Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Weich sowie melodisch und zuglech perkussiv metallisch

Manu Delago im RUNDSCHAU-Gespräch über das Hang, seine Arbeit mit Björk und das Leben in London

Manu Delago ist Komponist, Perkussionist – und der beste Hang-Musiker weltweit. Seine aktuelle Europa-Tournee brachte den in Mieming aufgewachsenen Musiker für drei Konzerte auch nach Tirol.
9. November 2020 | von Lia Buchner
Weich sowie melodisch und zuglech perkussiv metallisch<br />
Manu Delago ist Komponist, Perkussionist – und der beste Hang-Musiker weltweit. Foto: Lukas Lorenz
Von Lia Buchner

RUNDSCHAU: Herr Delago, Ihr Instrument ist das Hang, ein sehr junges Instrument. Wie haben Sie einander gefunden?
Manu Delago: Das Hang gibt es jetzt seit 20 Jahren, und ich spiele es fast gleichlang. Mein Vater hatte es auf einem Festival in der Schweiz gesehen, und wir haben gemeinsam eines bestellt. Ich war damals schon professioneller Schlagzeuger, und zuerst war das Hang nur ein weiteres Instrument. Dann habe ich mir ein eigenes gekauft, und noch eines. So langsam ist es immer wichtiger geworden in meinem musikalischen Schaffen.

RS: Was fasziniert Sie am Hang?
Delago: Am Anfang der Klang, den ich nicht gekannt habe, den niemand gekannt hat. Dann die Vielseitigkeit. Es kann ganz weich klingen und melodisch wie eine Harfe, aber auch sehr perkussiv metallisch. Und es war natürlich auch eine Herausforderung. Ich musste ja nicht nur das Instrument lernen, sondern auch Repertoire erfinden, sprich komponieren. Es gab dafür ja nichts. 

RS: Sie haben dann Komposition in London studiert.
Delago: Ich hatte schon vorher in den Rockbands meiner Teenagerzeit eigene Songs geschrieben, natürlich in einer anderen Form, ich bin mit der Gitarre gesessen und habe der Band neue Ideen gegeben. Mit dem Hang habe ich dann begonnen, jazziger zu schreiben und auch mit klassischen Musikern zu arbeiten. Ich hatte das Gefühl, ich muss das technische Handwerk verfeinern und habe deshalb Komposition studiert. Aber das meiste lernt man durch das Tun, bei jedem Mal wieder. 

RS: Warum London?
Delago: In Österreich ist meine Solokarriere super gelaufen, meine Musik hat sehr positiven Zuspruch gefunden. Aber es dreht sich alles im Kreis, man spielt in Wien – Linz – Klagenfurt – Graz und dann nächstes Jahr wieder von vorn. Das kann es mit 21, 22 Jahren nicht gewesen sein. Ich wollte einfach international arbeiten.

RS: Wie willkommen waren Sie in London?
Delago: Es war der totale Neustart. Ich hatte in Innsbruck sicher 100 Konzerte im Jahr gespielt und dann war ich in London, und es war erst mal Stille. Plötzlich hatte ich 24 Stunden am Tag frei. Eine große Herausforderung, aber auch sehr hilfreich für meinen Weg. Ich musste extrem aktiv sein, beim Networking, aber vor allem qualitativ. Man muss ja etwas abliefern, damit sich jemand interessiert. In London gibt es 20.000 Schlagzeuger, und wenn man einer von den Uninteressanten ist, hat man halt nichts zu tun. Ich hatte das Glück, dass ich ein Instrument spiele, das wenig Leute kennen. Aber es hat sicher vier oder fünf Jahre gedauert, bis ich wieder qualitativ gute Konzerte gespielt habe. Am Anfang spielt man dann erstmal in Pubs, wo man nichts bezahlt bekommt, die Getränke zahlen muss und nachher einen Strafzettel am Auto hat. Aber langfristig hat es sich ausgezahlt.

RS: Die USA haben Sie nie gelockt?
Delago: Am Anfang schon, Berlin, New York, London waren in meiner engeren Auswahl. Aber ich war in den letzten zehn Jahren sicher 15-, 20-mal auf Tour in den USA, da ist der Anreiz nicht mehr so groß. Und wenn man älter wird, beginnt man auch mehr auf die Lebensqualität zu schauen, statt immer nur höher, weiter, schneller. Ich könnte mir sogar vorstellen wieder nach Tirol zu ziehen, weil hier die Lebensqualität so super ist. Meine Arbeit ist jetzt komplett international, da ist es nicht mehr so wichtig, wo ich wohne.

RS: Seit zehn Jahren gehen Sie mit Größen wie Björk auf Tour. Wie kam es dazu?
Delago: Über Youtube. Das war ja 2007 noch ein neues Phänomen. Ich hatte damals schon große Konzerte gespielt, aber nur in Österreich. Jemand aus Japan hat dann etwas von mir hochgeladen und plötzlich hatte ich Millionen von Klicks. Björk hat das Video auch gesehen, bisschen später, und hat mich eingeladen, mit ihr aufzunehmen. Ich hatte damals ziemlich viel Björk gehört und sogar die Idee, dass sie als Gast für uns singt. Das war natürlich unmöglich. Und wenig später hat sie mich dann kontaktiert. Das war super. Das ist immer noch super. 

RS: Für Ihre Facebook Follower haben Sie kürzlich eine Liste Ihrer Topkonzerte gemacht. Tokyo 2013 ist ganz weit vorne.
Delago: Das Konzert in Tokyo war sehr besonders: es war mein Geburtstag, es war die Biophilia-Tour mit Björk, es war dieses besondere japanische Publikum. Sie sind absolut leise, eigentlich empfinden sie Applaus schon als grob und unhöflich. Völlige Stille ist die größte Form der Wertschätzung. Björk mag aber Geburtstage so gerne, und so hat sie mit den vielen Tausend Japanern gemeinsam Happy Birthday für mich gesungen. Ein paar Tage vorher waren wir auf dem Mount Fuji; alles zusammen war das ein tolles Paket. Es geht ja auch darum, mehr als nur Konzerte zu spielen. Es geht ja um Lebenserfahrungen.

RS: Sie verbinden Konzerte mit Bergtouren?
Delago: Ja, wo das möglich ist. Aber nicht nur so wie heute früh –schnell auf die Seegrube hinauf – es sind eher Bergprojekte, auf die man ein halbes Jahr hintrainiert und plant und dann eine Woche unterwegs ist. Der Montblanc war sehr schön. Wir haben beim Jazzfestival in Chamonix gespielt und schon bei der Anfrage hab ich gewusst: passt, das verbinden wir.

Vielen Dank für das Gespräch.
Weich sowie melodisch und zuglech perkussiv metallisch<br />
Magische Klänge: Manu Delago spielt Hang wie kein Zweiter. Foto: MariaKirchner

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