So war es früher – Ausgabe Telfs (KW34/22)

Weit zurück in die Frühgeschichte der Telfer Textilindustrie führt diese rund 180 Jahre alte Aktie. 1838 hatte Josef Anton Graßmayr in Telfs die erste mechanische Baumwollspinnerei Tirols errichtet. Das imposante Gebäude im Obermarkt existiert noch, heute ist dort unter anderem die Musikschule untergebracht. Zur Finanzierung seines Unternehmens, der „k. k. privilegierten Spinnerei Telfs“, gründete Graßmayr eine Aktiengesellschaft. Eine Aktie wurde zum Anfangspreis von 5000 Gulden ausgegeben. Die hier abgebildete Viertel-Aktie aus dem Jahr 1844 war also 1250 Gulden wert. Zum Vergleich: Ein Arbeiter der Fabrik verdiente damals etwa zehn Gulden in der Woche. Er hätte sich also die Viertel-Aktie auch mit zwei Jahreslöhnen nicht leisten können.
1846 hatte die Telfer Spinnerei 250 Beschäftigte. Einem Zeitungsbericht ist zu entnehmen, dass das Wertpapier damals eine jährliche Dividende von sechs Prozent abwarf. Obwohl der Geschäftsgang anfänglich gut war, existierte die Firma nicht sehr lange. Im Jahr 1853 wurde die Fabrik versteigert. Zu dieser Zeit hatte die Aktie nur mehr ein Drittel ihres ursprünglichen Werts. Weitere Besitzerwechsel aufgrund wirtschaftlicher Probleme folgten.
Im Jahr 1887 übernahm dann der Schweizer Baumwollproduzent Jenny & Schindler die „alte Fabrik“ und baute weitere Betriebsanlagen, darunter die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene „neue Fabrik“. In der Folge war Jenny & Schindler fast ein Jahrhundert lang der größte Industriebetrieb und Arbeitgeber der Region. Ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg war die 1884 eröffnete Arlbergbahn. Der Anschluss ans Eisenbahnnetz erleichterte die Rohstoffanlieferung und den Abtransport der fertigen Stoffe ganz wesentlich und machte eine profitable Produktion im großen Maßstab möglich.