Eine Frau erzählt im RUNDSCHAU-Interview über ihr Leben
Die Vorderhornbacherin Daniela Friedle hat mit ihren 33 Jahren schon viel erlebt. Vor zwei Jahren heiratete sie ihren Partner, mit dem sie seit vierzehn Jahren gemeinsam durch das Leben geht – er geht, sie fährt mit dem Rollstuhl. Seit Jänner 2019 arbeitet Daniela in der Servicestelle für Gleichbehandlung und Antidiskriminierung für das Land Tirol. Neben ihren breitgefächerten Ausbildungen gestaltet sich Daniela auch die Freizeit sehr abwechslungsreich. Reisen, Handbiken, Malen, Nähen, Lesen, Musizieren und Rollstuhltanz zählen zu ihren Hobbies.
Von Michaela Weber
Ob sich Danielas beruflicher Werdegang ohne ihre Querschnittslähmung auch so entwickelt hätte, lässt sich im Nachhinein schwer sagen. „Jedenfalls kann ich heute sagen, dass mir meine Arbeit Spaß macht und ich in dieser Dienststelle etwas bewirken kann.“ Nach der Matura (2003) begann Daniela – mehr als Übergangslösung – eine Ausbildung am Tourismuskolleg in Innsbruck. 2004 verbrachte sie, im Rahmen eines Auslandspraktikums, drei Monate in Griechenland. Ein Skiunfall im Dezember 2004 war Ursache ihrer Rückenmarksverletzung. Nach der Erstversorgung mit Operation im Krankenhaus Feldkirch folgten mehrere Monate Rehabilitation. Die Familie gab Rückhalt. Danielas Partner Dominik stand ihr immer zur Seite.
2006 fingen Daniela und Dominik mit dem Bau ihres barrierefreien Hauses an. Die junge Frau begann ein Fernstudium der Bildungswissenschaften. Danielas offene Art siegte über die anfänglichen Bedenken, wieder in die Stadt zu ziehen. 2007 inskribierte die Lechtalerin in Slawistik mit Schwerpunkt Russisch an der Uni Innsbruck. Im Studentenwohnheim wurde Danielas Kontaktfreudigkeit erwidert. Das Auslandssemester absolvierte sie in Mailand. Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Studium peilte die sprachbegabte und wissbegierige Außerfernerin das Masterstudium Medien an. Teilzeitbeschäftigungen bei den Sozialen Diensten der Kapuziner und eine Stelle am MCI im Marketing folgten. 2014 arbeitete Daniela als Freiwillige bei den Olympischen Spielen in Sotschi mit. Daniela modelte für Rollstuhlbekleidung und machte Erhebungen im Rahmen eines EU-Projekts zur Rollstuhltauglichkeit auf Wanderwegen im Pitztal.
RUNDSCHAU: „Was fällt in Ihren Aufgabenbereich in der Servicestelle für Gleichberechtigung und Antidiskriminierung? “
Daniela Friedle: „Barrierefreies Internet für Sehbehinderte ist ein Bereich. Die entsprechende Programmierung und Gestaltung von Websites öffentlicher Stellen muss laut einer EU-Richtlinie gewährleis-tet werden. Nur so können auch blinde Menschen das Internet nutzen. Hier bin ich die zentrale Stelle, die dieses Projekt koordiniert und ausarbeitet. Was sehr spannend ist, da wir hier österreichweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Öffentlichkeitsarbeit für den Tiroler Monitoring Ausschuss ist auch Teil meiner Arbeit. Der Ausschuss kontrolliert und überwacht die Einhaltung.“
RS: „Wie verhalten sich Menschen Ihnen gegenüber im Alltag?“
DF: „Ich erlebe positive wie negative Dinge. Manche Menschen bieten ihre Hilfe an. Mir wurde auch schon ungefragt unter die Arme gegriffen, das ist vielleicht gut gemeint, man tut mir damit aber kein Gefallen. Andere sprechen einer Rollstuhlfahrerin die Mündigkeit ab. Es ist schon vorgekommen, dass ich nach dem Weg gefragt habe und die Antwort über meinen Kopf hinweg an meine Begleitung gerichtet wurde.“
RS: „Gibt es neben den sichtbaren Hindernissen auch spürbare Hürden?“
DF: „Ja. Ich habe während meines letzten Jobwechsels kein Arbeitslosengeld erhalten, weil ich Invaliditätspension beziehe. Im Beruf ist eine Vollzeitanstellung für eine Rollstuhlfahrerin nicht möglich, da ich nach längerem Sitzen für ein paar Stunden entlasten muss. Es gibt nur sehr wenige Teilzeitstellen und ebenso wenige Firmen, die barrierefrei zugänglich sind. Unser Sozialsystem ist grundsätzlich gut, es gibt jedoch einige Lücken, die strukturell umgestaltet bzw. beachtet werden sollten. In solchen Punkten ist mein jetziger Arbeitsplatz doppelt interessant.“
RS: „Haben Sie Ein Lebensmotto?“
DF: „Nicht direkt. Den Spruch „If you can´t stand up, stand out!“ finde ich ganz gut und passend. Jeder Mensch – unabhängig von einer Behinderung – sollte etwas aus seinem Leben machen“.
RS: „Was sind ihre Ziele/Wünsche?“
DF: „Ein Ziel von mir ist es, durch meine Arbeit etwas zu bewirken. Die Kennzeichnung rollstuhltauglicher Wanderwege in interaktiven Karten wäre auch für das Außerfern wünschenswert. Dafür braucht es Zugpferde aus dem Tourismus, die Rollstuhlreisende ansprechen möchten. Ein Wunsch von mir ist, dass bei allem, was neu gemacht wird – Wege, Gebäude Freizeiteinrichtungen usw. – Barrierefreiheit in der Planung berücksichtigt wird. Betroffene sollten unbedingt eingebunden werden.“
RS: Danke für das Gespräch.