Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Öffnung der Gastgärten reicht nicht

Entlastung der Arbeitsmarktsituation im Bezirk Reutte noch nicht in Sicht

Längst ist die Gesundheitskrise zu einer echten Wirtschaftskrise geworden. Ressourcen und Geduld sind mehr und mehr erschöpft. Zaghafte Öffnungsschritte sind kleine Lichtblicke, bringen aber nicht den so hart erhofften wichtigen Schritt in Richtung Normalität.
8. März 2021 | von Sabine Schretter
Öffnung der Gastgärten reicht nicht
Reutte war im Februar der Bezirk Tirols mit dem stärksten Zuwachs an Arbeitslosen. Foto: AMS Reutte
Von Sabine Schretter.
Der Bezirk Reutte ist von der angespannten Arbeitsmarktsituation stark betroffen: Ende Februar (Stichtag 28. Februar) lag die Arbeitslosigkeit um 441,3 Prozent über dem Vorjahresniveau und stellt mit 1.927 Arbeitslosen (+1.571) tirolweit einen Rekordwert dar. Vor einem Jahr galt man als Vorzeigebezirk, es herrschte Vollbeschäftigung im Außerfern. Jetzt weist Tirols westlichster Bezirk eine Arbeitslosenquote von 13,8 Prozent auf – bei einem prognostizierten Stand von 12.009 unselbstständig Beschäftigten. 
Von Arbeitslosigkeit betroffen sind in erster Linie die Arbeitsuchenden aus dem Fremdenverkehr mit 1.029 Personen (+999 oder +3.330,0 %), aus der Baubranche mit 146 Personen (+62 oder +73,8 %) sowie aus den Sparten Verkehr mit 103 Personen (+76 oder +281,5 %) und Handel mit 94 Personen (+58 oder +161,1 %). Der Zuwachs der Arbeitslosigkeit betrifft sowohl Inländer und Inländerinnen (+796 oder +292,6 %) als auch Ausländer und Ausländerinnen (+775 oder +922,6 %). Die durchschnittliche Vormerkdauer in der Arbeitslosigkeit erhöhte sich bis zum Stichtag Ende Februar 2021 auf 119 Tage (+54). Die Anzahl der Arbeitslosen mit einer Vormerkdauer von mehr als sechs Monaten ist mit 86 Personen (+72) im Vorjahresvergleich gestiegen. Nach Altersgruppen betrachtet, hat sich die Arbeitslosigkeit bei allen Altersgruppen erhöht. Bei den 26 Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren stieg die Arbeitslosigkeit um +188,9 % oder +17 Personen. Bei den 178 arbeitslosen 20- bis 24-Jährigen kommt es zu einem Anstieg um +249,0 % oder +127. Bei den 1.103 Personen zwischen 25 und 49 Jahren stieg die Arbeitslosigkeit um +545,0 % oder +932, bei den 571 Personen über 50 Jahren um +396,0 % oder +495 Personen. Der Bestand an sofort zu besetzenden offenen Stellen zum Monatsende Februar war mit 111 (-102) massiv geringer als im Vorjahr, demgegenüber fällt der Vorjahresvergleich bei den nicht sofort verfügbaren Stellen mit einem Bestand von 192 (+3) neutral aus. Beim Zugang an offenen Stellen ist mit 173 (-28 oder -13,9 %) ein Minus zu verzeichnen. Beim Bestand der sofort verfügbaren Lehrstellen zeigt sich mit 19 ein deutliches Minus von 58 Lehrstellen im Vorjahresvergleich, die Bilanz beim Bestand der nicht sofort verfügbaren Lehrstellen ist jedoch mit 187 (+31) positiv, ebenso der Zugang der offenen Lehrstellen mit 50 (+20 im Vorjahresvergleich). 

Joboffensive.
Das AMS Tirol unterstützt alle am Arbeitsmarkt, die von Corona betroffen sind, mit der Joboffensive. Im Bezirk Reutte begannen im Februar 48 Personen eine Aus- und Weiterbildung, 34 Personen mehr als im Vorjahr. Die Joboffensive leistet einen wichtigen Beitrag, um die individuellen Chancen für Arbeitsuchende zu erhöhen – essentiell für den Wirtschaftsstandort Außerfern, der gerade jetzt Fachkräfte benötigt. Zweites wesentliches Instrument, um Beschäftigungen in der Krise zu sichern bzw. Arbeitsplätze zu erhalten, ist nach wie vor die Kurzarbeit. In Phase III beantragten rund 6.900 der Tiroler Betriebe Kurzarbeit. Aktuell sind über 47.000 Menschen in Tirol in Kurzarbeit, die ab 1. April in die Phase IV geht, die voraussichtlich bis Ende Juni dauert. 

Fokus auf Lehrlingsausbildung. 
Das Land Tirol unterstützt die Arbeitnehmer in der andauernden Krise am Arbeitsmarkt heuer mit insgesamt rund 22,4 Millionen Euro. Mit diesen Mitteln werden die Standardprogramme sowie die Covid-19-Unterstützungsmaßnahmen fortgeführt und erweitert. Im Fokus stehen jene Gruppen, die mehrfachvon der Pandemie betroffen sind – Langzeitarbeitslose und Frauen. Großes Augenmerk wird zudem auf eine qualitativ hochwertige Lehrlingsausbildung gelegt. Weiterhin genügend Ausbildungsplätze, die noch mehr Jugendliche dazu bewegen, sich für eine Lehre zu entscheiden, beugen einem Fachkräftemangel in den kommenden Jahren vor. Daher unterstützt die Tiroler Landesregierung auch wieder das „Ausbilderforum Tirol“, in dem das Land Tirol und die Tiroler Sozialpartner seit über 20 Jahren zur Vernetzung und Weiterbildung der Tiroler Lehrlingsausbilder kooperieren.

Tirol und die Regionen.
Bei einem prognostizierten Stand von 312.000 unselbstständig Beschäftigten (um 46.000 Personen weniger als im Vorjahr) und 38.471 vorgemerkten Arbeitslosen betrug die Arbeitslosenquote in Tirol zum Stichtag 28. Februar 11,0 Prozent (vgl. Februar 2020: 4,1 Prozent). Ende Februar war mit einem Plus von 23.164 Personen oder +151,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein deutlicher Anstieg an vorgemerkten arbeitslosen Personen in Tirol zu verzeichnen. Betroffen sind alle Tiroler Bezirke, an der Spitze steht der Bezirk Reutte mit einer Zunahme der Arbeitslosenquote von +441,3 Prozent (+1.571 Personen). Es folgen Landeck (+379,3 Prozent/+3.512 Personen), Kitzbühel (+294,6 Prozent/+2.964 Personen), Schwaz (+249,3 Prozent/+3.502 Personen), Imst (+189,8 Prozent/+2.500 Personen), Kufstein (+103,7Prozent/+2.414 Personen), Lienz (+93,9 Prozent/+1.313 Personen) und Innsbruck (+82,0 Prozent/+5.388 Personen).
 

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