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„Gewebe“ – Ausstellung in der „Villa Schindler“

Interdisziplinär und vielschichtig zeigen drei junge Tiroler Künstler ihren Zugang zu Handwerk und Technologie

Die „Villa Schindler“ in Telfs bietet den stimmigen Rahmen für die Vernissage „Gewebe“. Drei junge Künstler stellen sich an diesem Ort mit historischer Bedeutung die Frage nach der „Verwebung“ von Tradition und Technik. Hannah Parth aus Telfs, Elisa Schober aus Sistrans und Daniel Leiter aus Osttirol nehmen dabei in ihrem interdisziplinären Projekt Bezug auf das „Gewebe“ als textiles, biologisches, ökologisches, vernetzendes und binäres System.
19. September 2023 | von Friederike Hirsch
„Gewebe“ – Ausstellung in der „Villa Schindler“
Die Tiroler Künstlerinnen Elisa Schober und Hannah Parth studieren an der „Akademie der Bildenden Künste“ in Wien und zeigen ihre Interpretationen von „Verwebung.“ Foto: Hirsch
Von Friederike Hirsch

Die Telfer Kulturreferentin Theresa Schromm begrüßte die Interessierten ebenso schwungvoll wie Frajo und Chris Neurauter, die die Vernissage musikalisch umrahmten. „Was ist Kunst?“ – dieser Frage geht Telfs aktuell nach und holt dabei Künstler aus allen Bereichen vor den Vorhang. Theresa Schromm beantwortet diese Frage mit einem Zitat.  „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ Mit diesem Ausspruch von Paul Klee stimmte sie die zahlreichen Besucher auf die Werke der drei jungen Künstler ein. Sandra Marsoun-Kaindl (Kulturabteilung Telfs) führte die Kunstinteressierten gekonnt in das interdisziplinäre Projekt der akademischen Künstler Hannah Parth, Elisa Schober und Daniel Leiter ein. Es sind dies Installationen, Keramiken und Zeichnungen, die den Begriff „Gewebe“ weiterdenken und gesellschaftliche Entwicklungen kritisch hinterfragen.

DAS GEWEBE. Gewebe kann weit mehr sein als Stoff und Textil, es ist Verknotung und Verschlingung, es ist Netzwerk und Hirngespinst, synthetisch und biologisch, künstlich erzeugt oder natürlich vorkommend.  Im Zusammenhang mit Verwebung und Technisierung findet sich auch der lokale Zusammenhang mit Telfs als früheres Textilzentrum. Die jungen Tiroler Künstler nähern sich gemeinsam der Verbindung von traditioneller Handwerkskunst und KI-generierter Kunst auf un-terschiedliche Weise. Allen gemein-sam ist der Faktor, dass die Künste auf dem binären System basieren, wie auch das Gewebe aus zwei Teilen, dem Schussfaden und dem Kettfaden, besteht und sich in Wechselwirkung zueinander befindet.

DIE KÜNSTLER. Die Künstler studieren in Wien an der Akademie der Bildenden Künste. Hannah Parth aus Telfs ist sowohl als Einzelkünstlerin als auch im Kollektiv tätig. Ihr Hauptinteresse gilt Zeichnungen, die nicht nur dreidimensional wirken, sondern mehr und mehr zu einem eigenen Körper werden. Gemeinsam mit Elisa Schober aus Innsbruck hat sie sich in der Ausstellung unter anderem mit der Zwiespältigkeit des Alpinismus auseinander gesetzt. Elisa Schober untersucht in ihren Arbeiten hauptsächlich Formen, Texturen und Strukturen aus unterschiedlichen Landschaften. Im Focus steht dabei die Beziehung zwischen Mensch-Umwelt-Natur. Daniel Leiter aus Lienz untersucht in seinen Werken technische und digitale Entwicklungen. Er experimentiert mit „Künstlicher Intelligenz, mit künstlich verändertem Bildmaterial und den Möglichkeiten, wie diese künstliche Intelligenz Daten selbst erzeugen kann“.
Die Ausstellung. Der Ort, an dem die Ausstellung stattfindet, verdient aufgrund seiner historischen Bedeutung sicherlich einige Worte. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Telfs zu einem Industriezentrum mit mehreren Textilfabriken. Die Fabriken gibt es nicht mehr, aber die Spuren sind geblieben. Die „Villa Schindler“ ist benannt nach einer der Textilunternehmerfamilien von Telfs, die beschlossen hat, der Gemeinde einen Teil des Familienhauses zu überlassen, um dort Kunst in allen Facetten zu verorten. Welcher Ort könnte also passender für die Ausstellung „Gewebe“ sein? Hannah Parth, Elisa Schober und Daniel Leiter haben eigens zu diesem Thema für die „Villa Schindler“ und für Telfs die Ausstellung konzipiert. Es ist eine Schau der unterschiedlichen Zugänge, Techniken und Methoden. Einmal hinsehen reicht hier nicht. Der Betrachter muss sich hineinfallen lassen in die Strukturen und Materialien und in eine moderne Welt bestehend aus Nullen und Einsern. Einer hochdigitalisierten Welt, die Handwerk anders denkt.  Es sind Kunstwerke, die weiterdenken lassen, die Gegensätze aufzeigen und Fragen stellen. Fragen, die unangenehm und erschreckend sein können. Um es mit Pablo Picasso zu sagen: „Die Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit erkennen lässt.“ Zu sehen sind die Arbeiten noch bis 11. November.
„Gewebe“ – Ausstellung in der „Villa Schindler“
Der Lienzer Daniel Leiter mit seiner Serie „Old minds, New bodies“. Keramikskulpturen geschaffen aus „Datenmüll“ mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. Foto: Hirsch
„Gewebe“ – Ausstellung in der „Villa Schindler“
Für „exit car“ wurde ein 3D-Scan von Leiter zu einem fotorealistischen 3D-Modell und schließlich zu online generierten Bewegungsabläufen. Foto: Hirsch
„Gewebe“ – Ausstellung in der „Villa Schindler“
Hannah Parth und ihre Auseinandersetzung und unkonventionelle Annäherung an die Tradition türkischer Handwerkskunst. Foto: Hirsch

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