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Mutige Frauen für Gemeindepolitik gesucht

Das Ziel der VP-Frauen lautet: Keine Gemeinde ohne Gemeinderätin, kein Bezirk ohne Bürgermeisterin.

Bis zu den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen, am 27. Februar 2022 verbleiben noch knapp fünf Monate. Genug Zeit um sich noch für ein politisches Engagement im Heimatort zu entscheiden, und genau dazu ermuntern die VP-Frauen ihre Geschlechtsgenossinnen. Sie wünschen anderen Frauen Mut: Den Mut, sich mit ihren Fähigkeiten in der Gemeindepolitik einzubringen, und sie bieten Interessierten auch entsprechende Hilfestellungen, um den Ambitionen Taten folgen zu lassen.

11. Oktober 2021 | von Beatrice Hackl
Mutige Frauen für Gemeindepolitik gesucht<br />
Die Wasserwaage verdeutlicht das gewünschte Gleichgewicht zwischen Frauen und Männern in der Gemeindepolitik. Im Bild: Daniela Kampfl (Bgm. in Mils bei Hall), LA Cornelia Hagele (Vize.-Bgm. inTelfs), NR Elisabeth Pfurtscheller (Landesleiterin der Frauen in der Tiroler Volkspartei) und Anita Siller (Gemeinderätin in Neustift).RS-Foto: Hackl
Von Beatrice Hackl

„Etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich und altersabhängig auch wahlberechtigt. Dieses Verhältnis soll sich in den Gremien wiederspiegeln“, wenn es nach NR Elisabeth Pfurtscheller, der Landesleiterin der Frauen in der Tiroler Volkspartei geht. Auch LA und Vize-Bgm. Cornelia Hagele ist überzeugt: „Es sollte nichts Besonderes mehr sein, dass Frauen Ämter und Positionen übernehmen.“ Allerdings gäbe es diesbezüglich noch viel Luft nach oben. Das untermauert auch der Ausgang der letzten Gemeinderatswahlen 2016. Tirols Gemeinden sind vielerorts noch fest in Männerhänden. Von den insgesamt 3689 Gemeinderäten sind nur 767 – also knapp 21 Prozent – weiblich und nur 18 von 279 Gemeinden haben eine Frau zur Bürgermeisterin erkoren. Das entspricht etwas mehr als sechs Prozent. In den Bezirken Landeck und Imst sucht man aktuell vergebens nach einer Dorfchefin. „Der österreichische Schnitt bezüglich Bürgermeisterinnen beläuft sich auf neun Prozent. Wir liegen im EU-Vergleich weit hinten. Die Skandinavier haben uns einiges voraus, dort steht 30 Prozent der Gemeinden eine Frau vor“, berichtet Pfurtscheller.

Hilfestellung für Interessierte. Die Frauen in der Tiroler Volkspartei wollen nun mittels einer Kampagne mehr Frauen in die Politik bringen. Nicht um Quoten zu erfüllen, sondern um die Ideen und Expertisen der Frauen zu nutzen, wie sie betonen. Jetzt sei dafür laut Pfurtscheller ein guter Zeitpunkt: „Im Herbst werden die Listen zusammengestellt und Ende Jänner gemeldet. Den Slogan unserer Kampagne ‚Du bist die Wahl. Du hast die Wahl.‘ sehen wir als Gedankenanstoß.“ Interessierten Frauen werden von der VP wöchentliche Online-Jour-Fixes geboten. Es besteht die Möglichkeit sich untereinander auszutauschen, sich hilfreiche Tipps zu holen und maßgeschneiderte Einzelcoachings in Anspruch zu nehmen. Geplant ist zudem ein Power-Wochenende inklusive fachlichem Input und Motivation. Selbst beim Wahlkampf will die VP den Frauen Hilfestellung geben.

Rollenbilder ändern. „Es ist ein wichtiges Thema und in den letzten Jahren hat sich einiges getan. Aber wir sind immer noch weit weg von einer Gleichheit bzw. von einer wirklichen Gleichbehandlung. Ich selbst engagiere mich seit 2010 in der Gemeindepolitik. Einige sahen es als Problem, dass ich als Frau und Mutter politische Funktionen übernehme. Der Umgang mit mir als Frau war einfach ein anderer. Aber es geht nicht darum, ob Frauen oder Männer diesen Job besser machen. Beide müssen ihre Sichtweisen einbringen können. Wir brauchen eine ganzheitliche, sprich männliche und weibliche Betrachtung der Aufgaben. Paritätische Gremien treffen meiner Meinung nach besseren Entscheidungen“, ist Hagele überzeugt und gibt zu bedenken: „Sobald Frauen Kinder haben, werden sie oftmals für bestimmte Positionen oder Gremien nicht in Betracht gezogen. Männern passiert das nicht. Frauen sollten selbst entscheiden dürfen, ob sie diese Verantwortung übernehmen wollen. Die Kinderbetreuung wird aber automatisch Frauen zugeschrieben, dabei können auch Männer auf die Kinder aufpassen. Die Rollenbilder müssen sich ändern. Kinderbetreuungsangebote werden nämlich nicht für Frauen, sondern für Familien geschaffen.“

Stereotypen Aufbrechen. Anita Siller ist seit Jahren die erste Gemeinderätin in Neustift. Anfangs sah auch sie sich, als einzige Frau unter 17 Mandataren, mit vielen Vorurteilen konfrontiert. „Es war nicht einfach und ich musste mich immer wieder rechtfertigen und beweisen. Wir haben im Dorf viele ältere Herrn und ich hatte zwei kleine Kinder. Dann besaß ich auch noch die Frechheit während der laufenden Periode ein drittes zu bekommen“, berichtet Siller und erinnert sich: „Klischeehaft wollten mich die Kollegen im Sozilausschuss sehen. Ich selbst habe mich aber mehr für die Raumordnung interessiert.“ Hagele sieht hier gleich zwei Probleme: „Dieses stereotype Denken muss aufgebrochen werden und zugleich ist es aber auch an der Zeit, Care-Bereichen eine höhere Wertigkeit zuzuschreiben. Daniela Kampfl ist eine der wenigen der Frauen, die als Bürgermeisterinnen agieren und wünscht sich mehr Frauen in Entscheidungspositionen: „Ich wache jeden Tag mit dem Gefühl auf, konkret etwas für die Menschen bewegen zu können, und zudem wird es nie langweilig.“
 

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