Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Miteinander durch den Corona-Alltag

Vater, Mutter und deren zwei Kinder blicken auf die vergangenen Wochen zurück – Man habe viel gelernt, sagen sie

Wie haben sich die von der Regierung verhängten Corona-Maßnahmen auf eine Oberländer Familie mit zwei Kindern ausgewirkt? Was war gut, was schlecht, was kann weg, was bleibt? Im Folgenden ein Erfahrungsbericht mit Blick in den Rückspiegel.
9. Juni 2020 | von Axel Brunner
Miteinander durch den Corona-Alltag
Tochter Anna hat sich im Laufe der Quarantäne einiges Know-how über den Umgang mit dem Computer und den diversen Programmen angeeignet. Foto: Brunner
Von Axel Brunner

Vorneweg kann gesagt werden, dass in der angesprochenen Familie Gott sei Dank kein Jobverlust infolge der Corona-Krise zu beklagen war und auch keine größeren Finanzprobleme entstanden sind – schon einmal ein Riesenplus. „Außerdem waren wir in der glücklichen Lage, über ausreichend Räumlichkeiten sowie einen kleinen Garten zu verfügen, was eine nicht ganz unwesentliche Erleichterung in der schwierigen Zeit seit Mitte März war“, so die einhellige Aussage der Eltern. Auch der kleine Sonnenschein der Familie, Hündchen „Bello“, hat das seinige dazu beigetragen, die manchmal gereizte Stimmung zu beruhigen.Die zwölfjährige Anna hat die Krise eigentlich recht gut gemeistert. „Am Anfang war das Home-Schooling schon ziemlich anstrengend und kompliziert“, so die Tochter des Hauses, die die dritte Klasse eines Gymnasiums in Innsbruck besucht. Anna: „Auch die Lehrer waren zu Beginn etwas überfordert, zum Beispiel wer Aufgaben aufgibt und wer nicht, wann was abzugeben ist oder über welches System kommuniziert wird.“ Aber die Startprobleme haben sich rasch gelegt, der Stress wurde weniger und die fleißige Anna hat am Anfang der Woche ihr Pensum weitgehend erledigt, sodass sie dann gegen Wochenschluss mehr Freizeit genießen konnte. „Für mich war es fein, dass man die Zeit selber einteilen konnte.“ Aber auch dem kleinen Fräulein war klar, dass die von den Eltern für alle verordnete Struktur mit einem geregelten Tagesablauf Teil des Erfolgs war. Rückblickend findet sie die Hausübungen in den Nebenfächern eher unnötig und auch die abgehaltenen Videokonferenzen erscheinen ihr im Nachgang wenig produktiv gewesen zu sein. Ein Riesenvorteil war die Kommunikation mit ihren Freunden per WhatsApp via Handy. Was sie als positive Erfahrung aus der Krise mitnimmt? „Ich kenne mich jetzt viel besser mit dem Computer und den ganzen Programmen aus als früher.“ Auch schätzt sie den Wert der persönlichen Freiheit heute wesentlich höher ein als vor Corona. 

BESCHWERLICH. Dem zehnjährigen Peter, der die vierte Klasse Volksschule besucht, ging es nicht so glatt von der Hand. „Ganz am Anfang dachte ich, das ist cool, fast wie Ferien“. Doch die Euphorie war schnell verflogen, denn Peter war es nicht gewohnt, allein und selbständig zu arbeiten. Als es nach den Osterferien so richtig losging mit dem Home-Schooling, lagen die Nerven bei dem kleinen Burschen schon manchmal blank. Ohne strikt vorgegebene Struktur und laufende Kontrolle war er oft wenig konzentriert, trödelte und kam daher mit seinen Aufgaben teilweise nicht zeitgerecht ans Ziel. Zum Schluss hat aber auch er sich immer besser in der neuen Situation zurechtgefunden. 

DIE REGIERUNG SETZT VIELES ALS SELBSTVERSTÄNDLICH VORAUS. Die Eltern Claudia und Erich stellen fest, dass bei den vom Ministerium verhängten Maßnahmen eigentlich sehr viel vorausgesetzt wird. Man braucht einen leistungsfähigen Internetanschluss mit E-Mail-Account, einen Drucker mit ausreichend Papier- und Tonerreserven, Laptops, räumliche Trennung usw. Bei Peter fand der Schulbetrieb noch weitgehend „analog“ statt. Vater Erich bekam ein E-Mail, druckte die Aufgaben aus, Sohn Peter bearbeitete das Ganze, dann wurden die Blätter eingescannt und per Mail wieder retourniert. Teilweise wurden auch Hefte in die Schule gebracht und nach einer Woche wieder ausgetauscht. Damit die Kommunikation mit Freunden nicht zu kurz kommt, bekam Peter sein Smartphone schon jetzt, „eigentlich wäre das erst für später geplant gewesen“, so Mutter Claudia. Für sie waren die letzten Wochen wohl am herausforderndsten. Neben ihrer Halbtagsbeschäftigung an der Uni und dem damit verbundenen Home-Office gab es da nicht nur Aufgaben in Haushalt und Garten, sondern auch das Managen der Spannungsfelder zwischen Eltern und Kindern, Schaffen von Struktur, Kontrolle der Aufgaben usw. „Eine Entlastung war für mich das Ausgehen mit dem Hund, wo ich wieder etwas herunterkommen konnte. Ich bin froh, dass alles wieder halbwegs geregelt verläuft. Rückblickend ist das Ganze für mich aber eher eine entbehrliche Erfahrung.“

FAMILIENZUSAMMENHALT GESTÄRKT. Für Vater Erich – er ist Musikschullehrer – gab es vom Timing kaum Änderungen. „Ich habe eigentlich den Stundenplan weitgehend unverändert weitergeführt. Auch wenn die Ton- und Videoqualität via WhatsApp je nach Internetverbindung ganz unterschiedlich war, konnte man doch einigermaßen zufrieden sein.“ Für ihn haben sich mit den Möglichkeiten des Smartphones neue Aspekte eröffnet, die er auch in Zukunft im Unterricht einbauen will. Das größte Plus aus der Krise sind für ihn die gemeinsamen Mahlzeiten, trotz mancher Differenzen. „Aber wir haben auch gelernt, bestehende Konflikte sofort zu lösen und nichts nachzutragen.“ Das stärke das Familienbewusstsein. Etwas Kritik schwingt an der aktuellen Regelung des Schulverlaufs mit. Die Kinder haben einen sehr unterschiedlichen Rhythmus, nur einen Tag in der Woche haben sie gemeinsam Unterricht, sonst immer versetzt. Auch das muss man seitens der Eltern irgendwie bewältigen. Peter will eine Mappe zusammenstellen, die ihn später einmal an die Corona-Zeit erinnern soll. Und Anna versucht, genug Motivation aufzubringen, das inzwischen aufgegebene tägliche Workout erneut aufzunehmen, weil es ihr eigentlich ganz gut getan hat.
Miteinander durch den Corona-Alltag
Sohn Peter erledigte seine Hausaufgaben weitgehend „analog“. Foto: Axel Brunner

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