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Natascha, der Engel mit dem einen Flügel

Besonderes Denkmal leuchtet derzeit am Kirchplatz in Breitenwang. Natascha steht für behindertes Leben und regt zum Nachdenken an.

Am 1. Juni wurde der Internationale Tag des Lebens gefeiert. Ein idealer Termin, um Natascha, den Engel mit dem einen Flügel, in Breitenwang willkommen zu heißen. Natascha ist ein Denkmal für das behinderte Leben weltweit und ist Zeichen dafür, dass alle Menschen kostbar sind – ob behindert oder nicht.
7. Juni 2021 | von Sabine Schretter
Natascha, der Engel mit dem einen Flügel
Marianne Hengl, Natascha und ihre Außerferner Engel: Wolfgang Winkler, Dekan Franz Neuner, Hanspeter Wagner, Wolfgang Moosbrugger, Michael Schretter, Karlheinz Wex und Bernhard Schretter (v.l.). RS-Fotos: Schretter
Von Sabine Schretter.
Standortbürgermeister Hanspeter Wagner eröffnete die Veranstaltung mit den Worten: „Leben beschäftigt. Gerade in letzter Zeit fiel auf, dass sich hier in Breitenwang das Leben im Kleinen sehr bereichert hat.“ Menschen seien mit Abstand zusammengerückt, Nachbarschaftshilfe wurde während der Corona-pandemie selbstverständlich. Menschen seien aber auch kritischer geworden, hinterfragen mehr. Coronabedingte Veränderungen und Einschränkungen wurden nicht einfach so hingenommen, vieles fiel auf, das vor der Krise keine sehr große Relevanz hatte. „Uns muss bewusst sein, dass wir in einer sehr diversen Welt leben. Inklusion ist weit mehr als ein Schlagwort. Inklusion muss gelebt werden und funktionieren“, so Hanspeter Wagner. In Breitenwang sieht er den Boden gut bereitet, erinnert sich, dass schon in den 60er- und 70er-Jahren Integration im Dorf gelebt wurde: „Es gab einen Autisten, den Pauli, der überall mit dabei und in der Dorfgemeinschaft integriert war. Einzig beim Fußballspielen hielt er sich lieber auf den Rängen als Zuschauer denn als Spieler am Platz auf, aber Spiel hat er keines ausgelassen!“ Das habe ihn schon damals sehr beeindruckt und daher freue es ihn jetzt umso mehr, dass der Engel mit dem einen Flügel, dass Natascha jetzt bis 14. August in Breitenwang stehen wird.

Natascha.
Natascha hat nur einen Flügel und steht für behindertes Leben weltweit. An der Stelle, wo Nataschas zweiter Flügel fehlt, leuchten viele Lichter und zeigen, dass jedes Leben wertvoll ist – perfekt oder eben weniger perfekt. „Niemals hätte ich gedacht, dass wir irgendwann einmal ein Denkmal für unser Leben brauchen“, erzählt Marianne Hengl, Obfrau des Vereins RollOn Austria, der die stärkste Lobby für Menschen mit Beeinträchtigung in Österreich ist. 
Dekan Franz Neuner kennt Marianne Hengl schon sehr lange, ist selbst seit 32 Jahren Mitglied im Verein RollOn Austria, schätzt Mariannes Fröhlichkeit und Initiative und ist beeindruckt von ihrer Beharrlichkeit: „Marianne erreicht, was sie will. Zu Bischof Hermann Glettler hat sie zum Beispiel gesagt, dass ein ,Ausflügl‘ nach Rom einmal ganz nett wäre!“ Mariannes Wunsch blieb nicht ungehört. Am 5. Juni 2019 wurde sie mitsamt dem Bischof, ihren Begleitern und einer Delegation des Landes Tirol in Rom von Papst Franziskus bei einer Generalaudienz persönlich begrüßt. Mit im Gepäck: Natascha, der 2.30 Meter hohe Engel mit dem einen Flügel, den Papst Franziskus dann segnete. 
„Es geht um den Schutz des Lebens, der in Gefahr ist, wenn eingefordert wird, dass immer alles perfekt sein muss. Es geht um die Würde des Lebens, die unteilbar ist und nicht ausgetrickst werden darf“, führte Dekan Franz Neuner weiter aus. Es gehe nicht darum, einem Ideal zu entsprechen. Der Traum vom perfekten Menschen wird auf Kosten der nicht so perfekten Menschen geträumt. „Denken wir an Quasimodo, der Aufsehen erregte, weil er eben nicht ganz perfekt war. Er wurde aufgenommen und er hängte die Würde seines behinderten Lebens an die große Glocke von Notre Dame.“

Marianne.
RollOn Austria-Frontfrau Marianne Hengl freute sich über den besonderen Tag, an dem der Engel mit der besonderen Botschaft nach Breitenwang gekommen war. Sie freut sich auch über die vielen Engel, die auch im Außerfern den Verein tragen würden und damit dessen österreichweite Arbeit ermöglichen. Als größten Erfolg von RollOn Austria sieht sie, dass durch die Tätigkeit einige Leben gerettet werden konnten. „Wir konnten schon vielen Eltern ,Pakete voll Lebensfreude‘ mitgeben und ihnen damit Mut machen, ihr behindertes Kind auf die Welt kommen zu lassen. Es freut mich ungemein, wenn uns diese Familien mit ihren Kindern dann in unserem Büro besuchen kommen.“ Mit seiner wertvollen Arbeit kann RollOn Austria Menschen mit Behinderung ein Gesicht geben.
Natascha, das Denkmal für behindertes Leben in Österreich, fand und findet überall schöne Plätze und wird von den Menschen liebevoll aufgenommen. Dass der Engel zum Nachdenken anregen soll, verband Marianne Hengl abschließend mit einer Botschaft: „Jeder kann einem anderen, der es gerade nicht so leicht hat, Hilfe schenken. Gerade Menschen mit Behinderung können Vorbild sein, sie lieben bedingungslos. Wer hinter ihre Facetten blickt, wird ein ganz besonderes Licht entdecken!“
 
Natascha, der Engel mit dem einen Flügel
Anna Lena Mair und Dominik Hold (3. und 4. v.l.) unternalten die Ankunft des Engels Natascha gefühlvoll mit ihren „Liedern zum Leben“.

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