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„Gewinnen ist toll, aber das Wichtigste ist der Spaß!“

Die RUNDSCHAU traf Parasportler Daniel Stütz, der ein beachtliches Arsenal an Rekorden und Medaillen sein Eigen nennt.

„Daniel’s book of records“ ist einige Seiten stark. Seit Daniel Stütz 2016 mit dem Leistungssport begann, zeigt sich eines ganz deutlich: Er hat Talent, er ist ehrgeizig und sehr erfolgreich. Der 22-jährige Parasportler aus Wängle heimst Rekorde ein und hamstert Medaillen. Daniels Vater und Trainer Sigurd freut’s. Die RUNDSCHAU traf die beiden.
22. November 2021 | von Sabine Schretter
„Gewinnen ist toll, aber das Wichtigste ist der Spaß!“
Ein absolutes Winning-Team: Parasportler Daniel Stütz (links) und sein Vater und Trainer Sigurd. RS-Foto: Schretter
Von Sabine Schretter.
Schon im Kleinkindalter zeigte sich, dass Daniel sportinteressiert ist. Das ist soweit nicht ungewöhnlich. Bei Daniel Stütz sind die Vorzeichen aber andere: Daniel erlitt  bei seiner Geburt einen Schlaganfall, hatte aufgrund einer halbseitigen Lähmung eine sehr schlechte Prognose. Es hieß, er würde nie gehen können. Es kam ganz anders: Daniel Stütz hat einen sehr starken Willen und viel Ehrgeiz. Das in Verbindung mit Therapien und alternativen Behandlungsmethoden strafte die Prognosen Lügen. Von seiner Familie liebevoll unterstützt, verfolgte Daniel seinen Weg. „Daniels drei Jahre ältere Schwester Anja fuhr früher Ehrnberg-Cup-Rennen. Bei den Preisverteilungen im ,Fredy‘ in Wängle schaute Daniel immer ganz sehnsüchtig zu den Gewinnern auf. Wir sahen, dass ihm das taugt.“ Daniels Eltern begannen, ihn mit viel Geduld an den Sport heranzuführen. Daniel lernte Skifahren. „Das ist vor allem ein Verdienst meiner Frau“, erzählt Sigurd Stütz. Seine Sportbegeisterung zeigte Daniel auch als Schüler an der NMS Königsweg im Sportunterricht.
Dann lud die Außerferner Badminton-Ikone – Raimund „Pauli“ Paulweber – Daniel Stütz ein, es doch einmal mit Badminton zu versuchen. „Daniel war gleich dabei. Ich habe mir schon gedacht, wie das gehen soll, mit nur einer Hand“, gestand Sigurd Stütz. Daniel entwickelte eine eigene Aufschlagtechnik und übte den Sport zwei Jahre lang begeistert aus. Durch Zufall erfuhr Daniel, der mittlerweile die Handelsschule besuchte, dass es beim SC Breitenwang den Zweigverein Special Handicap für Behindertensport gab. Diesem Verein trat er bei, begann mit dem Schwimmen und kam in weiterer Folge zur Leichtathletik.

Senkrechtstart.
Daniel Stütz hatte seine Paradedisziplin gefunden. Bei einem Training 2016 in Wattens wurde man auf sein Talent aufmerksam und lud ihn ein, an den Tiroler Meisterschaften teilzunehmen. „Daniel kam mit drei Medaillen nach Hause, darunter Gold über 100 Meter“, erzählt Sigurd Stütz. Es folgte die Einladung zur Staatsmeisterschaft nach Linz – Daniel holte vier österreichische Jugendrekorde und den Staatsmeistertitel über 100 Meter. Brigitte Jank, Präsidentin des österreichischen Behindertensportverbands, erkannte das Talent des Außerferner Sportlers und riet ihm, auf jeden Fall weiterzumachen. Sigurd Stütz, der früher selbst Marathon und Halbmarathon lief, übernahm daraufhin das Leichtathletiktraining für den SC Breitenwang Special Handicaps. Daniels Rekordjagd ging indes weiter.

Bedeutende Jahre.
2018 hatte es in mehrfacher Hinsicht in sich: Zum einen erhielt Daniel Stütz beim Höfener Unternehmen Koch Media die Chance, eine Lehre zum Bürokaufmann zu beginnen. „Das ist gerade für Daniel mit seiner Behinderung eine tolle Möglichkeit. Ein Handwerk kann er ja nicht ausüben, daher ist eine Ausbildung im Bürowesen top“, freut sich Vater Sigurd. Auch für seine sportliche Karriere ein Glückstreffer, wie Daniel im Gespräch mit der RUNDSCHAU erzählt: „Koch Media steht voll hinter mir. Ich kann mir für meine Wettkämpfe frei nehmen. Koch Media unterstützte mich auch bei der Sportlerwahl, wo ich Zweiter wurde.“ 2023 wird Daniel Stütz seine Lehrabschlussprüfung machen, er möchte danach beim Unternehmen bleiben. Begeistert erzählt er von einem Erlebnis: „Ich war schon bei der gamescom. Koch Media war bei dieser Messe selbst Aussteller und hat uns Mitarbeiter für einen Tag nach Köln eingeladen.“ (Die gamescom in Köln ist die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele. Anm. d. Red.).
Sportliches Highlight 2018 war die Teilnahme bei der Weltmeisterschaft für Sportler mit körperlicher Einschränkung in Barcelona. „Es war das erste Mal, dass ich ohne Eltern nur mit dem Verband bei einem Wettbewerb war. Bei großer Hitze holte ich Bronze über 400 Meter“, schildert Daniel seinen Erfolg in Spanien. Ein Jahr später nahm er bei den European Paralympics in Finnland teil und holte – diesmal bei kälteren Temperaturen – Bronze über 100 Meter. In Finnland ging er erstmals auch über die 800 Meter-Distanz ins Rennen und verbesserte auf Anhieb den österreichischen Rekord. Bei der Tiroler Meisterschaft in Innsbruck fuhr der Leichtahtlet vier Siege ein und gab sein erstes Fernsehinterview. 2019 begann Daniel Stütz mit dem Alpencup, einer Rennserie, an der Sportler mit und ohne Behinderung in verschiedenen Altersklassen teilnehmen. „Das ist für Daniel eine gute Möglichkeit, Rennerfahrung zu sammeln und sein Training zu ergänzen“, so Sigurd Stütz.
2020 war aufgrund der Pandemie ein schwieriges Jahr. Viele Wettkämpfe wurden abgesagt – leider auch die Staatsmeisterschaften. Ein Highlight war aber dann die Tiroler Meisterschaft, die in Reutte stattfand: Daniels 200-Meter-Rekord kann man auf youtube sehen, den neuen österreichischen Rekord im Weitsprung gab’s noch obendrein.

Starke Familie.
Hinter den großen Erfolgen steht eine starke Familie. Sigurd Stütz, Daniels Vater, ist auch sein Trainer. Er stellt den Trainingsplan zusammen, der auf Daniels spezielle Gegebenheiten abgestimmt ist. „Wir können nicht zu viel Ausdauer trainieren und müssen auf Daniels Spastiken Rücksicht nehmen“, erklärt er und führt weiter aus: „Am Montag geht Daniel zum Schwimmtraining mit Isolde Haissl. Dreimal pro Woche steht Lauftrainig auf dem Programm und am Sonntagvormittag trainieren wir Weitsprung.“ Bei Meisterschaften wird ca. zwei Wochen vor dem Start gezielt dafür trainiert. Zuhause in Wängle haben die beiden ein kleines Fitnesstudio eingerichtet, dort geht Daniel regelmäßig aufs Laufband. Daniel verzichtet für seine gesunde Lebensweise und den Sport auf Alkohol, er lebt sehr bewusst, ernährt sich gesund. Seine Mutter unterstützt ihn und kocht ausgewogene Gerichte. Daniels ältere Schwester Anja, Jusstudentin an der Uni Innsbruck, betreut seine Instagram-Seite. Talent und Ehrgeiz sind das eine, starke Familienbande sind das andere – Daniels Rezept für seinen Erfolg. Ein großes Ziel für 2022 ist, den Normen für die Paralympics 2023 näherzukommen.

Sport gehört zur Freizeit.
Trotz straffem Trainings- und Wettbewerbsprogramm und seiner Ausbildung bleibt  Daniel Stütz genug Freizeit, um mit Freunden etwas zu unternehmen oder ausdauernd Fifa 21 zu spielen. „Wenn Daniel mit seinen Freunden unterwegs ist, kann sich das schon einmal bis 6 Uhr in der Früh ziehen“, verrät Vater Sigurd. „Meine Freunde gehören wie der Sport zu meiner Freizeit“, ergänzt Daniel. Für seine Zukunft wünscht er sich, gesund zu bleiben und den Spaß am Sport zu behalten. Nach seiner Karriere als Leistungssportler möchte Daniel Stütz mit seinen Erfahrungen andere Sportler unterstützen, sie motivieren und ihnen die Freude am Sport vermitteln, die er selbst erlebt. Einer seiner Leitgedanken heißt: „Es ist schön, bei einem Wettbewerb zu starten und es ist toll, wenn man gewinnt. Aber das Wichtigste ist der Spaß!“ Wer könnte das besser vermitteln, als einer, der genau das lebt?
Mehr über Daniel Stütz, seine Karriere und seine Erfolge erfährt, wer Daniel Stütz auf Instagram unter daniel_stuetz folgt.

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