Von Jürgen Gerrmann
Aus über 300 einzelnen Installationen besteht dieser „magische Lichterpark“ (so die Selbstbeschreibung). Und fast alle Besucher der Premiere am Donnerstagabend gaben Thomas Mark, dem Präsidenten der Firma MK Illumation, die für die nächtliche Ins-szenierung verantwortlich zeichnet, recht: „Jedes einzelne Teil davon ist ein Kunstwerk.“ Ein handgefertigtes übrigens. Schier unzählige Standorte rund um den Globus erleuchtet MK Illumination vornehmlich in der kalten Jahreszeit. Den Innsbrucker Hofgarten kennt in Tirol wohl fast jeder, während der Golfclub Murhof in der Nähe von Graz diesen Bekanntheitsgrad hierzulande eher nicht erreichen dürfte. Zu den deutschen „Locations“ zählen unter anderem der Elbauenpark der Sachsen-Anhalter Landeshauptstadt Magdeburg, der Schlosspark von Lichtenwalde in Mittelsachsen und dessen niedersächsisches Pendant in Bad Bentheim. In Ringsted auf der dänischen Insel Seeland etablierte man ein „gefrorenes Königreich“, in Großbritannien lässt man sowohl das Naturreservat der London Wetlands als auch den Willows Activity Park in St. Albans nahe der britischen Metropole in ein „neues magisches Licht“ eintauchen. Und in Matsue auf der japanischen Hauptinsel Honshu läuft zurzeit das „Festa Luce“.
Ein durchaus erlauchter Kreis also, in dem sich Reutte noch bis zum 26. Februar wiederfindet.
GROSSE HERAUSFORDERUNG. Dennoch war die Ruine im Außerfern trotz aller internationaler Erfahrung eine „Herausforderung sondersgleichen“, wie der Projektleiter vor Ort, Andreas Witting (früher Geschäftsführer der Schweizer Niederlassung der Höfener Firma AST), sagte – nicht zuletzt natürlich wegen der nicht gerade einfachen Zugänglichkeit. Gemeinhin bewege man sich nämlich auf eher ebenem Terrain. Um dem „technischen schwierigen alpinen Gelände“ gerecht werden zu können, kamen laut ihm Drohnen bei der „Erkundung“ ebenfalls zum Einsatz wie Industriekletterer bei der Verwirklichung des 1,8 Kilometer langen Lichterwegs. Der wurde ab Juni installiert. „Was gibt es Schöneres, als Menschen (und vor allem Kinder) glücklich zu machen?“, hatte Thomas Mark schon zuvor gefragt. Auch dessen Projektleiter in Reutte gab dasselbe Ziel in anderen Worten aus: „Wir wollen Erwachsene und Kinder in die wundervolle Welt des Lichts entführen.“ Und mit mehreren Tausend LED-Lampen auch eine Geschichte erzählen. Die dreht sich um den mittlerweile wohl unvermeidlichen Ritter Rüdiger und den Drachen Feuermaul. Sie begeben sich im einstigen Herzen der Festung auf die Suche nach dem Drachenkristall. Denn nur der kann dem Lindwurm die nötige Kraft und Energie geben, um ihn vor dem Versteinern zu bewahren.
DIE ENERGIEFRAGE. Witting ging auch auf die im Außerfern immer wieder zu hörende Kritik ein, die die Frage stellt, ob man denn ausgerechnet in Zeiten einer Energiekrise ein solches licht-volles Event veranstalten müsse. Dazu wurden mehrere Vergleiche verwendet. Etwa, dass wenn nur rund 170 Besucher die Show besuchten und dafür daheim der Fernseher ausgeschaltet bleibe, quasi schon Energieneutralität hergestellt sei. Oder dass man an 82 Öffnungstagen (Ehrenberg zählt damit zu den am längsten laufenden Lumagica-Standorten) gerade mal so viel Strom verbrauche wie 17 moderne Straßenlaternen in einem ganzen Jahr. Oder, dass man dank der LED-Technik mit täglich 270 Kilowattstunden genau so vieler Energie bedürfe wie wenn 100 Föhne jeweils eine Stunde lang liefen. Demgegenüber stünden indes „eine wahnsinnig schöne Stimmung und Top-Arbeitsplätze“. Letztere übrigens das ganze Jahr über. MK Illumination-Präsident Wark sieht es zudem „geradezu als öffentliche Verpflichtung, öffentliche Plätze so zu präsentieren, dass die Menschen sich wohlfühlen“. Sein Fazit: „Wir verbrauchen wenig Strom und haben daher ein gutes Gewissen.“ Voll des Lobes und Dankes war auch Hermann Ruepp, der Obmann des Tourismusverbands Naturparkregion Reutte. Letzterer galt nicht zuletzt Armin Walch, dem Geschäftsführer der Burgenwelt Ehrenberg. Ihn sah der Hotelier als treibende Kraft hinter diesem Projekt: „Wir waren sofort hellauf begeistert, als es uns präsentiert wurde.“ Lumagica sei quasi der ideale Ersatz für die Ritterspiele, die man bis zu Corona 18 Mal beherbergt habe, aber im Laufe der Jahre auch von der Belebung auch zur Belastung geworden seien. Das Licht-Spektakel könne indes auch in der eher gästearmen Zeit nach Dreikönig dem Tourismus Impulse verschaffen. Beim obligatorischen Band-durchschneiden freute sich denn auch Walch, gemeinsam mit vielen Besuchern in die „mystische Welt, die Wärme und Freude ausstrahlen und friedliche und erhellende Momente in Zeiten des Krieges und der Krise bringen soll“, einzutauchen. Reuttes Bürgermeister Günter Salchner sprach kurz vor dem großen Eröffnungs-Moment von einer „Sehenswürdigkeit von internationalem Rang, die Energie kostet – wie alles wirtschaftliche Tun“. Man sehe aber auch mit Begeisterung, was Armin Walch und sein Team für die Freilegung und Restaurierung dieses Ensembles geleistet hätten: „His-torisches Erbe zu retten verschlingt Geld, und wir sind auf Einnahmen angewiesen.“ Vielleicht könne die Kooperation mit Lumagica auch Vorbild dafür werden, wie es gelingen kann, Zeugnisse der Geschichte zu erhalten.