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Wieder temporäre Fahrverbote für sehr laute Motorräder

Fahrverbote basieren auf Lämstudie und gefallen nicht jedem

Die auf einigen Teilstrecken im Außerfern temporär geltenden Fahrverbote für besonders laute Motorräder wurden nach der Pilotphase im vergangenen Jahr eingehend evaluiert und auf ihre Wirksamkeit überprüft. Die Ergebnisse dieser Studie wurden vergangenen Donnerstag von LH-Stv. Ingrid Felipe präsentiert.
22. März 2021 | von Sabine Schretter
Wieder temporäre Fahrverbote für sehr laute Motorräder
Die vom temporären Fahrverbot betroffenen Strecken im Außerfern. Karte: Land Tirol
Von Sabine Schretter.
Die gesetzten Maßnahmen würden Wirkung zeigen und auch bei der Bevölkerung im Außerfern große Zustimmung finden, so Felipe, die ergänzt, dass „die Anzahl der Motorräder um über ein Drittel zurückgegangen ist“. Das rechtfertige eine Beibehaltung der gesetzten Maßnahmen, auch in den kommenden Jahren. Die nun vorliegenden Studienergebnisse beruhen auf den erhobenen Verkehrszahlen im Geltungszeitraum vom 10. Juni bis 31. Oktober 2020 und auf einer repräsentativen Befragung der anrainenden Wohnbevölkerung.

Auswertung.
Wie schon bei der Motorradlärmstudie 2019 wurde auch bei der Evaluierung der Fahrverbote für Motorräder mit einem Nahfeldpegel über 95 dB die vorliegenden Verkehrszahlen der fünf betroffenen Straßenabschnitte mit den Ergebnissen einer Umfrage bei 250 Personen in 19 Gemeinden im Außerfern verschnitten, wie der Vorstand der Abteilung Emission Sicherheitstechnik Anlagen (ESA), Christoph Lechner erläutert: „Wir haben dazu die Daten von fünf automatischen Dauerzählstellen im Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September ausgewertet. Insgesamt konnte eine Reduktion um durchschnittlich 36 Prozent – am Hahntennjoch sogar um 50 Prozent – an Sommersonntagen im Vergleich zu 2017 festgestellt werden.“ Mit in den Studienbericht aufgenommen wurden auch Aussagen zur Veränderung der Anzahl der Motorräder aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie.

Reaktionen. 
Die anrainende Bevölkerung entlang der beliebten Motorradstrecken wurde nach dem Auslaufen der lärmbeschränkenden Verordnungen zu den Auswirkungen der Fahrverbote, ihren Wahrnehmungen und zum weiteren Umgang mit lauten Motorrädern befragt, wie Studien-Co-Autor David Schnaiter zusammenfasst: „Mehr als zwei Drittel der Befragten geben an, dass der Motorradlärm in ihrer Wahrnehmung abgenommen hat. Nahezu gleich viele sprechen sich auch für die Beibehaltung der spezifischen Fahrverbote aus. Insgesamt steht eine deutliche Mehrheit den getroffenen Maßnahmen positiv gegenüber.“ Erfreulich ist die erreichte Rücklaufquote von 89 Prozent, die das Interesse der Bevölkerung am Thema widerspiegelt und eine hohe Repräsentativität der Studienergebnisse sicherstellt. „Bemerkenswert ist zudem, dass sich das Meinungsbild von Motorradfahrenden – immerhin knapp ein Drittel aller Befragten – in geringerem Ausmaß von den Nicht-Motorradfahrenden unterscheidet als vielfach angenommen“, hebt Schnaiter hervor. Die an der Befragung Teilnehmenden wurden auch zu möglichen weiterführenden Maßnahmen interviewt: So wünschen sich 81 Prozent aller Befragten – selbst 74 Prozent der Motorradfahrenden – gesetzliche Maßnahmen, um die Motorradhersteller zur Produktion von leiseren Motorrädern zu zwingen. Um möglichst viele Menschen vor Lärm zu schützen, gleichzeitig aber den Motorradbegeisterten nicht mit partiellen Fahrverboten das Fahrvergnügen zu nehmen, braucht es klare Vorgaben für die Hersteller. Auch die Außerferner VP-Bezirksobfrau und Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann begrüßt die gesetzten Maßnahmen. Auch wenn sie wisse, dass es auch Kritiker gäbe, liege der Nutzen der Fahrverbote für sie auf der Hand, erklärt sie und verleiht ihrer Hoffnung auf gegenseitige Akzeptanz Ausdruck. Als „einzig richtige Entscheidung“ bezeichnen die Grüne Bezirkssprecherin Regina Karlen unbefristete Verlängerung der Fahrverbote für besonders laute Motorräder auf fünf Streckenabschnitten im Außerfern. Die Verlängerung der Fahrverbote sei eine überfällige Entlastung. „In Zeiten der boomenden Elektromobilität sollte es eigentlich kein Problem sein, einen raschen Umstieg auf lärmarmere Zweiräder zu erreichen. Ansonsten werden wir uns nämlich überlegen müssen, wie wir den Motorradverkehr im Bezirk noch enger regulieren können“, so Karlen.
Kritisch und mit wenig Verständnis sieht das die „Arge2Rad“. „Die Ergebnisse dieser Evaluierung waren zu erwarten und überraschen mich nicht“, so Karin Munk, Generalsekretärin der „Arge2Rad“. Die Motorradtouristen in Tirol kämen zu rund 70 Prozent aus Deutschland. 2020 hätten viele  Gruppen zum Leidwesen der ansässigen Gewerbetreibenden – z. T. auch aus Coronagründen – storniert. Dass die verringerte Frequenz natürlich auch zu einer Reduktion der Lärmemissionen führt, liegt auf der Hand, hat aber nichts mit dem eingetragenen Nahfeldpegel per se zu tun. „Nach EU Richtlinien legale Motorräder werden bestraft, illegale, getunte Motorräder werden belohnt. Und diese sind es, die das subjektive Lärmempfinden definieren“, führt Munk weiter aus. Herbert Gassner, Geschäftsführer der Moho-Motorradhotels Österreichs, betont dazu, dass die Saison 2020 aufgrund der besonderen Covid-Situation absolut keine realistischen Rückschlüsse zulässt. Viele Motorradurlauber seien nicht in den Süden gefahren, sondern nach Österrreich bzw. Tirol gekommen. Verärgert über temporären Fahrverbote zeigt sich auch Landecks Bürgermeister Mag. Thomas Hittler, der selbst begeisterter Motorradfahrer ist und moniert, dass Motorräder ausgeschlossen werden, die legal in Österreich und Europa zugelassen sind. Das Standgeräusch ist für ihn ein Angriff auf die persönliche Freiheit und die Bürgerrechte, zudem sei dies nicht die geeignete Messmethode. Zu laute Motorräder gehören aus dem Verkehr gezogen, was durch Kontrollen durch die Exekutive gut machbar wäre.

Fahrverbote.
Die Fahrverbote werden auf fünf Straßenzügen mit einer Gesamtlänge von 126 Kilometer vom 15. April bis 31. Oktober eines jeden Jahres gelten. „Das dazu notwendige Ermittlungsverfahren startete vergangenen Donnerstag. Link zum Studienbericht: https://www.tirol.gv.at/arbeit-wirtschaft/esa/laerm/

Bewusstseinsbildung.
Die Arge 2Rad bemüht sich indes weiter, allen legalen Motorrädern den Zugang zu allen Straßenzügen zu ermöglichen, den ansässigen Gewerbetreibenden eine sichere Zukunft zu gewährleisten – alles unter Rücksichtnahme der Bedürfnisse der Anrainer. Dafür bedarf es einer Bewusstseinsbildung einzelner Motorradfahrer und der massiven Kontrolle des Verbotes illegaler Anbauten durch die Exekutive. Diese Grundlagen für eine nachhaltige Verringerung der Anrainerbelastung werden von der Arge 2Rad und Partnern durch Kampagnen und durch die enge Zusammenarbeit mit dem Innenministerium gewährleistet.

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