Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

„Völlig absurde Befragung“

Transitforum-Obmann Fritz Gurgiser hält Umfrage zum Motorradkrach für Geldverschwendung

Nicht in die Jubelchöre über die Motorradsaison 2020 im Lechtal einstimmen möchte Fritz Gurgiser, Obmann des Transitforums Austria Tirol. Und die von der Landesregierung initiierte Telefonumfrage zu dem Thema hält er für pure Geldverschwendung. Das machte er im Gespräch mit der RUNDSCHAU deutlich.
16. November 2020 | von Jürgen Gerrmann
„Völlig absurde Befragung“
Wehrt sich gegen „Ohrenauswischerei und Scharlatanerie“: Transitforum-Obmann Fritz Gurgiser.
Von Jürgen Gerrmann.
Er blieb dabei auch bei seiner Einschätzung zur Verordnung über das Fahrverbot für Motorräder mit einem Standgeräusch von mehr als 95 Dezibel: „Das war und ist Pfusch.“ Es sei ein Unding, hier für ein Fahrverbot den Lärm eines Motorrads im Stehen heranzuziehen – und nicht den Krach, den die Lechtaler in der Realität an ihren Häusern auszuhalten hätten.
Er zeigt sich daher auch erstaunt über die positiven Einschätzungen der gerade zu Ende gegangenen Saison (wobei auch am Samstag noch eine Menge Biker von Elmen hinauf zum Hahntennjoch abbogen). Im Juni sei nämlich beim Gespräch im Amt der Tiroler Landesregierung vereinbart worden, „das heurige Jahr wegen der ganzen Corona-Maßnahmen gerade nicht als Maßstab zu nehmen“. Schließlich habe es sowohl in Tirol als auch in den Nachbarländern zahlreiche verschiedene Ansätze und Verordnungen zur Bekämpfung der Pandemie gegeben – und das zu einem völlig anderen Verhalten in Bevölkerung und Wirtschaft geführt. Das Jahr 2020 lasse sich daher seriös mit keinem seiner Vorgänger vergleichen.

Für Messungen statt Befragung.
Besonders übel stößt ihm freilich die Telefonumfrage auf, von der sich Landeshauptmann-Stellvetreterin Ingrid Felipe laut einer Pressemitteilung vom 22. Oktober unter anderem „klare Aussagen über die Wirksamkeit der Maßnahmen und damit weitere Entscheidungsgrundlagen“ verspricht. Gurgiser: „Eine subjektive Befragung kann doch niemals eine Gesetzesgrundlage sein – es müssen objektve Messungen erfolgen.“ Es sei schließlich nicht ein „Befragungslärm“, der Anrainer und Tourismus in der Gesamtregion Imst/Hahntennjoch/Bschlaber-, Lech- und Tannheimertal massiv störe und beeinträchtige: „Ursache ist vielmehr der Lärm, den tausende Motorräder in einer der sensibelsten alpinen Gegenden verursachen. Dort werde nämlich zugleich gerne mit Argumenten, wie Gesundheit, Naturnähe, Naturpark Tiroler Lech oder dem Ruhegebiet Muttekopf um eine ganz spezielle („und zumeist gut betuchte“) Tourismus-Klientel geworben.
Nun werde wieder sehr viel Steuergeld in eine in einem Corona-Jahr „völlig absurde Befragung“ investiert. Das sei nicht zuletzt deswegen überaus fragwürdig, „weil es völlig egal ist, was bei so einer sündteuren Umfrage herauskommt“. Warum das? „Sie kann niemals Grundlage für eine neue Verordnung sein. Noch nicht einmal für eine Änderung der bestehenden. Denn dazu braucht es gemessene Lärmpegel – und nicht irgendwelche Meinungen zu sonderbaren Fragen.“

Für wissenschaftliche Bewertung.
Deswegen fordere man Behörden und Politik in Tirol „dringend und nachdrücklich“ auf, „die Lärmpegel zu messen, auf wissenschaftlichem ärztlichen Stand zu bewerten (dies fehlt bis heute zu 100 Prozent, weil die zuständige Abteilung nämlich nichts mit Gesundheit zu tun hat) und endlich zeitgemäß den Lärm zu bekämpfen und zu reduzieren“. Dies reduziere nämlich Schäden sowohl an der Gesundheit als auch am Qualitätstourismus in der Region – und zwar dauerhaft.
Alles andere sei „Ohrenauswischerei und Scharlatanerie“ und strikt abzulehnen: „Das kostet nur Steuergeld, das derzeit in zahlreichen gesundheitlichen und pflegerischen Bereichen dringend notwendig ist.“

Ärger auch beim Transit.
Der Motorradlärm ist indes nicht die einzige Baustelle, die es im Obmann des Transitforums grummeln lässt. Ende Oktober wurde etwa ruchbar, dass Italiens Verkehrsministerin Paola De Micheli (eine Sozialdemokratin) ihrer grünen österreichischen Kollegin Leonore Gewessler klar gemacht habe, dass der südliche Nachbar gegen die sektoralen Fahrverbote in Tirol ins Feld ziehen wolle, weil sie dem Prinzip des freien Warenverkehrs widersprächen und „unseren Transportunternehmen schaden“.
Gurgiser ist zwar der Überzeugung, dass diese Verbote so viele Ausnahmen haben, dass sie eh nichts bringen könnten. Aber er ärgert sich doch, dass Italiens Regierung in Verbindung mit den Frächtern dort „alles aushebeln wolle, was dem Schutz der Anwohner dient“. Dabei habe die EU-Kommission doch schon 2018 festgestellt, dass Fahrverbote zum Schutz der Gesundheit EU-konform seien. Sein Ratschlag Richtung Süden: „Italien sollte endlich seine eigene Bevölkerung schützen – und nicht die internationale Transit-Mafia.“
 

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben