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„Standing Ovations“ für Uraufführung

30. Juli 2019 | von Nina Zacke
„Standing Ovations“ für Uraufführung
Für die Schauspieler gab es nach der Uraufführung des Mitterer-Stücks „Verkaufte Heimat“ Standing Ovations. RS-Foto: Agnes Dorn

Tiroler Volksschauspiele Telfs: Erfolgreiche Premiere von „Verkaufte Heimat“ in der Südtiroler Siedlung


Der Zeitpunkt für die Aufführung einer Bühnenfassung des 1989 im Fernsehen gezeigten Zweiteilers „Verkaufte Heimat“ von Felix Mitterer hätte wohl nicht besser gewählt sein können: 100 Jahre Brennergrenze, 80 Jahre Option und dazu noch der bereits in Angriff genommene Abriss der Südtiroler-Siedlung in Telfs fügten sich heuer wie Puzzleteile aneinander. Die inzwischen leerstehenden Häuser dienen nun bis Ende August als geschichtsträchtige Kulisse zu einem Stück über eine Vergangenheit, die man sich immer wieder vergegenwärtigen sollte. 

In dem Stück „Verkaufte Heimat“ erzählt Felix Mitterer die Geschichte der Bewohner eines Südtiroler Dorfes in den Jahren des Faschismus und Nationalsozialismus. Anhand der unterschiedlichen Schicksale rollt der Autor ein Stück Geschichte auf, das – wenn überhaupt – nur im Rückblick Entscheidungen als richtig oder falsch bewerten kann. Denn eines haben die Figuren des Mittererstücks alle gemeinsam: Sie befinden sich in einer Lage, die sie aus allen politischen Entscheidungsprozessen herausnimmt und ihnen von außen ein Schicksal aufoktroyiert, das nur zwei Möglichkeiten parat hält: Gehen oder bleiben. „Blut und Boden hat es immer geheißen und jetzt wollt ihr Blut und Boden trennen“, so dann der Vorwurf eines Südtiroler Delegierten in Berlin.

OPTION. Im Jahr 1939 mussten sich die Südtiroler im Zuge des Hitler-Mussolini-Abkommens entscheiden, ob sie deutsche Staatsbürger werden und dafür ins Deutsche Reich unter Naziherrschaft emigrieren oder lieber die italienische Staatsbürgerschaft annehmen und im schlimmsten Fall von den Faschisten nach Sizilien deportiert werden wollten. 86 Prozent entschieden sich für die „Neue Heimat“, woraufhin die Nationalsozialisten in Telfs wie in mehreren anderen Gemeinden eigene Südtiroler-Siedlungen errichteten. Mitterer wählte für sein Stück die Geschichte einer Familie, die nach Telfs in eben das nun zur Kulisse gewordenen Gebäude ausgesiedelt wurde, einer zweiten Familie, die nach Mähren in einen von den Nazis okkupierten Hof übersiedelt wurde und einer dritten Familie, deren Familienvater sich zum Bleiben in Südtirol entschieden hatte.

VIELSCHICHTIGES KUNSTWERK. Die Produktion ist trotz ihrer Fülle in keiner Minute in Gefahr zu einem Wirrwarr an Personen, Fakten oder Orten zu geraten, sondern die vielen Bestandteile dieser äußerst dichten Familiensaga formen sich im Gegenteil zu einem Kunstwerk, dessen Details sich je nach Beleuchtung zu eigenen Welten auftun. Dieses Vorhaben ist durch ein Bühnenbild gelungen, dessen Potenzial Bühnenbildner Karl-Heinz Steck im Einklang mit der Regiearbeit von Klaus Rohrmoser vollends zu nutzen versteht.  Die teilweise aufgerissenen Fassaden dreier Südtirolerhäuser öffnen sich wie Schaufenster zu jeweils neuen Spielorten. Die Häuser wie Puppenhäuser, die Figuren wie Puppen in einem Spiel der beiden Diktatoren Hitler und Mussolini umfunktioniert, wird die nun im Abriss befindliche damalige „Neue Heimat“ der Südtiroler noch einmal von einem großartigen Team an Schauspielern zu Leben erweckt.

RS-Gewinnspiel:Die RUNDSCHAU Telfs verlost am Mittwoch, dem 14. August, um 10 Uhr 3x2 Tickets für die Vorstellung „Verkaufte Heimat“ am Samstag, dem 17.  August (Beginn: 19.30 Uhr). Einfach unter 05262 620 30 anrufen, durchkommen und mit etwas Glück gewinnen!

Von Agnes Dorn

Die Familie Oberhollenzer übersteht die Kriegswirren in Südtirol. RS-Foto: Schnöll

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