die man akzeptieren muss – auch, wenn man damit nicht unbedingt glücklich ist.“ Luis Oberer wirft er vor, seine konkrete Vorstellung durchbringen zu wollen. Er selbst sei dagegen überzeugt, dass dies ein Fehler ist. „Ich sehe bei einem Beschluss deines Vorschlags die Gefahr, dass wir damit das Projekt in Ehenbichl abstechen.“ Schließlich würde man für beide Projekte das Land bzw. Förderungen brauchen. „Das Land wird nicht beide Projekte unterstützen. Wir würden Gefahr laufen, gar keine Förderung mehr zu erhalten. Wir würden also heute eine Entscheidung treffen, die wir sicher bereuen würden“, so Klaus Schimana. GV Günter Salchner wies auf die demografische Entwicklung des Bezirks Reutte hin, die „wie ein Tsunami auf Reutte zurollen wird“. „Es braucht mehr als 60 Betten und ein mutiges Nachvorneblicken.“ GR Ernst Hornstein stellte die Frage, ob Reutte, wenn man in Ehenbichl nicht mitmacht, aus dem Pflegeverband austreten würde. „Das habe ich nicht gesagt, ich habe nur gesagt, dass wir die Entscheidung für Ehenbichl diskutieren werden“, so Oberers Antwort. Die Diskussion wurde hitziger, Vize-Bgm. Gerfried Breuss forderte mehr Sachlichkeit ein. Dem grünen Gemeinderat Helmut Hein war der die Tagesordnung erweiternde Punkt zu wenig gut vorbereitet. „Das hätte man zuerst in kleinem Rahmen debattieren und nicht jetzt groß breittreten sollen.“ Hein stellte den Antrag, die Entscheidung zu diesem Tagesordnungspunkt zurückzustellen – der wurde abgelehnt (sieben Stimmen dafür, elf dagegen, 1 Enthaltung). Die Abstimmung zum Tagesordnungspunkt Erweiterung des Seniorenzentrums“ verlief wir folgt: 12 Stimmen dafür, fünf Stimmen dagegen, zwei Enthaltungen. Es wird also weiter über den Vorschlag des Bürgermeisters diskutiert und beraten werden. Bleibt zu hoffen, dass der Worst Case nicht eintritt und tatsächlich die Förderungen gekippt werden – die Leidtragenden wären die Senioren und die pflegenden Angehörigen.