von Sabine Schretter
Konnten die Startschwierigkeiten im Winter – fehlende Überfahrtsrechte, keine wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für die Beschneiungsanlage – nach aufreibenden Verhandlungen beigelegt und der Betrieb aufgenommen werden, gelang dies jetzt nicht. Zumindest nicht unter der Geschäftsführung Peter Gerbers.
Fakt ist, dass es für die Reuttener Seilbahnen seit April keinen Betriebsleiter gibt. Philipp Gerber hatte sein Amt als Betriebsleiter zurückgelegt. „Es war auch enormer Druck, der auf dem jungen Mann lastete. Zuerst der Stillstand, die Probleme mit den Überfahrtsrechten, dann die Windproblematik und schließlich Corona – das muss man erst verkraften“, so WKO-Bezirksstellenleiter Wolfgang Winkler im Gespräch mit der RUNDSCHAU. Auch sei ihm bekannt, dass GF Peter Gerber die Bahn verkaufen möchte. „Das ist sein gutes Recht. Uns ist aber wichtig, dass die Bahn läuft, daher werden wir ihn mit unseren Netzwerken unterstützen“, führt der WK-Bezirksstellenleiter weiter aus. Vonseiten der Wirtschaftskammer bestünde eine sehr gute Gesprächsbasis mit der Geschäftsführung der Reuttener Seilbahnen. „Es geht uns um die Region, wir helfen daher gerne als neutraler Ansprechpartner“, schließt Wolfgang Winkler ab und betont, dass gerade die Sommersaison besonders wichtig sei. Beim AMS Reutte ist die Stelle eines Betriebsleiters für die Reuttener Seilbahnen seit April ausgeschrieben.
VERKAUF. „Ohne Betriebsleiter kann die Bahn nicht laufen. Gespräche laufen. Wenn wir zu einem Ergebnis kommen, wird die Bahn ab 4./5. Juli wieder laufen“, sagte Peter Gerber am Donnerstag, dem 25. Juni, der RUNDSCHAU. Bei einem weiteren Telefonat, am Freitag, ließ der Geschäftsführer die Bombe platzen: „Ich verkaufe die Bahn definitv. Es tut mir sehr leid, aber ich habe diesen Entschluss gefasst.“ Derzeit laufen die entsprechenden Verhandlungen mit Interessenten. Befremdlich sei allerdings, so Gerber, „dass wohl bereits seit dem Winter mit dem Höfener Bürgermeister Vinzenz Knapp verhandelt werde. „Es wurden auch Zahlen über den Betrieb weitergegeben, die nicht stimmen. Es ist schon peinlich, wenn man zu Verhandlungen zusammenkommt und dabei Zahlen auf den Tisch gelegt werden, die der Eigentümer gar nicht kennt“, schüttelt Gerber den Kopf. Er ortet ein Paktieren zwischen Standortbürgermeister Knapp und TVB-Obmann Hemmi Ruepp. „Die beiden wollen mir alles madig machen. Vielleicht möchte Vinzenz Knapp auch Geschäftsführer werden, wenn er als Bürgermeister in Pension gegangen ist. Das war ja auch früher schon sein Wunsch.“
KEINE BETRIEBSPFLICHT. „Bislang hat Bgm. Knapp betont, im luftleeren Raum zu stehen. Dieses Vakuum können wir füllen. Mir liegt eine Bestätigung des zuständigen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie als der obersten Seilbahnbehörde über die Enthebung von der Betriebspflicht für Sommer 2020 vor. Ich werde daher mit 1. Juli auch den Milchtransport von der Höfener Alm einstellen. Laut Vertrag sind wir dazu nicht verpflichtet. Es werden weder Personen noch Güter mit der Seilbahn transportiert“, führt Peter Gerber weiter aus.
Für Höfens Bürgermeister Vinzenz Knapp ist der „worst case“ eingetreten. „Der Stillstand der Bahn ist für den Tourismus eine reine Katastrophe. Wie es genau weitergeht, kann ich noch nicht sagen“, erklärte er in seiner Stellungnahme gegenüber der RUNDSCHAU. Am Montag Vormittag wurde im Gemeindeamt Höfen diskutiert, wie ab 1. Juli der Milchtransport von der Höfener Alm ins Tal abgewickelt werden kann. „Da sind wir gerade dabei, eine Lösung zu finden. Es werden wohl Gemeindearbeiter die Milch auf dem Fahrweg holen müssen. Uns ist wichtig, dass wir hier die bestmögliche Lösung finden“, sagte Bgm. Knapp der RUNDSCHAU am Montag.
Beinahe jeder aus der Talkesselregion hat Schwünge auf Skiern über die Pisten des Reuttener Hahnenkamms gezogen. „D’r Hahne“ ist und bleibt der Reuttener Hausberg. Neben der schwerwiegenden wirtschaftlichen besitzt die Angelegenheit durchaus auch eine emotionale Komponente. Das bestätigt auch TVB-Obmann Hemmi Ruepp, der gerade auf Urlaub in der Wachau weilt und dort von den Neuigkeiten überrascht wurde. Seilbahnbetreiber sind gut beraten, ein vernünftiges Einvernehmen mit den betroffenen Grundbesitzern zu pflegen. Bei den Reuttener Seilbahnen ist das offensichtlich nicht gelungen. Offen war bei Redaktionsschluss die Frage, wie es weitergeht. „Noch weiß ich nichts“, sagte Vinzenz Knapp.