Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
Artikel teilen
Artikel teilen >

„Irrlichter bieten Raum für Interpretation“

Die RUNDSCHAU im Gespräch mit dem Festivalleiter Daniel Dlouhy

Wie bereits in der letzten Ausgabe der RUNDSCHAU berichtet, findet auch in diesem Frühjahr wieder das Kunstfestival Medienfrische vom 26. Mai bis 21. Juni im Bschlabertal statt. Daniel Dlouhy, der Leiter des Festivals, gibt in einem persönlichen Gespräch erste Einblicke in die Organisation, den Ablauf sowie die Hintergründe der vierwöchigen Veranstaltung.
3. April 2023 | von Marlen Perl
„Irrlichter bieten Raum für Interpretation“
Festivalleiter Daniel Dlouhy. Foto: Sergio Salvemini
Von Marlen Perl.
RUNDSCHAU: Wie ist es dir seit unserem Treffen Ende Juni letzten Jahres ergangen? Hattest du – wie geplant – Zeit, dich vermehrt deinen Filmprojekten zu widmen?
Dlouhy: Danke, mir ist es sehr gut ergangen. Das Ende von einem Projekt ist bei mir immer auch zeitgleich der Beginn neuer Aufgaben. Ich habe gleich wieder begonnen Konzepte für neue Festivals zu schreiben, parallel dazu widmete ich mich aber auch wieder Filmprojekten. Aktuell arbeite ich nebenher an der Produktion von zwei bis drei Filmen. Vorher habe ich mich ja wirklich ein Jahr lang nur mit der Planung und Organisation der Medienfrische beschäftigt, da tat diese Abwechslung wirklich gut. Wobei die Medienfrische seit letztem Juni eigentlich nie ganz aus meinem Kopf verschwunden ist. 

RUNDSCHAU: Seit wann arbeitest du nun wieder an den Vorbereitungen der Medienfrische 2023? 
Dlouhy: Seit September letzten Jahres arbeite ich immer wieder nebenbei daran. Schließlich hat es auch bis August gedauert, das letztjährige Festival final abzurechnen und sämtliche Fördergeber- bzw. Sponsorengespräche zu führen. Danach haben wir uns – im Hinblick auf das Festival 2023 – intensiv im Team mit der Organisation, dem Ablauf sowie dem Feedback des letztjährigen Festivals auseinandergesetzt, um diese Ideen und Anregungen bei der Planung gleich berücksichtigen zu können. Auch Gespräche mit Künstlern, welche die Medienfrische bereits miterleben durften, oder auch den Bewohnern des Bschlabertals haben sehr geholfen. Dafür haben wir im letzten Jahr eine Feedbackrunde innerhalb der Gemeinde organisiert, diese wurde auch recht gut angenommen und hier konnten alle ihre Anregungen und Wünsche äußern. In dieser Runde habe ich auch versucht, die Hintergründe des Festivals zu erklären und diesbezüglich noch bestehende Wissenslücken zu füllen.

RUNDSCHAU: Welche Anregungen und Wünsche wurden bei der Feedbackrunde – auch im Hinblick auf die diesjährige Medienfrische – von den Einwohnern geäußert?
Dlouhy: Teilweise sind sehr unterschiedliche Aspekte angesprochen worden. Während sich die einen mehr Informationen im Vorfeld gewünscht hätten, hatten andere das Gefühl, unfair bzw. ungleich behandelt worden zu sein. Erfreulicherweise hat man uns neben den Verbesserungswünschen auch viel Lob entgegengebracht; so freuten sich etwa die Vereine über die Möglichkeit, bei verschiedenen Veranstaltungen hinter der Bar mitzuhelfen, um Einnahmen zu erzielen. Auch das Überlassen des von uns finanzierten Barwagens und die Umbauten des Kinos für verschiedene Veranstaltungen innerhalb der Gemeinde, erfreute die Bewohner. Es gab aber natürlich auch Personen, welche klar äußerten, dass das Festival nicht ihr Interesse wecken konnte – das ist aber auch vollkommen okay so, Kunst interessiert eben nicht jeden. Für mich war es wichtig zu hören, dass wir niemanden gestört haben und es im Endeffekt harmloser war, als von vielen im Vorfeld befürchtet. 

RUNDSCHAU: Wie viele Personen umfasst dein Team? Gab es hier seit letztem Jahr Umstrukturierungen?
Dlouhy: Das Team ist eigentlich gleich groß geblieben und umfasst nach wie vor dieselbe Anzahl und auch größtenteils dieselben Personen, allerdings teilweise in anderen Positionen. Aktuell sind hauptsächlich vier davon tätig, ab Festivalbeginn sind wir dann – mit Fahrern, Helfern und Aufräumern – insgesamt zu acht. 

RUNDSCHAU: Wie habt ihr die Zusammenarbeit bzw. die Unterstützung durch die Gemeinde Pfafflar im heurigen Jahr erfahren?
Dlouhy: Im letzten Jahr fand in der Gemeinde Pfafflar ein Bürgermeisterwechsel statt, welcher die Kommunikation etwas schwieriger gestaltete, heuer war dies viel angenehmer. Ich kenne auch mittlerweile einige Leute im Ort und weiß, wen ich für welches Anliegen kontaktieren kann. Bis jetzt funktioniert alles sehr reibungslos und angenehm, wobei bislang auch noch nicht viele Gespräche vonnöten waren. 

RUNDSCHAU: Die Bürgermeisterin der Gemeinde Pfafflar, Petra Krabacher, meinte in einem Gespräch mit der RUNDSCHAU im Juni 2022, dass noch Aufräumarbeiten im Nachhinein durchgeführt werden müssten und dies eine Voraussetzung für künftige Zusammenarbeiten darstellt. Konnte hier eine Einigung gefunden werden? 
Dlouhy: Ich bin letztes Jahr nochmal dafür angereist, wobei es eigentlich nicht mehr viel Arbeiten zu verrichten gab. Beispielsweise blieb noch ein Kunstwerk im Ort stehen, hier gab es allerdings ein Missverständnis. Wir waren der Meinung, es sei okay, dass dieses noch ein wenig ausgestellt bleibt, allerdings schienen damit nicht alle einverstanden zu sein. Dies wurde dann sogar von einem Einwohner abgebaut, welcher Verwendung für das Holz hatte. Die Volksschule in Boden war auch noch etwas schmutzig, wobei sich hier schnell herausstellte, dass diese Räumlichkeiten schon vor unserem Aufenthalt dort sehr unaufgeräumt und verschmutzt waren. Dasselbe war im Widum in Bschlabs der Fall, wir konnten größtenteils auch mit Fotos beweisen, dass nicht alles an Verunreinigung und Chaos uns zuzuschreiben war. Aber wie gesagt, ich habe im Nachgang die Gemeinde besucht, um verschiedene Aufräumarbeiten vorzunehmen. 
Für heuer stehen diese Aspekte bereits auf unserer Liste, welche ich nächste Woche mit Petra besprechen möchte. Wir werden dann auch gemeinsam den aktuellen Zustand dokumentieren und sind bemüht, die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten nach der Medienfrische wieder entsprechend zu hinterlassen. Wir werden es auch so vereinbaren, dass die Gemeinde gewisse Aufräumarbeiten übernimmt. Mein Wunsch wäre, dass sich die Gemeinde generell etwas mehr einmischt bzw. einbringt. Ich hatte im letzten Jahr eher das Gefühl, dass man das ganze Festival grad so über sich ergehen lässt, eigentlich fände ich aber den Austausch und die Zusammenarbeit schöner. Beispielsweise wäre es gut, wenn uns die Gemeinde bei der Bereitstellung von Wasser oder Strom, etwa durch die Vermittlung von geeigneten Ansprechpartnern vor Ort, unterstützen würde. Darüber hinaus wäre es für mich denkbar, dass die Gemeinde die Verantwortung für die Nutzung der Toiletten im Gemeindegebäude übernimmt. 

RUNDSCHAU: Im vergangenen Jahr wurde dem Dadaismus eine besondere Rolle zuteil, was durch das 100-jährige Jubiläum dieser kunstkritischen Strömung begründet wurde. Welchen Hintergrund hat das Thema „Irrlichter“? Wie kam es zu dieser Idee?
Dlouhy: Das heurige Thema „Irrlichter“ resultiert aus verschiedenen Ideen und tauchte bei Diskussionen immer wieder auf. Irrlicht ist eigentlich ein komischer Begriff, welcher nur noch selten in Gebrauch ist. Der Begriff ist zwar einschränkender als Dadaismus, bietet allerdings viel Raum für Interpretation. Wir hatten auch im vergangenen Jahr das Gefühl, dass sich viele Künstler – vermutlich der idyllischen und nachts auch teilweise mystischen Landschaft geschuldet – gerne mit diesem Bereich beschäftigt hätten. 

RUNDSCHAU: Der Presseaussendung konnte ich entnehmen, dass heuer etwa 300 Bewerbungen bei euch eingingen. Nach welchen Kriterien werden die Künstlerinnen und Künstler ausgewählt? Wie viel Zeit nimmt ein solcher Auswahlprozess in Anspruch?
Dlouhy: Insgesamt gingen zwischen 250 und 300 Bewerbungen ein. Wir haben bereits etwa 100 davon besprochen. Einige Teilnehmer mussten wir bereits gleich zu Beginn, aufgrund von zu hohen Anforderungen, ausschließen. Beispielsweise äußerte ein Bewerber den Wunsch, einen Klavierflügel vor Ort zu haben, auch zu hohe Honorarvorstellungen waren ein Ausschlusskriterium. Generell fiel aber auf, dass die Qualität der Einreichungen – sicherlich auch durch die steigende Präsenz der Medienfrische in der Kunstszene – gestiegen ist. Wir haben eine große Vielfalt bei den Bewerbungen, etwa was Alter, Geschlecht, Kultur bzw. Herkunft, Ausbildung und Erfahrung anbelangt. 

RUNDSCHAU: Bei unserem letzten gemeinsamen Gespräch im Juni 2022 hast du erwähnt, dass beim ersten Kunstfestival der Medienfrische im vergangenen Jahr vor allem in den ersten Wochen zu viele Kunstschaffende vor Ort waren und dies für Chaos sorgte. Konntet ihr heuer eine bessere Einteilung für die Teilnehmenden finden? Wisst ihr schon wie viele Kunstschaffende tatsächlich vor Ort sein werden?
Dlouhy: Wir haben uns dazu entschieden, heuer weniger Künstler anzunehmen. Die Teilnehmer werden in zwei Blöcke eingeteilt, zwanzig Personen werden in den ersten beiden und zwanzig Personen in den letzten beiden Wochen vor Ort sein. Des Weiteren gibt es auch noch ein paar Kooperationspartner oder auch weitere Künstler – speziell das Rahmenprogramm betreffend –, welche zusätzlich wenige Tage anwesend sein werden. Aber im Vergleich zu letztem Jahr, wo insgesamt etwa 75 Personen in fünf Wochen im Bschlabertal waren, wird es heuer schon etwas ruhiger sein. Untergebracht sind wir in Boden, was nicht nur einen geringeren Fahrtenaufwand, sondern auch einen besseren Informationsfluss für uns bedeutet. 

RUNDSCHAU: Konnten auch im heurigen Jahr wieder Förderungen lukriert werden oder wie finanziert sich die Medienfrische?
Dlouhy: Die Finanzierung wir aus 70 bis 80 Prozent Fördergeldern ermöglicht, was natürlich auch mit viel Aufwand im Vorfeld verbunden ist. Das Land befürwortet aber solche Projekte und auch der Bund spricht sich für mehr künstlerische Veranstaltungen in ländlichen Gebieten Westösterreichs, wie etwa dem Außerfern, aus. Heuer erhielten wir allerdings deutlich weniger finanzielle Mittel als im letzten Jahr, weshalb wir uns noch nach weiteren Sponsoren umschauen müssen.

RUNDSCHAU: Gibt es bereits weitere Details zum Rahmenprogramm? Wird es auch heuer wieder Veranstaltungen oder Konzerte von namhaften Künstlerinnen und Künstlern geben?
Dlouhy: Einige Namen kann ich bereits verraten. So wird beispielsweise Robert Prosser, ein berühmter Tiroler Autor, welcher vor allem durch sein Buch „Verschwinden in Lawinen“ bekannt geworden ist, eine performative Lesung abhalten. Das Kufsteiner Stadttheater, deren aktuelles Stück „Irrlichter“ sich zufällig perfekt für unsere Veranstaltung eignet, wird mit 15 Jugendlichen vor Ort sein. Der Cellist Lukas Lauermann wird sicherlich bei Musikliebhabern für Begeisterung sorgen. Auch verschiedene Filme, wie „Märzengrund“, „Hasenjagd“ oder „Drei Winter“ werden Anklang finden. Bei einigen Veranstaltungen werden wir heuer allerdings geringe Eintrittspreise verlangen. Ich hatte letztes Jahr das Gefühl, dass die Wertschätzung durch die kostenlosen Eintritte bei allen Veranstaltungen etwas gelitten hat – es wurde alles als selbstverständlich angenommen.

RUNDSCHAU: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den letzten Vorbereitungen für die Medienfrische. 
 

Feedback geben

Feedback abschicken >
Nach oben