Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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So war es früher – Ausgabe Reutte (KW28/2021)

Weil bis ins 18. Jh. ein großer Teil der Bevölkerung „ohne Ansehen des Standes durch die Pocken musste“, hatte sich in den Köpfen der Menschen die Vorstellung verfestigt, die Krankheit sei wie ein Gift im Körper vorhanden, ja sogar für die kindliche Entwicklung notwendig, weshalb sich viele Eltern gegen die Impfung wehrten. Von 1797 bis 1800 forderten die „Blattern“ im damaligen Landgericht Reutte 380 Opfer unter den Kindern bis zehn Jahren (2,3 Prozent der Bevölkerung). Doch erst als zur Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol ab 1806 durch die Pfarrer Impflisten angelegt wurden, in denen die geimpften Kinder aufschienen, ebbte die Seuche ab, ehe sie im Folgejahr noch einmal aufflammte. Denn manche Eltern waren noch skeptisch und zögerten mit der Teilnahme an der Schutzimpfung.
Noch im Frühjahr 1807 erlagen innerhalb von zehn Wochen 25 kleine Kinder in Ehrwald den Pocken. In Lermoos waren es im April und Mai 1807 insgesamt sieben Kinder. In Biberwier forderten die „Kindsblattern“ im Jänner 1806 innerhalb von drei Tagen vier Tote und im Frühjahr 1807 innerhalb von zwei Monaten 15 Opfer. Danach ebbte die Seuche ab.

Text des Schutzpocken-Impfungs-Scheins: „Daß Johann Rief zu Vilß Landgerichts Reutte die ächten vom Unterzeichneten ihm eingeimpften Schutzpocken ohne ergebenen Zweifel überstanden habe, wird hiemit pflichtgemäß bescheinet und verbürgt, daß er vor der Blattern-Krankheit sicher geschüzt seye.
Gegeben Reutte den 20ten October 1807, an welchem Tage die Impfpusteln genau untersucht und gemäß Form und Verlauf ächt Dr. Anton Holer, befunden worden sind. Landgerichts-Phisiker.“

(Quellen: M. Zerlauth, In Eid u. Pflicht genommen, 2013; Matriken Ehrwald, Lermoos)
Text: Peter Linser
13. Juli 2021 | von Peter Linser
So war es früher – Ausgabe Reutte (KW28/2021)
Schutzpocken-Impfungs-Schein, 1807. Foto: Peter Linser

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