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„Jetzt erst recht!“

Pandemie stellt Wirtschaft vor Herausforderungen, bietet aber auch Chancen

„Schon wieder kein Neujahrsempfang!“ – kein Austauschen, kein Get-together. Den Jahresauftakt musste die Wirtschaftskammer Reutte auch im jungen Jahr 2022 wieder absagen, Rückblick und Ausblick fanden in sehr kleinem Rahmen aber trotzdem statt.
17. Jänner 2022 | von Sabine Schretter
„Jetzt erst recht!“
Sie sind optimistisch: „Die Wirtschaft in Tirol wird wachsen, wenn es keinen weiteren Lockdown gibt“, sagen Wolfgang Winkler (WK-Bezirksstellenleiter), Tirol WK-Präsident Christoph Walser und WK-Bezirksobmann Christian Strigl (v.l.). RS-Foto: Schretter
Von Sabine Schretter.
Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser war der Einladung gefolgt und  blickte bei einem Pressetermin in der Wirtschaftskammer Reutte auf ein Jahr der Lockdowns und deren Auswirkungen auf die Tiroler Wirtschaft zurück. Ein Wertschöpfungsverlust von -150 Millionen Euro 2021 bedeutete massive Einschnitte in die wirtschaftliche Situation der Tiroler Betriebe. Während die exportorientierte Industrie, Pharmaindustrie, der Bausektor, Handwerk und Gewerbe relativ gut durch die Krise gekommen seien, habe es den Dientsleistungsbereich, den Tourismus und weitere damit verbundene Branchen voll getroffen. „Immerhin machen diese Bereiche 40 Prozent der Wertschöpfung aus“, gibt Walser zu bedenken. „Ein weiterer Lockdown muss verhindert werden“, lautet Walsers Botschaft. Er nimmt die Politik in die Pflicht, flexibel und zeitgerecht zu agieren und notwendige Verordnungen verständlich zu transportieren. „Die Tiroler Unternehmen stellten sich professionell auf die jeweiligen, meist schwierigen Herausforderungen ein, was die Ages auch bestätigt. Die Betriebe sind keine Infektionstreiber“, so Christoph Walser. Dass die aktuellen verschärften Maßnahmen nicht angenehm sind – etwa die 2G-Kontrollen, die der Handel durchführen muss – „nicht super“ sind, sei klar, der Wirtschaftskammerpräsident appellierte aber, sich unbedingt daran zu halten, um eben einen weiteren Lockdown zu verhindern.

Wachstum möglich.
Ein Ansteigen der Bruttowertschöpfung um 5 bis 6 Prozent sei möglich, „wenn kein weiterer Lockdown kommt“. Im umgekehrten Fall halbiert sich der Zuwachs allerdings. Eine große Chance sieht Christoph Walser im Sommertourismus, wo intensiv investiert werden kann.

Hauptthemen.
Es sind drei Themen, die 2022 unter den Nägeln brennen – der Fachkräftemangel, die Steigerung der Energiepreise und die Digitalisierung: Aktuell fehlen in Tirol 33.000 Arbeitskräfte. Eine Situation, die sich verschärfen wird, sollte die Wirtschaft wachsen. Wichtig sei es daher, die Lehre zu stärken und gegenüber dem schulischen Weg aufzuwerten. Zudem muss ein „sich nach der Lehre weiterentwickeln“ forciert werden. Um Frauen bessere Chancen für einen Wiedereinstieg in den Beruf zu bieten, gehört die Kinderbetreuung auch außerhalb des Zentralraums rund um Innsbruck ausgebaut. Pensionisten, die nach ihrem Pensionsatritt geringfügig weiterarbeiten wollen, sollen dies steuerfrei „brotto für netto“ tun können, fordert Walser. Es muss auch unkomplizierter möglich sein, Arbeitskräfte aus den Ausland zu lukrieren.
Die starke Steigerung der Energiepreise – Gas + 600 Prozent, Strom + 100 Prozent – ist für Betriebe mit hohem Energiebedarf ein massives Problem. „Hier ist die Tiwag gefordert, in den Monaten, wo ein Strom-Überschuss produziert wird, einen Strompreis-Bonus zu gewähren. Die Betriebe ihrerseits sollen mithelfen, indem sie zum Beispiel ihren Eigenbedarf mittels Photovoltaik decken“, so Christoph Walser. Das dritte große Thema wird die Digitalisierung sein. Hier habe die Pandemie den Turbo gezündet. Für die Betriebe ergebe sich viel Pozential. Entsprechend muss die Bildung in diesem Bereich vorangetrieben werden.

Tirol ist gut aufgestellt.
Klein-, Mittel- und Familienbetriebe profitieren aufgrund ihrer Flexibilität. Ein Faktum, das auch Christian Strigl, WKO-Bezirksobmann, bestätigt: „Bei der Bruttowertschöpfung liegt der Bezirk Reutte aufgrund seiner Industrien und des Baugewerbes gut. Anders sieht es beim Handel und den Dienstleistungen aus. 2021 war durchwachsen – und das ist noch nett formuliert.“ Große Bedeutung misst er den anstehenden Gemeinderatswahlen zu. „Gerade die für die Wirtschaft und Unternehmen wichtigen Entscheidungen – wie Flächenwidmung, Raumordnungskonzepte und Bertriebsansiedelungen – werden in den Gemeindestuben getroffen. Planungsverbände und Gemeinden müssen sich in Zukunft vermehrt abstimmen und gemeinsam um Betriebsansiedlungen bemühen“, führt Strigl weiter aus.
Zukunftsorientiert ist eine Ausbildungsinitiative, für die die heimische Industrie Impulsgeber war: In einem Elektrotechniklabor an der Bezirksstelle Reutte können Kursteilnehmer auf dem zweiten Bildungsweg die Lehrabschlussprüfung für Elektro- und Gebäudetechnik absolvieren. Eine Kooperation mit dem Ingenieur-Kolleg Automatisierungstechnik (IKA) ist geplant.

Wirtschaftsmeile 2022.
Optimismus heißt die Devise auch bei Wirtschaftskammer-Bezirksstellenleiter und Messeobmann Wolfgang Winkler. „Wirtschaft und Musik im Einklang – so heißt die Wirtschaftsmeile 2022, die am Linz Textil Areal vom 1. bis 3. Juli veranstaltet wird. Wir freuen uns darauf und werden damit den wirtschaftlichen Aufschwung zelebrieren.“ Der Andrang der Firmen sei schon jetzt groß, 50 Anmeldungen liegen derzeit für Tirols größte Regionalmesse vor.
Auch Christian Strigl blickt optimistisch voraus: „Wir Außerferner lassen uns nicht unterkriegen.“ „Z’ammhelfen wenn’s draufankommt“, damit setzt auch Christoph Walser auf einen Tiroler Charaktertzug.

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